Blutiger Spessart
handtellergroße Schweißflecken hinterlassen. Auch das Leder des Holsters war dunkel durchfeuchtet. Nachdem er seine Waffe in ein Schreibtischfach gelegt hatte, entnahm er dem gleichen Fach eine Dose Deospray, öffnete an der Brust sein Hemd, fuhr mit der Spraydose unter den Stoff und verpasste sich beidseitig in die Achselhöhlen eine kurze Dusche.
Monika Rettig, Kriminalhauptkommissarin und seine Vertreterin, kam herein und verzog das Gesicht.
»Hier riecht es ja wie in einem Freudenhaus«, kommentierte sie Brunners Versuch, einen Hauch von Reinlichkeit zu verbreiten.
»Na, du musst Erfahrungen haben«, gab der Beamte mit dem Anflug eines Grinsens zurück. »Aber was will man denn bei diesen Dschungeltemperaturen schon machen?«
Mit der Kommissarin hatte Brunner eine der besten Profilerinnen in seine Sonderkommission aufgenommen, die im Bereich des Präsidiums zu finden war. Sie war schlank, fast dünn, aber drahtig und ausgesprochen sportlich. Ihre blonden Haare trug sie kurz. Obwohl sie sich nur wenig schminkte, waren sich die Männer in der Kommission einig, dass sie durchaus eines zweiten Blickes wert war. Das Faszinierende an ihr waren ihre Augen, die eine bestechende Intelligenz ausstrahlen. Sie waren von dunklem Braun mit einer frechen, gelblichen Aureole um die Iris.
Nach der kurzen Flachserei ließ sich die Kommissarin auf einem der Stühle nieder. Selbstverständlich hatten sich die erschütternden Ereignisse im Strafjustizzentrum wie ein Lauffeuer in der Dienststelle verbreitet. Eigentlich war ihr nicht zum Scherzen zumute.
»Wie lief es?«
Brunner zuckte mit den Schultern. »Das kannst du dir doch denken. Kerner ist ziemlich fertig und frustriert. Mir geht es auch nicht besser. Drei tote MEK-Männer. Drei Witwen und mehrere Waisen. Ich bin froh, dass ich den Angehörigen nicht die schlimme Botschaft überbringen musste.« Er lehnte sich gegen den Schreibtisch. »Wir hatten Emolino fest am Haken, und jetzt können wir wieder von vorne anfangen. Dieser Verbrecher ist glitschig wie ein Aal.«
»Der Tod der Männer ist wirklich eine schlimme Sache. Wenn man könnte, wie man wollte …« Sie ließ den Rest des Satzes offen. »Kommen wir zur Kernfrage: Wie machen wir jetzt weiter? Wir sind es den ermordeten Kollegen schuldig, dass wir nicht eher Ruhe geben, bis wir ihren Mörder zur Strecke gebracht haben.«
»Kerner will, dass wir Emolino nicht aus den Augen lassen. Observierung rund um die Uhr. Er soll nicht denken, dass er uns das Rückgrat gebrochen hat.«
Die Kommissarin sah ihren Kollegen zweifelnd an. »Emolino wird sich nicht die geringste Blöße geben. Das ist ein alter Fuchs, der mit allen Wassern gewaschen ist. Die Drecksarbeit haben sowieso seine Handlanger gemacht.«
»Wem sagst du das. Wir müssen den Druck noch stärker erhöhen und hoffen, dass er irgendwann doch nervös wird und einen Fehler macht. Wenn wir auch den Nachbarbossen auf die Füße steigen, werden die wiederum Druck auf Emolino ausüben. Nichts hasst die Mafia mehr, als wenn man sie aus ihren dunklen Löchern aufscheucht. Vielleicht können wir noch einmal jemand aus seinem Dunstkreis umdrehen, damit er uns verwertbare Informationen zuspielt.«
Rettig, die zum Fenster hinaus gesehen hatte, drehte sich wieder zu ihrem Kollegen um und entgegnete kopfschüttelnd: »Nach dieser Hinrichtung des Kronzeugen direkt unter den Augen der Justiz wird niemand mehr aus seinem engeren Umfeld den Mund aufmachen. Ich denke, wir kommen nicht darum herum, in die Organisation einen verdeckten Ermittler einzuschleusen.«
»Weißt du, wie lange es dauert, bis wir da jemand installiert haben? Da können Jahre vergehen. Und das wäre definitiv ein Himmelfahrtskommando!«
»Stimmt. Aber hast du eine bessere Idee? Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir wieder in die Langzeitermittlung eintreten. Das geht nur mit langem Atem. Vielleicht sollten wir eine völlig unerwartete Strategie einschlagen. Als ersten Schritt lösen wir die Sonderkommission auf, damit er das Gefühl hat, wir geben auf. Wir können ja das Gerücht streuen, dass man uns die Gelder total zusammengestrichen hat. Eine kleinere, effiziente Kerngruppe ermittelt weiter. Wenn wir ihn genug eingelullt haben, schleusen wir den Undercoveragenten ein. Dann müssen wir abwarten, was der Mann erreicht.«
Sie wandte sich zur Türe. »Wir müssen später noch einmal in Ruhe darüber reden. Der Gedanke ist noch zu unausgegoren. Ich habe jetzt eine Zeugenvernehmung. Wir sehen
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