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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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Hundeleckerli oder eine Praline handelte und ließ Max danach springen. Was der alles konnte, wenn er etwas haben wollte!
    »Gell, du musch der Baschti sein.«
    »Sebastian. Grüß Gott«, sagte er.
    »I dank dir recht schön, dass du mei Mäxle bracht hasch. Nimsch des, gell!« Sie drückte ihm ein Stück Papier in die Hand, das sich als zusammengerollter 20 €-Schein entpuppte.
    »Danke«, sagte er verblüfft. Sein Vater hielt ihn eher kurz. Davon konnte er sogar Lukas, der ihn schon einmal zu oft auf seinem Roller mitgenommen hatte, ein Bier ausgeben. Er ging ein Stück und setzte sich auf die Bank bei den Tischtennisplatten, die so nahe am Hausmann’schen Garten standen, dass man fast in die Zweige des Kirschbaumes greifen konnte. Weit unten hockten sie sicher noch immer beim Kaffee und echauffierten sich über ihn.
    »Hallo.« Ein Mädchen ließ sich neben ihm nieder. Verstohlen betrachtete er sie von der Seite. Sie trug einen schwarzen Spitzenrock, ebensolche Handschuhe, die ihr bis über die Ellenbogen reichten und dazu ein rotweiß geringeltes T-Shirt. Ein abgefahrener Look irgendwo zwischen Vamp und Pippi Langstrumpf. »Ich bin Flavia.«
    »Sebastian.«
    »Irgendwo müssen meine Kippen sein.« Sie begann, in ihrer gewebten Schultertasche zu wühlen. Ein Lippenstift und eine Packung Gauloises fielen über Bord. »Willst du eine?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«
    »Und was machst du hier? Einen Verwandten besuchen?« Ihre Stimme war undeutlich, weil sie eine Zigarette zwischen ihre Lippen gesteckt hatte.
    »Nein, ich warte auf den Mops.«
    »Auf den was?«
    »Da vorn.« Er zeigte auf die Wiese vor der Klinik für Herzkrankheiten und Pneumologie, wo Frau Deringer inzwischen mit ihrem Liebling herumtollte. Wenn es den Hund erwischte, war er mit seinem Herzinfarkt wenigstens am richtigen Ort.
    »Ist der fett! Ist das deiner?«
    »Nein. Er gehört der Frau mit dem gebrochenen Arm. Aber wir haben ihn in Pflege. Wir wohnen da unten.« Er zeigte auf den Kirschbaum und den Garten, hinter dem sich irgendwo das Haus versteckte.
    »Ach nee!« Flavia pustete ihm den Rauch ins Gesicht. Ihre blondierten Haare wuchsen am Ansatz dunkel nach. Sie hätte hübsch sein können, wenn sie nicht so verdammt zart und zerbrechlich gewesen wäre. »Ich habe neulich jemanden aus deiner Familie kennengelernt«, tastete sie sich vor. »Sie hatte braune Haare. Eine ganz hübsche. Deine Mutter kann es nicht gewesen sein. Dafür war sie zu jung.«
    »Das war meine Schwester Leonie.«
    »Und was machst du sonst so, wenn du keine Möpse ausführst?«
    »Ich gehe zur Schule, mal mehr, mal weniger.«
    Sie kicherte. »Echt geil! Das mal weniger.«
    Er lachte bitter auf. »Das finden meine Leute nicht. Sie sind stinksauer.«
    »Und warum tust du dann nicht, was sie wollen, und gehst brav zur Schule?« Sie schnippte dieAsche auf den Boden.
    »Weil ich kein braver Junge bin. Und weil es mich anödet. Vielleicht auch, weil ich einfach Besseres zu tun habe.«
    »Dann schmeiß doch hin, so wie ich.« Die Hand, die den Riemen ihrer Tasche auf der Schulter zurechtrückte, war schmal, die Finger dünn wie Spinnenbeine.
    »Das hast du tatsächlich getan? Wo war das denn?« In Esslingen sicher nicht. Wer in der Innenstadt zur Schule ging, kannte sich zumindest vom Sehen.
    »In Stuttgart. John-Cranko-Schule.«
    Er hatte von der Kaderschmiede des Stuttgart-Ballets gehört, an der junge Ballettschüler hart für ihre Karriere trainierten. »Wow, du bist Balletttänzerin.«
    Sie nickte. »Ich war Ballettschülerin. Ich wollte Primaballerina werden. Flavia, der sterbende Schwan. Aber jetzt bin ich hier. Feierabend.«
    Er schluckte und wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Aber ich habe ja meine beste Freundin, Ana.«
    »Ist die auch hier?«, fragte er und schaute sich unwillkürlich um.
    Blaue Augen schauten ihn melancholisch an. Sie zog ihren rotweißgestreiften Ärmel zurück, der Arm darin war stäbchendünn.
    »Ich löse mich langsam in Luft auf.«

16.
    Er steckte den Schlüssel in die Tür des Neubaus am Hölderlinweg, schloss auf und trat ein. Der marmorweiß geflieste Vorraum lag im Licht des Spätnachmittags. Auf der Kommode aus Kirschbaum stand eine blaue chinesische Vase voller weißer Rosen.
    »Fabian, wie schön!« Conny Grundmann trat aus der Küche und küsste ihren Sohn auf die Wange. Dazu musste sie sich kaum auf die Zehenspitzen stellen. Sie war selbst groß, schlank, braungebrannt und trug eine weite Bluse über einer weißen

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