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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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reizt ihn. Und warum sollte er Nicolai Geld geben?«
    Der Mops legte sich neben den Tisch, streckte alle viere von sich und schnaufte wie eine Dampflok. Manchmal konnte sich Leonie des Eindrucks nicht erwehren, dass er simulierte, um sich die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen. Trotzdem bückte sie sich und klopfte ihm den speckigen Nacken.
    »Ich glaube, Sie kennen den Grund, warum Alessio manchmal die Kontrolle verliert«, bohrte Fabian weiter. »Und der hat mehr mit Erfahrung als mit Vererbung zu tun. Oder was meinen Sie?«
    Leonie sah, wie Laura Cortese sich zusammenriss und der Frage auswich, die auf das gewalttätige Verhalten ihres Mannes hinzielte.
    »Ich … hatte nach dem Tod meines Mannes schwere Depressionen«, sagte sie. »Sie kennen das nicht, oder?«
    Beide schüttelten den Kopf.
    »Es ist, als würde man in seinem eigenen Sumpf versinken. Immer tiefer, und man kann sich nicht allein befreien. Und niemand kann einem an diesen Ort folgen.«
    »Man vergisst sogar sein Kind«, sagte Leonie und war plötzlich von tiefem Mitleid erfüllt. Laura nickte. »Es tut mir so unendlich leid, aber so war es. Und in der Klinik haben sie alles von mir ferngehalten, was mich zurückwerfen konnte, vor allem meine Vergangenheit.« Fabian nickte.
    »Bitte versuchen Sie, mich zu verstehen!« Laura drückte die Zigarette aus. »Ich war sehr krank. Und auch sonst hätte ich Alessio nicht helfen können. Er muss alleine klarkommen.«
    Fabian schwieg noch immer. Seine Augen waren undurchdringlich. »Er ist fünfzehn«, sagte er.
    »Er ist erwachsen«, gab sie zurück und stand auf. »Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe mich hier mit meiner Nachbarin verabredet, Frau Hegele. Da kommt sie schon.«
    Die Bedienung kam an ihren Tisch, und sie zahlten.
    Eine alte Dame mit Pudelfrisur und einer karierten Einkaufstasche näherte sich vom Markt her. »Hallo Laura«, rief sie und winkte. »I han die Poscht daboi. Zwoi Briefe. Und wen seh I denn do? Die Polizoi mit Ahang.« Sie musterte Leonie und den Mops mit Argusaugen und wandte sich dann Fabian zu. »Ond Sie, hent Sie net gnueg zum doe mit dem Mord am Hölderlinweg? Müsset Sie da noch im Café hocke?«
    In diesem Moment spürte Leonie Lauras sanften Griff an ihrem Arm. Sie sprach leise, geradeaus, als seien ihre Worte nicht an sie gerichtet, sondern an den Wind. »Ich muss Alessio vergessen.«
    Der Griff löste sich, und einen Moment lang schaute Alessios Mutter sie mit ihren traurigen Augen an. Maria Magdalena, dachte Leonie. Sie hakte sich bei Frau Hegele unter und winkte Leonie noch einmal zu.
    Es war zwölf Uhr mittags. Die Figurenautomaten am Giebel des Alten Rathauses setzten sich klappernd in Bewegung. Temperantia und Justitia mit ihrer Waage drehten sich einwärts, und der Reichsadler schlug die Stunde mit seinen Flügeln.
    Leonie schaute den beiden Frauen nach, die gemächlich in Richtung Innenstadt davonspazierten.

    Sabine Marian starrte auf den leeren Bildschirm. Unruhig tasteten ihre Finger nach dem Päckchen Zigaretten, das sich irgendwo unter dem Zeitungsstapel auf ihrem Schreibtisch in nichts aufgelöst hatte. Der Kaffee in ihrem Becher war kalt und schmeckte schal. Sie kannte das. Besonders die Anfänge eines Artikels fielen ihr oft schwer. Doch wenn die ersten zwei, drei Sätze geschrieben waren, floss ihr der Rest meist wie von selbst aus den Fingern. »Mafia«, tippte sie probeweise in Großbuchstaben ein und stoppte dann. »In Stuttgart?«, setzte sie hinzu und löschte die Worte prompt wieder. Ihre roten Fingernägel sahen aus wie Blutstropfen. Flüchtig streifte sie der Gedanke an ihre Söhne, die bei ihrem Vater in Herrenberg waren und dort am Gartenhaus grillten. Weit weg. In Sicherheit.

    Sie brauchte dringend eine Pause. Sie stand auf und ging in die Küche, um frischen Kaffee zu kochen. Der Geruch und das vertraute Geblubber der Kaffeemaschine beruhigten sie. Was tat sie eigentlich hier? Verschwendete den Samstag, um eine Ausgabe des Schwabenspiegels auf den Weg zu bringen, die sie alle gefährden konnte. Aber was, wenn ihre Feinde begriffen, wie leicht sie erpressbar war? Voller Selbstzweifel schaute sie aus dem Fenster, vor dem in kaum fünf Metern Entfernung die Ziegelwand des Vorderhauses aufragte. Überall Mauern, gegen die man rauschen konnte. Als der Kaffee durchgelaufen war, nahm sie sich eine Tasse, goss Milch dazu und betrat den Flur, in dem es schwach nach Druckerschwärze und Staub roch.
    Der Mann stand in der halboffenen Eingangstür

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