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Blutiger Spessart

Blutiger Spessart

Titel: Blutiger Spessart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Huth
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besessen hatte, wieder aufzufrischen.
    Kerner hatte das unbestimmte Gefühl, dass er den Revol ver in der nächsten Zeit brauchen könnte. Er steckte die Waffe in das Holster zurück und befestigte es an seinem Gürtel. Dann zog er sein Jackett an. Seine Mitarbeiter mussten nicht sehen, dass er sich bewaffnet hatte.
    Da er die Skrupellosigkeit seines Gegners kannte, war er sich sehr sicher, dass es sich bei den Botschaften nicht um eine bloße Drohung handelte. Emolino war zu allem fähig. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr: Bis zum Ablauf des Ultimatums hatte er noch knapp zwölf Stunden Zeit. Zeit, die er nutzen musste, um Steffi zu retten.
    Die Auswirkungen seines Fehlers nahmen Formen an, die er nicht mehr verantworten konnte. Wenn er sich jetzt gegenüber seinen Vorgesetzten und Brunner offenbarte, würde ein enormer Apparat in Bewegung gesetzt, um Steffi zu befreien. Emolino ließ ihn mit Sicherheit überwachen. Er würde das also unweigerlich mitbekommen. Dann war Steffis Leben keinen Pfifferling mehr wert.
    Er fasste in dieser Stunde einen schweren Entschluss. Solange Emolino lebte, blieb er erpressbar. Damit er frühmorgens sein Spiegelbild noch irgendwie ertragen konnte, musste er alles unternehmen, um dies zu unterbinden. Das hieß, er würde jetzt alles versuchen, um Steffi zu befreien. Wenn ihm Emolino dabei in die Quere kam, würde Kerner den harten Weg gehen. Für ihn und Emolino war diese Welt zu klein geworden. Einer von ihnen beiden war zu viel!
    Nach intensiven Überlegungen beschloss er, sich in einem ersten Schritt aus dem Verfahren gegen den Mafioso zurückziehen und nun doch nach Gemünden zu gehen. Emolino würde davon aus der Presse erfahren, da der Wechsel im Amt eines Behördenleiters natürlich publiziert wurde.
    Kerner nahm das Telefon ab und rief seine Geschäftsstelle an. Er teilte seinen Mitarbeitern kurz mit, dass er heute Nachmittag im Außendienst unterwegs sein würde. Wichtige Vorgänge sollten sie seinem Vertreter vorlegen.
    Nun hatte er noch einen schweren Gang vor sich. Er verließ sein Dienstzimmer und betrat das Sekretariat des Leitenden Oberstaatsanwalts.
    »Ist er drinnen?«, fragte er und deutete auf Rothemunds Bürotür.
    »Sie können rein«, erklärte die Sekretärin.
    Kerner klopfte und betrat das Dienstzimmer des Behördenleiters.
    Rothemund, der gerade eine dicke Akte studierte, sah seinen Vertreter erstaunt an, dann erhob er sich. »Grüß dich, Simon. Was gibt’s?«
    Kerner sah ihm gerade in die Augen. »Armin, ich will es kurz machen. Es wird dich sicher hart treffen, aber ich habe mich entschieden, die Direktorenstelle in Gemünden anzunehmen.«
    Rothemund sah ihn betroffen an.
    »Es tut mir leid, aber ich befinde mich zurzeit in einem psychischen Zustand, der es mir unmöglich macht, länger am Fall Emolino zu arbeiten. Ich bin persönlich so stark involviert, habe auf diesen Abschaum eine solche Wut, dass ich zu einer objektiven Ermittlungstätigkeit nicht mehr fähig bin. Bitte versteh das. Im Interesse der Sache muss da jetzt ein anderer Mann ran. Ich denke, es entsteht durch meinen Weggang auch kein Rückschlag bei den Ermittlungen. Wir befinden uns im Augenblick doch sowieso in einer Art Konsolidierungsphase, in der unsere Ermittlungen neu strukturiert werden müssen. Ein neuer Mann könnte sich da gleich mit einbringen. Außerdem bleibt Brunner als polizeilicher Ermittler erhalten, sodass kein Wissen verloren geht.«
    Rothemund erhob sich und kam hinter seinem Schreibtisch hervor.
    »Ich nehme an, du hast dir das reiflich überlegt. Wir kennen uns so gut, dass ich weiß, du hast dir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Du hast sicher deine Gründe.« Er atmete tief durch. »Ich habe erst kürzlich mit dem Ministerium telefoniert. Das kann ich dir jetzt sagen: Du stehst nach wie vor als Kandidat für diesen Posten an erster Stelle. Nachdem du dich nun entschieden hast zu gehen, werde ich dort anrufen und den Herrschaften deine Entscheidung mitteilen. Du kannst davon ausgehen, dass du dann ab ersten August in Gemünden bist.« Er gab Kerner die Hand. Man konnte sehen, wie schwer ihm das fiel.
    Kerner bedankte sich und verließ das Dienstzimmer seines Vorgesetzten. Er kam sich wie ein Verräter an der Sache vor. Wie gerne hätte er ihm reinen Wein eingeschenkt, aber das war unmöglich.
    Noch knapp zwei Wochen, dann würde er die Behörde verlassen. Ihm stand noch fast sein ganzer Jahresurlaub zu. Er würde in den nächsten beiden Tagen sein Referat

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