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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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Raststätte. Die Kinder zerrten an der Hand ihrer Mutter und verlangten ein Eis. Dann wurde es still.
    »Aber warum?«, fragte Jegor und spuckte Blut.
    »Das fragst du mich?« Das Deutsch hatte einen starken italienischen Akzent. Er hatte den Mann vorher noch nie reden hören.
    »Du hast dich nicht an Regeln gehalten.« Die Stimme war leise und sanft. »Steig ein!«
    Als er sich hinters Steuer des Kleinbusses setzte, war ihm kalt vor Angst. Natürlich, er hatte abgesahnt, hatte sich von den Auftraggebern für die Extramädchen bezahlen lassen, die ganz jungen, die für die besonderen Kunden. Die beiden Männer schoben sich neben ihn auf die Vorderbank.
    »Welche Regeln?«, stellte er sich dumm.
    »Unsere Regeln«, sagte der Ältere würdevoll. »Andiamo!« Er fuhr vom Parkplatz, reihte sich in den Verkehr ein und lenkte den Kleinbus auf die mittlere Spur. Seine Hände zitterten.
    »Wo ist Kostja?«, fragte er.
    Der Mann schüttelte langsam den Kopf und wog die Waffe in der Hand. Jegors Kopf war noch nie so leer gewesen. Er konnte sich nicht mal mehr an die Gebete erinnern. Er fuhr etwa eine Viertelstunde, dann befahl ihm der Ältere, auf einen Parkplatz abzubiegen. Außer dem weißen Kleinbus stand hier nur ein LKW, dessen Fahrerkabine leer war.
    Der Alte richtete die Waffe auf ihn. »Steig aus!«, befahl er dem Jungen, der sofort gehorchte. Smirnov sah, wie er den Parkplatz abging, sicherte und nickte. Sie waren allein.
    »Aber warum?«, fragte er. »Das sind doch nur Huren.«
    »Genau«, sagte der Mann. »Kinderhuren.«
    »Aber«, versuchte er es erneut. »Sie zählen nicht.« Niemand interessierte sich für die verlorenen Kinder.
    Früher hatten die Werber die jungen Frauen in Cafés und auf Bahnhöfen angesprochen. Viele von ihnen wussten, auf was sie sich einließen. Das goldene Europa lockte, auch wenn sie für alte, reiche Säcke die Beine breit machen mussten. Doch seit die ganz Jungen gefragt waren, mussten sie anders vorgehen. Er hatte gesehen, wie sie lebten. Manche von ihnen waren Straßenkinder, die es in den Bordellen in Westeuropa sicher besser hatten als in den U-Bahnschächten seiner Heimat. Niemand vermisste sie.
    »Aber warum?«, fragte er noch einmal.
    »Es ist eine Frage der Ehre«, sagte der Alte. Er hob die Waffe, zielte und schoss ihm genau zwischen die Augen.

    »Sie ist da gewesen«, sagte Fabian zu Fritz Keller.
    »Natürlich.« Keller schaute von seiner Tastatur auf. »Aber du kannst es nicht beweisen.« Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten.
    Sie hatten sich am Samstagmorgen in der Polizeidirektion getroffen, um die Ergebnisse ihrer Untersuchungen auszuwerten. Wenn ein Fall so drängte wie der Mord an Peter Ölnhausen, musste auch mal das Wochenende dran glauben. Fabian war es recht so. Er hatte sowieso fast die ganze Nacht hindurch am Schreibtisch gesessen und sich im Netz durch die Einträge rund um den internationalen Menschenhandel gearbeitet. Wenn er die Augen schloss, brannte das Bild des Mädchens auf der Innenseite seiner Lider. Irgendwo saßen die Drahtzieher des Ganzen, die Kinder wie Vieh an deutsche Kunden verkauften, und machten sich einen lauen Lenz. Ihre Handlanger hatten das Bordell in Cannstatt mit Nachschub beliefert. Blankert war nur der Saubermann, der es nach außen hin vertrat. Irgendwo musste sich doch eine Lücke auftun, die ihnen Gelegenheit gab, den Laden auffliegen zu lassen.
    »Wir könnten Blankert in Beugehaft nehmen«, schlug er vor.
    Keller schüttelte den Kopf. »Dazu haben wir keine Handhabe. Deine Irina wird wohl kaum aussagen.« Nein, das würde sie sicher nicht.
    Fabians Schreibtisch ähnelte wie immer einem Schlachtfeld. Ungeordnet lagen die Recherchen und Protokolle zu seinen Fällen übereinander. Da war der verschwundene Alessio mit seinem üblen Sündenregister, der Mord an Ölnhausen und der Fall von Kinderhandel, den ihm niemand glauben würde. Langsam verlor er den Überblick, verhedderte sich im Dickicht der verschiedenen Spuren. Sackgassen überall. Am liebsten hätte er das ganze Chaos mit dem Arm auf den Boden gefegt. Aber dann begann er doch, die Stapel zu sortieren und übereinanderzuschichten. Nicolai hatte noch nicht ausgesagt. Und was war eigentlich mit Alessios Mutter? Wie lange musste sie noch in der Psychiatrie im Plochinger Kreiskrankenhaus bleiben? Irgendwo hatte er doch ein Foto von ihr. Er zog die Akte Cortese hervor und schlug sie auf. Alessios Foto klebte auf Seite eins. Mistkerl , dachte er und drehte ein weiteres Bild um,

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