Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)
aussehen ließen, sondern drohten, es zu zermalmen, wenn er zu fest zupackte. Er stellte sich ans Fenster und schaute nach draußen auf den gepflasterten Bereich unter ihm. Es gab eine Terrasse und einen kleinen Teich mit einem Springbrunnen. Sonnenlicht glitzerte auf der Wasseroberfläche und veranlasste die Fische darin zu eifriger Bewegung.
Westley trank noch einen Schluck, dann schlenderte er durch den Raum zurück und fügte einen Spritzer Soda hinzu.
»Was ist los?«, fragte Donaldson.
»Die ganze Situation gefällt mir nicht, Jeff. Diese Geschichte mit der IRA.« Er wandte sich seinem Kollegen zu. »Ich habe Doyles Bericht auch gelesen.« Er schüttelte den Kopf. »Diese ... Feindseligkeit zwischen ihm und der IRA scheint über das Berufliche hinauszugehen. Er behandelt diese Auseinandersetzung so, als sei es etwas Persönliches zwischen ihm und den Provisionals.«
Westley trank sein Glas aus und schenkte nach.
Diesmal bemühte er das Soda gar nicht erst.
Donaldson betrachtete seinen Kollegen einen Moment lang verstohlen und beobachtete, wie er die Hälfte der feurigen Flüssigkeit in einem Schluck leerte. Er missbilligte die manchmal exzessiven Trinkgewohnheiten seines Kollegen schon länger, aber da sie ihm bei der Arbeit niemals in die Quere kamen, hielt er es für kleinlich, darauf herumzureiten. Als Westleys 20 Jahre alte Tochter vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam, hatte er sich in den Alkohol geflüchtet. Noch heute neigte er dazu, allzu schnell zum Scotch zu greifen, wenn er das Gefühl bekam, dass ihn der Stress übermannte.
Donaldson lächelte dünn.
»Doyles Passion für seine Arbeit könnte sich für uns als Vorteil erweisen.«
Westley stöhnte.
»Wenn Sie mich fragen, dann ist dieser Schweinehund wahnsinnig. Seit seiner Verwundung hat er sich verändert. Seine Gewohnheiten, seine Methoden, einfach alles.«
»Ich hielt ihn schon immer für etwas übereifrig«, meinte Donaldson und griff nach seinem Glas. Er nippte daran. »Auch schon vor dem Unglück.«
»Tja, jetzt ist er viel mehr als das. Ich halte ihn für gefährlich, für andere ebenso wie für sich selbst. Einige der anderen Agenten glauben, dass er für beide Seiten spielt.«
Donaldson hob fragend eine Augenbraue.
»Ich meine, nachdem seine Familie irischer Abstammung ist«, fuhr Westley fort.
»Seine Familie ist tot. Er hat niemanden mehr. Das mag seine geistige Verfassung erklären.«
»Erklärt es auch seine Todessehnsucht?«, fragte Westley hintersinnig.
Die beiden Männer tauschten stumme Blicke. Dann beugte sich Donaldson vor und betätigte einen Schalter an der Konsole auf seinem Schreibtisch.
»Schicken Sie bitte Mr. Doyle herein.« Er lehnte sich zurück.
Westley hielt dem Blick seines Kollegen einen Moment länger stand und goss sich dann noch einen Scotch ein.
Es klopfte an die Tür, und Doyle trat ein. Begrüßungen wurden ausgetauscht und Hände geschüttelt. Doyle setzte sich Donaldson gegenüber. Er nahm das Glas entgegen, das Westley ihm reichte, und hielt es in der Hand, während er darauf wartete, dass der ältere Mann seinen Platz auf der anderen Seite des Schreibtischs einnahm. Es kam ihm so vor, als brauchte Westley die Distanz zwischen sich und Doyle.
»Wir machen es so kurz wie möglich, Doyle«, sagte Donaldson, während er eine andere Akte aufschlug. Er warf einen Blick hinein und schob sie dem jüngeren Mann zu. Auf einem Stapel von Dokumenten lag ein Foto. Der Mann auf dem Bild war Mitte 20. Seine prägnanten Gesichtszüge wurden von einem Schopf lockiger Haare eingerahmt. In seinen Augen lag ein Funkeln, das trotzig wirkte.
»James Maguire, der Mann, der für die Schießerei in Stormont verantwortlich ist. Das ist der Mann, den wir schnappen wollen. Ihn und so viele von seinen Männern wie möglich.«
Doyle warf einen Blick auf das Foto und nickte beinahe unmerklich. Dann sah er seine Vorgesetzten an.
»Er wird sich niemals lebend erwischen lassen«, meinte er.
»Das wissen wir«, erklärte Westley. »Aber Sie könnten es wenigstens versuchen.«
Doyle zuckte die Achseln.
»Ich sage Ihnen, er wird sich nicht lebend erwischen lassen, und wenn er es so haben will ...« Er ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen.
»Sie werden mit einem anderen Agenten zusammenarbeiten«, sagte Donaldson zu ihm.
»Auf keinen Fall«, winkte Doyle ab. »Ich arbeite allein. Ich kann niemanden brauchen, der mir im Weg steht.«
»Das hier ist kein verdammter Western, Doyle. Und auch keine
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