Blutiger Sand
breche ich in hysterisches Gelächter aus, als sie mir die Summe nennt. Sechstausend Dollar für so ein Püppchen? Das gibt’s nicht. Fassungslos starre ich Simon an.
Er nimmt meinen Arm und sagt mit todernster Miene: „Du kannst es dir ja überlegen, Darling.“ Dann komplimentiert er mich zur Tür hinaus.
Als wir wieder im Wagen sitzen, sage ich: „Nichts wie weg von hier, Darling. Sonst überziehe ich noch dein Konto.“
Orlando verlangt natürlich, über unseren Scherz aufgeklärt zu werden. Ihn scheinen die Preise weniger zu schockieren. Wahrscheinlich denkt er an seine Bilder, die er liebend gern auch um solche Summen verkaufen würde.
Die Pension, die Simon gebucht hat, entpuppt sich als putziges privates Gartenhäuschen. Die Lage ist perfekt. Gleich in der Nähe der Plaza.
Ich teile mir mit Orlando das Schlafzimmer. Ein plüschiges Etablissement mit eigenem, in Goldtönen verfliestem Bad. Simon muss mit dem Wohnzimmer vorlieb nehmen, das völlig überladen ist mit Nippes, Antiquitäten, Kunstbüchern, Polstern, Decken und Stofftieren. Auch er hat ein eigenes kleines Bad.
Das Häuschen ist umgeben von einem gepflegten Garten, fast ein kleiner Park, mit altem Baumbestand und exotischen Sträuchern und Blumen.
Unser Hausherr, der nebenan im „Herrenhaus“ wohnt, ist etwas tuntig, aber ausgesprochen lieb. Sein Name ist Daniel. Er ist ein bisschen rundlich und nicht mehr ganz jung. Und er erklärt uns jeden Einrichtungsgegenstand bis ins letzte Detail. Offenbar leidet er unter Logorrhö, er redet wie ein Wasserfall und sieht dabei nur Orlando an.
„Der Typ ist peinlich“, sagt Orlando, kaum dass uns Danny allein gelassen hat.
Auf der großen Plaza von Santa Fe findet unter den Arkaden ein Kunsthandwerksmarkt statt. „Hier bieten Indianer täglich ihren Schmuck und kleine Keramiken an“, sagt Simon, als wir zu Fuß die Stadt erkunden.
Ich glaube meinen Augen nicht zu trauen, als ich Mike zwischen all den anderen Indianern am Boden hocken sehe. Vor sich hat er seinen Türkisschmuck auf einer alten, schmutzigen Decke ausgebreitet.
Er benimmt sich erneut eigenartig. Sieht nicht einmal auf, als Orlando und ich ihn begrüßen. Ich werfe einen Blick auf Simon. Er unterhält sich mit einer alten Frau, die neben Mike ihre wenigen Schmuckstücke feilbietet. Die beiden scherzen offensichtlich miteinander, denn die Alte lacht laut und herzlich.
„Wer ist dieser Mann?“, erkundigt sich Mike fast flüsternd.
„Detective Simon Hunter aus Las Vegas. Er ist halb Navajo, halb Winnebago …“
„Ein Ho-Chunk? Oh nein! Weißt du, dass die Winnebago Menschenfresser waren?“
Bevor ich auf diese seltsame Aussage reagieren kann, steht Simon neben mir, legt seinen Arm um meine Taille und sieht sich Mikes Schmuck genauer an.
„Das ist Mike Logan“, sage ich.
„Das habe ich mir gedacht. Hallo!“
Mike erwidert seinen Gruß mit einem knappen Nicken.
Simon kauft ihm einen türkisen Anhänger ab. Er ersucht Mike, den Anhänger als Geschenk zu verpacken. Dieser wickelt ihn in ein gebrauchtes Geschenkpapier, nimmt das Geld und beachtet keinen von uns weiter.
Ich bin enttäuscht, dass Simon den türkisen Stein nicht für mich gekauft hat. Er steckt ihn in ein durchsichtiges Plastiksäckchen und lässt ihn in seiner Jackentasche verschwinden.
„Der gute Mann hat lauter gefälschtes Zeug, made in China“, sagt er, als wir die Plaza überqueren.
„Warum hast du ihm dann etwas abgekauft?“
„Ich will seine Fingerabdrücke an das Departement schicken.“
Erstaunt blicke ich den Detective an. Hat auch er Mike in Verdacht, meine Eltern umgebracht zu haben? Hat er sich von Orlandos Paranoia anstecken lassen?
Orlando ist bester Laune. Er hängt sich bei mir ein. „Siehst du, der Detective hört auf mich“, sagt er stolz.
Nach unserem Stadtbummel gehen wir zu einem Café, in dem wir mit dem pensionierten FBI -Agenten, der damals bei der Ermordung meiner Eltern für die Ermittlungen zuständig war, verabredet sind.
Ich bin voreingenommen gegenüber diesem Mann. Für mich ist er ein Versager. Und das sage ich auch zu Simon.
„Er hatte damals noch drei Wochen bis zu seiner Pensionierung. Wollte sich vermutlich nicht mehr anstrengen“, sagt Simon. „Wahrscheinlich bringt ihn dieser Fall bis heute um seinen Schlaf. Jeder Polizist hat einen ungelösten Fall, der ihn schlecht schlafen lässt, ihn sein Leben lang beschäftigt. Detective Donally hat keinen besonders guten Ruf genossen. War angeblich
Weitere Kostenlose Bücher