Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)
Gesprächsthema.
»Hast du Lust auf einen Kaffee?«, fragte er schließlich.
Diese Begegnung, das spürte sie plötzlich instinktiv, war ein Scheideweg. Wenn sie sich entschied, Zeit mit Fabian zu verbringen, würde nichts mehr so sein, wie es gewesen war.
»Na klar«, sagte sie und sprang kopfüber ins Unbekannte, das vielleicht den Namen »komplizierte Dreiecksbeziehung« trug. Sie setzten sich vor das Café am Rathaus. Fabian bestellte ein Frühstück und Leonie einen Cappuccino.
»Ich hab seit vier Tagen einen Job.« Vorsichtig nippte sie an ihrer Tasse.
»Den an der Uni Stuttgart, von dem du erzählt hast?«
»Einen anderen.«
Fabian fütterte den Mops mit einer Scheibe Wurst. »Tatsächlich? Wo denn?«
»Beim Schwabenspiegel, als Redakteurin.« Gestern hatte Sabine Marian ihr den Kulturkalender für Stuttgart gemailt, und heute Abend würde sie ihr erstes Theaterstück sehen und besprechen.
»Aber bist du nicht Kunsthistorikerin?«, fragte er verwundert. Der Mops legte ihm in Erwartung weiterer Leckereien die Vorderbeine auf den Schoß.
»Jetzt ist Schluss, Max!«, ermahnte sie ihn und zog sanft an der Leine. »Sonst kriegen wir dich nie dünn. Klar bin ich das, aber etwas Neues schadet nie, finde ich.« Sie versuchte ihre Stimme überzeugt klingen zu lassen. »Weißt du eigentlich irgendetwas über die Mafia in Baden-Württemberg?«, fragte sie unvermittelt.
Fabian zog die Augenbrauen hoch.
»Ich soll über das Thema recherchieren«, erläuterte sie.
»Ganz schön heikel für deinen ersten Job.«
Leonie grinste ihn unbekümmert an. »Aber auch ganz schön spannend.«
Eine Frau in weißem T-Shirt, Cordrock und Plateausandalen setzte sich an den Nebentisch. Ihre schwarzen Locken hatte sie locker aufgesteckt. Der schwache Hauch eines teuren Parfüms stieg Leonie in die Nase. Fabian konnte seine Augen nicht von ihr wenden.
»Starr doch die Frau nicht so an!«
»Bist du eifersüchtig?« Er grinste unverschämt, und sie verschluckte sich fast an ihrem Cappuccino. »Keine Sorge. Mein Interesse ist rein beruflich. Ich glaube, das ist Alessios Mutter. Welch ein Zufall.«
Er stand auf, verbeugte sich mit ausgesuchter Höflichkeit und bat die Frau, zu ihnen an den Tisch zu kommen. Leonie biss sich auf die Lippen. Konnte er wirklich niemals aufhören zu arbeiten? Das Café am Rathaus war doch kein Verhörzimmer.
»Meine Bekannte Leonie Hausmann. Leonie, das ist Laura Cortese.«
»Ich weiß, wer Sie sind«, sagte Laura und wandte sich an Fabian. »Sie haben vor einer Woche Nick gerettet. Danke.«
Nervös zog sie eine Zigarette aus ihrem Etui. Das Ende glomm auf, als sie ihren ersten Zug nahm. Sie war nicht so jung, wie Leonie zunächst gedacht hatte. Wenn man genauer hinsah, bemerkte man die Spuren, die das Leben in ihr schönes Gesicht gezeichnet hatte. Feine Falten lagen wie Schriftzeichen um ihre Augen. Ihr italienischer Akzent war kaum zu hören. »Ich bin erst gestern nach Hause gekommen. Und nächste Woche werde ich in eine Klinik am Bodensee gehen.«
»Sie hätten sich von selbst nicht bei uns gemeldet?«, vermutete Fabian. Die Bedienung brachte den Kaffee, den Laura Cortese bestellt hatte, an ihren Tisch.
»Doch, doch. Natürlich.« Sie trank. Ein weißer Schaumrand legte sich über ihre schön geschwungene Oberlippe.
Warum war sich Leonie so sicher, dass die Frau log?
»Ihr Sohn ist verschwunden, und es scheint sie gar nicht zu interessieren«, sagte sie unwillkürlich. Die glatte Maske fiel in sich zusammen und offenbarte unendliche Traurigkeit. »Was müssen Sie nur von mir denken? Ich weiß, dass Alessio nicht auffindbar ist, aber ich kann Ihnen auch nicht helfen.«
Fabian sah sie direkt an. »Aber Sie kennen Nick.«
»Natürlich, der war mal unser Nachbar. Und so etwas wie Alessios Freund.«
Fabian lehnte sich zurück. »Ich glaube nicht mehr, dass Alessio ihn mit Absicht so schwer verprügelt hat. Er ist nur ausgerastet.«
Laura lachte traurig. »Das hat er von meinem Mann. Wie nennt man das auf Deutsch. Iracondia? «
»Jähzorn«, sagte Leonie leise.
»Sie können ja Italienisch«, stellte die Frau verwundert fest.
Fabian ließ nicht locker. »Aber vielleicht wissen Sie ja, warum sich Alessio mit ihm getroffen hat. Wollte er Nick das Geld geben, das er geraubt hatte?«
Laura zog nervös an ihrer Zigarette. Als sie die Asche abklopfte, zitterten ihre Finger. »Von dem Handtaschenraub habe ich erst kurz vor meiner Entlassung erfahren. Alessio ist ein guter Junge, außer man
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