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Blutiger Spessart

Blutiger Spessart

Titel: Blutiger Spessart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Huth
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Freizeit beruflich fachsimpelten. Allerdings verfügte die junge Frau über ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen, das ihr bei der Behandlung ihrer Patienten half. Zudem war sie dank ihres scharfen Verstandes in der Lage, juristische Sachverhalte auf eine ganz natürliche Weise zu betrachten – was Kerner sehr schätzte.
    »Das ist alles sehr bedrohlich«, nahm sie wieder das Thema auf, das seit gestern ihre Gespräche beherrschte, obwohl sie sich vorgenommen hatten, es heute ruhen zu lassen. Aber sie bemerkte sofort, dass Kerner nicht wirklich abschalten konnte. Vielleicht half es ihm, wenn sie darüber sprachen.
    »Sind die Leute, die hinter diesem Mord stehen, auch für dich gefährlich?« Dieser Gedanke beschäftigte sie schon seit einiger Zeit.
    Kerner schüttelte den Kopf. »Ich denke eher nicht. Die wissen, dass es keinen Sinn hätte, etwas gegen mich zu unternehmen. Wenn ich ausfalle, wird die Sache von einem anderen Staatsanwalt übernommen. Das brächte allenfalls ein paar Wochen Aufschub. Ihre Gewalt richtet sich deshalb auch in erster Linie gegen Zeugen. Wenn die dann nicht mehr aussagen, besteht die Gefahr, dass das ganze Verfahren nicht durchgeführt werden kann. Das ist wesentlich effizienter, als den Staatsanwalt zu töten. Aber eine Sicherheitsgarantie bedeutet das nicht.« Er griff entschlossen nach dem Messer und beschmierte ein Brötchen mit Butter. »Lass es damit gut sein, Liebling, wir wollen uns doch nicht das schöne Wochenende verderben.«
    »Eine Sache noch, weil das uns ganz persönlich betrifft. Du hast dich doch auf die Position des Amtsgerichtsdirektors in Gemünden beworben. Dabei bleibt es aber doch?« Das sollte beiläufig interessiert klingen, man konnte aber deutlich die Spannung heraushören, die diese Frage bei ihr auslöste.
    Kerner legte das Gebäck zur Seite und atmete schwer. »Mein Chef hat das Thema gestern auch schon angesprochen. Nachdem Emolino uns fürs Erste durch die Maschen geschlüpft ist, bleibt uns, bleibt mir, eigentlich nichts anderes übrig, als weiterzumachen. Man kann da nicht einfach aussteigen.«
    Steffi sah ihn betroffen an. Kerner erwiderte den Blick. »Ich muss mir das alles noch einmal in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Das ist heute noch zu früh. Du hast dich darauf gefreut, dass wir auch beruflich näher beisammen sind, das weiß ich. Ich doch auch. Aber ich habe eine Verantwortung, auch gegenüber den getöteten Polizisten und ihren Familien. Das ist alles nicht einfach!«
    Sie konnte sehen, wie ihn die Geschichte aufwühlte. Ihr lagen zwar noch viele Fragen auf der Zunge, aber sie entsprach seinem Wunsch und wechselte das Thema. Wie sie ihn kannte, hätte er jetzt sowieso nicht mehr viel dazu gesagt.
    »Schatz, du denkst daran, dass ich heute Nachmittag auf das Fest anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Partensteiner Schützenvereins muss? Mein Vater hat mich gebeten, ihn zu begleiten.«
    Kerner nickte. Seit Steffis Vater Witwer war, übernahm sie gelegentlich die Rolle der weiblichen Begleiterin des Bürgermeisters.
    »Kein Problem, ich hatte für heute Abend sowieso einen Jagdansitz an einem Maisfeld im Revier geplant, das momentan massiv von Wildschweinen heimgesucht wird. Der Bauer hat mich schon zweimal deswegen angerufen. Dort muss mal dringend ein Stück erlegt werden, das vertreibt sie dann wieder für eine Weile.«
    Steffi war als Mädchen vom Land mit den Problemen der Wildschweinschwemme im Spessart bestens vertraut und wusste, dass eine scharfe Bejagung dringend notwendig war. Die schwarzen Rüsselträger konnten in der Landwirtschaft verheerende Schäden anrichten, die dann der Jagdpächter aus der eigenen Tasche bezahlen musste. Dafür gab es keine Versicherung.
    »Prima, dann wirst du mich ja gar nicht vermissen und kommst auch nicht auf dumme Gedanken«, unternahm sie den Versuch, ihn durch Necken etwas abzulenken.
    Kerner lächelte sie an. »Du kleine, blonde Hexe weißt ganz genau, wie sehr ich deine Gesellschaft brauche und genieße. Ganz besonders in Zeiten wie diesen.« Er griff schnell über den Tisch und stupste sie spielerisch mit dem Zeigefinger gegen die Nasenspitze.

9
    Schwarzwildjagd war Nachtjagd. Die Schwarzkittel, wie die Wildschweine von den Jägern wegen ihrer dunkelhaarigen Schwarte auch genannt werden, waren aufgrund der scharfen Bejagung und zahlloser Störungen durch Freizeitaktivitäten der Menschen fast überall nur noch nachts aktiv. Der Jäger hatte nur eine Chance bei Vollmond, wenn das

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