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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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stehen und blickte seinen Kollegen fragend an. »Ein Virus? Was war das denn eben?« Fabian zog ihn zur Seite, bis sie aus dem Blickfeld des Türstehers waren. »Komm!«, sagte er. »Aber schnell.« Nach einem Umweg erreichten sie den Hinterhof von der Rückseite aus. Eine Ratte raste quietschend unter die Papiermülltonne. Fabian drückte auf die Türklinke und fand sie unverschlossen.
    »Was soll das?«
    »Stell keine Fragen! Wir müssen uns beeilen.«
    Lautlos schoben sie sich die Treppe hinauf in den zweiten Stock. Fabian riss die Tür auf, hinter der das Kind auf seine Freier gewartet hatte. Das Zimmer war leer. Der Überwurf lag auf dem Bett wie neu, auf allen vier Seiten eingesteckt. Er trug ein Muster aus weißen Lilienblüten.

42.
    Die Autobahnraststätte Sindelfinger Wald lag unter einem kristallklaren Abendhimmel. Jegor Smirnov saß in seinem Kleinbus, rauchte und aß gleichzeitig eine Bratwurst, wobei er reichlich Ketchup auf seiner Lederjacke verteilte. Fluchend griff er nach der Serviette, die nicht dicker als ein Stück Toilettenpapier war und durchweichte, als er den roten Fleck damit abzureiben begann. Jegor fluchte und putzte die Hände an seiner Jeans ab.
    Die Raststätte machte ihrem Namen alle Ehre. Hinter den Parkplätzen lag ein schwarzer Waldrand, der das Geräusch der Autobahn in sich aufsaugte wie ein Schwamm. Trotz der einsetzenden Dämmerung herrschte Hochbetrieb. Er behielt die Eingangstür im Auge, hinter der Kostja verschwunden war. Wie konnte jemand nur so lange brauchen, um einen Kaffee zu trinken? Oder hatte er sich für eine lange Sitzung verabschiedet und fand jetzt den Weg nicht zurück? Vielleicht war er ja ins Klo gefallen. Jegor zog noch einmal an der Zigarette, dann drückte er sie in dem überquellenden Aschenbecher aus.
    Leute gingen rein, Leute kamen raus. Ein Reisebus parkte vor der Tür und spuckte eine Gruppe Rentner in beigen Nylonjacken aus, die eilig in Richtung Eingang strebten. Nervös trommelte er mit seinen breiten Fingern auf dem Lenkrad herum, schaltete das Radio ein und suchte SWR 4. Die Schlagermusik säuselte sachte und beruhigend auf ihn ein. Etwas fürs Herz, so wie er es liebte. Er biss ein großes Stück Wurst ab, dazu einen Bissen von dem trockenen Brötchen und kaute mit vollen Backen. Die Wurst war stark geröstet, das Brötchen knusprig, genau wie er es mochte. Eigentlich fehlte ihm dazu nur ein kühles, deutsches Bier.
    Das hier war ihre letzte Tour in Richtung Russland. Wo blieb Kostja nur? Wenn sie sich heute Nacht abwechselten, konnten sie noch ein ganzes Stück schaffen. Er seufzte und dachte an seine Bandscheiben, die ihm das lange Sitzen am Steuer mehr und mehr übelnahmen. Zum Glück würde er diesen Scheißjob nicht mehr lange machen müssen. Bald hatte er genug Kohle zusammen, um sich am Schwarzen Meer zur Ruhe zu setzen, wo die Luft mild war und die Sonne immer schien. Endlich hatte er begriffen, wie man den richtig großen Reibach machte. Es hatte mit den Vorlieben der Freier zu tun, die sich ihr Vergnügen etwas kosten ließen.
    Kostja kam noch immer nicht.
    Flüchtig dachte er an die Mädchen, die sie besorgen würden. Sie hatten vier Sixpacks Cola für sie eingekauft, Sandwiches, Kekse, Äpfel, Decken, Gameboys. In einem Extrafach unter dem Ersatzreifen lagen die Passvordrucke. Beim letzten Mal war eine so jung gewesen, dass sie noch mit Barbiepuppen gespielt hatte. Als sie angekommen waren, hatte er eine der Puppen gefunden, die Beine nach hinten verdreht, nackt, weggeworfen. Ein Anflug von Angst streifte Jegor, denn das mit den Kindern war so nicht abgemacht gewesen.
    Neben ihm hielt eine blaue A-Klasse. Zwei Männer stiegen aus, ein junger und – Scheiße, den Älteren kannte er. Er war einer der Chefs. Beiläufig zog er eine Waffe aus der Innentasche seiner Jacke. Blitzschnell öffnete Smirnov die Tür auf der Beifahrerseite, sprang auf die Stufen hinaus und dem jungen Mann geradewegs in die Arme, der schnell wie ein Wiesel den Kleinbus umrundet hatte. Wenn er allein gewesen wäre, hätte er sich befreien können, doch in diesem Moment kam der Ältere dem Jungen zur Hilfe. Er hatte eisenharte Muskeln und setzte ihn mit einem geschickt platzierten Faustschlag außer Gefecht. Smirnov taumelte und sah einen Moment lang nur Sterne.
    Neben ihnen fuhr ein Passat in die Parklücke. Der Ältere zerrte Smirnov auf die Füße und drückte ihn gegen die Autotür. Zwei kleine Jungen und eine Frau stiegen aus und liefen in Richtung

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