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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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musste. Man sollte ihn mal wieder putzen, dachte er träge.
    Von Ferne hörte er die Nachbarn auf ihrer Terrasse miteinander reden. Die Mutter und den jüngeren Sohn, den man nur selten sah. Meist trieben sich nur die Bälger des älteren im Garten herum, stellten Unfug an und zogen Grimassen am Jägerzaun. Hin und wieder, wenn sie die Rosen schnitt oder den Garten begoss, hatte er die attraktive Frau Grundmann schon näher betrachtet. Der Banker vernachlässigte sie, für solche Dinge hatte er einen Riecher, aber sie konnte Milena nicht das Wasser reichen. Und ob sie für ihn mit seiner Glatze und seinem Speckbauch Interesse aufbringen würde, war doch eher zweifelhaft. Milena tat, was er wollte. Dass es ihr dabei ums Geld ging, störte ihn nicht, solange sie die Spiele akzeptierte, die ihn in Fahrt brachten. Gewisse Abhängigkeiten musste man schon für sich nutzen. Heute hatte er ihr verboten, einen Slip anzuziehen. Er freute sich schon auf ihre Pobacken und die goldfarbenen Schenkel mit den weichen Härchen darauf. Ölnhausen schaute sich um. Warum kam sie nicht?
    »Milena!« Er war nicht gewohnt, dass sie nicht spurte. Entnervt beschloss er, selbst nach dem Rechten zu sehen. Wo waren seine Badelatschen geblieben? Er angelte gerade nach den gestreiften Tretern, als er eine Bewegung seitlich am Pool wahrnahm. Jemand entsicherte eine Waffe. Als er das Geräusch erkannte, war es wie ein Schlag in die Magengrube.
    »Was …?« Er fuhr herum und hörte den Schuss schon nicht mehr, der ihm die linke Seite des Kopfes wegriss. Ölnhausen kippte von der Liege und landete mit dem Kopf im Pool. Wolken von Blut färbten das klare Wasser rosa wie die Waschbrühe in einem Schlachthaus.

    Endlich war es Fabian gelungen, sich von dem Abendessen bei seiner Mutter loszueisen. Sein Auto stand unten an der Straße. Er war schon fast auf dem Gehweg, als er den Schuss hörte. Das Geräusch war leise, satt, einmalig, präzise abgezirkelt. Doch mit tödlicher Konsequenz zerriss es den Frieden der lauen Sommernacht. Die Stille, die darauf folgte, war tief. Die Welt hielt den Atem an. Es hatte seinen Ursprung weiter oben auf dem Grundstück des Nachbarn Peter Ölnhausen.
    Fabian wandte sich um und hetzte über Ölnhausens Rasen den Hang hinauf. Da zerriss ein zweiter, lauterer Schuss die Luft wie ein Peitschenknall.
    Er beschleunigte seine Schritte in Richtung der Terrasse, über der sich breit und behäbig das Haus erhob. Der Nachtwind blähte eine weiße Gardine in einer offenen Glastür. Unterhalb lag bläulich leuchtend der Swimmingpool, an dem er gestern die Badenixe beobachtet hatte. Eine einzelne weiße Kugellaterne tauchte die Szenerie in gespenstisches Licht. Ölnhausen lag am Rande des Pools, als sei er aus einem der Liegestühle gekippt, die auf der gepflasterten Umrahmung standen. Sein Kopf hing mit dem Gesicht ins Wasser, und er rührte sich nicht. Die Blondine saß anmutig neben ihm auf den Fersen und hatte ihren Bademantel über den Knien zusammengerafft. Mit beiden Händen hielt sie den Griff einer Pistole umklammert, die sie jetzt auf Fabian richtete. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Sie ähnelte einem Gespenst mit riesigen blauen Augen, weggetreten, in Schockstarre gefallen. Eine Schneekönigin mitten im Sommer. Fabian spürte die Schwüle der Nacht, doch nicht sie war es, die ihm Schweißbäche über den Rücken trieb.
    Beschwichtigend hob er die Hände.
    »Ruhig!«, sagte er. »Ganz ruhig! Legen Sie die Waffe weg! Ich tue Ihnen nichts.« Einen endlosen Moment lang passierte gar nichts. Fabian zählte bis fünf.
    Dann ließ sie die Pistole langsam in ihren Schoß sinken. Ihre Hände hielten den Griff noch immer umklammert wie einen Rettungsanker. Erleichtert schloss er die Augen und sah einen Augenblick lang den Feuerrädern zu, die sich auf der Innenseite seiner Lider drehten.
    Dann trat er heran und drehte Ölnhausen auf den Rücken, dem nicht mehr zu helfen war. An seinem Handgelenk trug er eine teure Rolex, und seine Augen standen weit offen. Der Schuss hatte einen Teil seiner Schläfe und der Stirn weggerissen. Fabian schaute nicht auf das, was sich unterhalb der zerfetzten Knochendecke befand. Wolken rostrotes Blut waren ausgetreten und hatten sich mit dem klaren Chlorwasser des Pools vermischt wie eine schmutzige Sowjetfahne. Er schluckte die aufsteigende Übelkeit herunter, die wie ein Klumpen in seinem Magen lag, und atmete tief durch. Irgendwo sangen die Zikaden unbeirrt in den Büschen. Eine Bewegung

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