Blutiger Spessart
Trospanini in der Dunkelheit nur erahnen konnte.
Der Consigliere erklärte dem Mann kurz das Problem. Als er von der Blutspur am Maisacker berichtete, zog Schmitt die Augenbrauen in die Höhe.
»Das können aber auch Spuren einer Jagd sein«, gab er zu Bedenken. »In den Dörfern im Spessart ist die Wildschweinplage ständiges Thema. Überall werden welche geschossen.«
»Denkbar«, gab Trospanini zurück, »aber das Verhalten des Hundes ist schon sehr auffällig gewesen.«
»Um feststellen zu können, ob das Blut von Ricardo Emolino stammt, müsste ein Gentest durchgeführt werden. Alles andere macht nicht wirklich Sinn. Ich habe da ein paar Verbindungen, die ich nützen kann. Hierzu benötige ich aber Vergleichsmaterial, Haare oder dergleichen.«
»Kann ich schnell besorgen«, gab Trospanini zurück. »Wann, meinen Sie, dass Sie ein Ergebnis bekommen können?«
»Zeigen Sie mir die Fundstelle, besorgen Sie mir das Vergleichsmaterial, und ich werde das morgen sofort in Angriff nehmen. Zwei bis drei Tage muss man aber rechnen.«
Der Consigliere nickte. »Wollen Sie die Stelle heute noch sehen?«
Schmitt nickte. »Zeigen Sie mir den Ort, damit ich ihn finde. Ich werde dann morgen allein hingehen und alles überprüfen.«
Wenig später fuhren die beiden Pkws in weitem Abstand voneinander über die Landstraße mit Ziel Maisfeld.
Nachdem Trospanini Schmitt das Maisfeld gezeigt und den Fundort beschrieben hatte, verabschiedeten sich die beiden voneinander. Der Consigliere versprach, bis morgen das Vergleichsmaterial zu beschaffen.
Der Sprenger fuhr in die entgegengesetzte Richtung davon.
Am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, war Schmitt wieder am Maisfeld. Er hatte diese frühe Stunde gewählt, weil er ziemlich sicher war, dass er dann niemandem begegnen würde.
Er wartete im Auto, bis der Tag so weit fortgeschritten war, dass das Licht ausreichte, um ohne Lampe arbeiten zu können. Dann zog er sich Gummihandschuhe über und suchte die Fundstelle. Trospaninis Beschreibung war gut gewesen. Es dauerte nicht lange, dann hatte er sie gefunden. Langsam ging er in die Hocke und begann, die Stelle akribisch zu untersuchen. Er benutzte dabei eine lange Pinzette, um keine Spuren zu vernichten. Schließlich gab er mehrere kleine Brocken geronnenen Blutes in einen Plastikbehälter. Plötzlich stutzte er. Vorsichtig bog er ein Grasbüschel zur Seite und hielt wenig später mit der Pinzette einen hellen Knochensplitter hoch. Er studierte ihn eingehend, dabei sprach er vor sich hin: »Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir es hier mit dem Fragment einer Rippe zu tun.« Was aber noch nichts darüber aussagte, ob das Stück Knochen menschlichen oder tierischen Ursprungs war. Auch diesen Fund tütete er ein. Gewohnheitsmäßig untersuchte er dann auch noch das Umfeld der Fundstelle. Plötzlich runzelte er die Stirn. Ein Stück von der Fundstelle des Knochens entfernt lag ein etwa handflächengroßer, flacher Kalkstein, der in der Mitte auf auffällige Weise zertrümmert war. Es sah ganz so aus, als wäre hier genau in der Mitte der Fläche eine starke, punktmäßige Gewalteinwirkung erfolgt, die den Stein hatte bersten lassen. Schmitt konnte sich durchaus vorstellen, dass ein Geschoss hierfür die Ursache war. Er schob die Steinpartikel zur Seite und grub mit der Pinzette vorsichtig im erdigen Untergrund. Plötzlich blinkte es in etwa fünf Zentimeter Tiefe neben der Spitze der Pinzette messingfarben auf. Der Sprenger stieß einen leisen Pfiff aus und griff zu. Zwischen den Backen der Pinzette hielt er ein stark deformiertes Projektil. Man konnte es sicher keiner Waffe mehr zuordnen, dazu war es, nachdem es den Stein getroffen hatte, zu sehr gestaucht, aber man konnte ja nie wissen, wozu es gut war. Nach seiner Einschätzung handelte es sich dabei um ein großkalibriges Jagdgeschoss. Zufrieden steckte er diesen Beweis in eine leere Plastiktüte. Langsam richtete er sich wieder auf. Für ihn gab es keinen Zweifel, dass hier mit Jagdmunition auf ein Säugetier geschossen worden war – was nach seinem Verständnis einen Menschen nicht ausschloss.
Er ließ den Blick schweifen. Mit zusammengekniffenen Augen musterte er einen Hochsitz am Waldrand, der in günstiger Schussentfernung zur Fundstelle lag.
Der Sprenger war ein sehr penibler und gründlicher Mensch. Er steckte die Behältnisse mit dem Untersuchungsmaterial ein, dann schlenderte er den Grasweg hinab zum Jägersitz hinüber. Dabei fiel ihm auf, dass man im
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