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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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wunderbar.«
    »Es ging ziemlich schnell«, fügte sie hinzu.
    Sie folgte ihm bis zum Hauseingang. Damiano kramte in seiner Sakkotasche nach dem Schlüssel.
    »Könntest du mir bei einer Recherche helfen?«, bat sie. »Ich habe versprochen, meine Chefin zu entlasten.«
    »Worum geht es denn?«
    »Um die ’Ndrangheta«, sagte sie leise.
    Er ließ den Schlüssel sinken und schaute sie einen Moment lang undurchdringlich an. Für seine nächsten Sätze wechselte er ins Italienische.
    »Verstehe ich dich richtig? Du hast die Zusammenarbeit mit mir abgelehnt, um als Journalistin über die Mafia zu recherchieren?«
    Sie biss sich auf die Lippen.
    »Lauf!«, sagte er leise. »Wenn du das Wort Mafia hörst, lauf, solange du es noch kannst! Weißt du, wie viele Journalisten ihre Recherchen über die Mafia mit einer Kugel im Kopf oder einem Betonklotz am Bein bezahlt haben? Oder, noch schlimmer, sich korrumpieren ließen?«
    Leonie lief es kalt den Rücken herunter. »Nein«, sagte sie trotzig.
    Er schüttelte den Kopf. »Italien liegt in den Händen eines riesigen Kraken. Die Mafia steckt in der Müllverarbeitung, im Baugewerbe, sie hat die Wirtschaft und das ganze öffentliche Leben unterwandert und ihre zahlreichen Helfershelfer auch im politischen System untergebracht. Aber ihr Deutschen, ihr seid so blauäugig – im wahrsten Sinne des Wortes. Ihr glaubt immer noch, das sei ein italienisches Problem.«
    Er beugte sich vor, so dass sie seinen Duft in der Nase hatte. »Der Krake hat schon seit vierzig Jahren seine Fangarme in dieses schöne, verschlafene Land ausgestreckt. Wenn ich ein Mafioso wäre, dann würde ich auch nach Deutschland kommen und meine Geschäfte von hier aus erledigen. Denn hier gibt es so manches nicht, was mir in Italien das Leben schwermacht. Dort muss ich im Zweifelsfall meine Unschuld beweisen. Allein der Verdacht, zur ehrenwerten Gesellschaft zu gehören, reicht aus, um mein ganzes unrechtmäßig erworbenes Hab und Gut zu konfiszieren. Hier gilt die Unschuldsvermutung. Niemand darf mein Telefon abhören. Bevor man mir Geldwäsche nachweist, fließt, wie heißt der Fluss?«
    »Neckar«, sagte Leonie kleinlaut.
    »Fließt der Neckar aufwärts. Ich lebe hier wie im Schlaraffenland. Die ’Ndrangheta, an der sich deine Chefin unbedingt die Finger verbrennen will, ist aus den allgegenwärtigen Räuberbanden im bitterarmen Kalabrien entstanden und basiert auf den inneren Bindungen großer Familienclans. Ihre Mitglieder sind immer miteinander verwandt.«
    »Das bedeutet …« Leonie tastete sich langsam vor. »Ehre ist kein Fremdwort für sie. Und wenn einer den anderen verrät, ist es doppelt so schlimm, weil dieser aus der eigenen Familie stammt. Im Ernstfall handelt es sich um den Vater, den Bruder oder den entfernten Cousin.«
    »Ehre, pah!«, rief Damiano. »Das ist zu kurz gegriffen. Vielmehr handelt es sich um trauriges Vagantenheldentum. Alles, was der Organisation schadet, widerspricht der Ehre. Auf Verrat steht der Tod, und das Gesetz des Schweigens, die Omertà, ist zentral. Lange Zeit hat man geglaubt, die Kalabrier vernachlässigen zu können, aber das war ein Fehler. Sie mischen groß im Kokainhandel mit und sind auch sonst nicht zimperlich. Warum glaubt eigentlich deine Redakteurin, sie müsse gegen sie ins Feld ziehen?«
    »Ihr sind Informationen zu einem Mordfall zugespielt worden. Ein italienischer Pizzabäcker und seine Frau wurden im Mai erschossen. Vielleicht, weil er sich keine Schutzgelderpressung gefallen lassen wollte, wohl eher aber, weil der alte Herr ihr vor drei Jahren schon einmal etwas verraten hat und jetzt neue Infos hatte.«
    Damiano griff nach ihrer Hand. »Das ist eine traurige Geschichte. Aber sobald jemand über die Organisation recherchiert, spielt er mit seinem Leben.«
    Leonies Widerstandsgeist erwachte. »Ich verstehe nicht, warum du das so ernst nimmst. Ich suche nur ganz diskret nach Informationen.« Kopfschüttelnd schaute er sie an. »Du willst es nicht begreifen.«
    Eine Viertelstunde später fuhr Leonie auf der Kräherwaldstraße in Richtung Pragsattel. Ihre Müdigkeit war wie weggeblasen und hatte der euphorischen Stimmung Platz gemacht, die sie immer erfasste, wenn sie den toten Punkt überwunden hatte. Plötzlich, sie stand gerade an einer roten Ampel, vibrierte ihr Handy, das sie auf den Beifahrersitz gelegt hatte. Noch war die Ampel tiefrot, und so griff sie ungestört danach und las die SMS. »Kann Sie nicht vergessen. Wie wäre es mit morgen Abend

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