Blutiger Spessart
Geiselnehmern nicht sagen konnte!
Bei dem, was er vorhatte, würde er sich mit dieser Weste sicherer fühlen. Sie war nach dem Schusswechsel mit neuen Protektoren ausgestattet worden und bot wieder vollen Schutz. Kerner legte sie zur Seite, griff erneut in die Kiste und entnahm ihr einen Kampfdolch. Er steckte in einer Wadenscheide, die man offen oder verdeckt am Unterschenkel tragen konnte. Vorsichtig öffnete Kerner die Arretierung und zog das etwa 25 cm lange, nadelspitze Messer heraus. Es war leicht eingefettet, damit es gegen Rost geschützt war. Die beidseitigen Schneiden waren scharf geschliffen. Der vordere Teil der Klinge war etwas schwerer, sodass man es auch als Wurfmesser einsetzen konnte. Kerner überlegte einen Augenblick, dann legte er es zur Schutzweste dazu. In seiner aktiven Zeit war er mit diesem Messer absolut fit gewesen. Ganz verlernt hatte er es sicher nicht. Er würde auch die Hose des Kampfanzugs mitnehmen. Sie hatte ausreichend Taschen, in denen er seine Ausrüstung verstauen konnte. Die Hände musste er bei seinem Vorhaben frei haben.
Nachdem er seine Auswahl getroffen hatte, legte er alle anderen Ausrüstungsgegenstände wieder sorgfältig in die Kiste zurück und schloss sie ab. Er war wild entschlossen, Steffi zu retten. Mit allen Konsequenzen, wenn es sein musste.
Kerner nahm die ausgewählten Gegenstände und ging hinauf in die Wohnung. Eine ganze Weile stand er vor seinem Waffenschrank und überlegte, ob er auch ein Gewehr mitnehmen sollte. Dann nahm er davon Abstand. Der Revolver musste genügen. Ein Gewehr würde ihn zu sehr behindern. Er hatte schließlich nicht vor, ein Feuergefecht zu führen. Allerdings würde er sich zur Sicherheit für die Faustfeuerwaffe noch eine Handvoll Patronen einstecken.
Für seinen Plan war es von Vorteil, dass die Entführer das Ultimatum bis Mitternacht ausgedehnt hatten. Die Nacht würde sein Vorhaben begünstigen.
Kerner musste noch ein paar Vorbereitungen treffen. Da er damit rechnete, dass die Verbrecher sein Haus beobachteten, musste er versuchen, sie auszutricksen. Er betrat die Garage vom Haus aus und öffnete den großen Wagenschlag des Defenders. Mit einem Brett schuf er eine provisorische Laderampe, über die er sein geländegängiges Motorrad in den Laderaum schob. Da er es auf die Seite legte, war es von draußen nicht zu sehen. Dann setzte er sich hinter das Steuer, öffnete das Garagentor und fuhr hinaus. Kerner schlug den Weg in Richtung Dorf ein. Es fiel ihm zwar wieder kein Fahrzeug auf, das nicht hierher gehörte, trotzdem war er vorsichtig. Im Wald konnte man sich gut verstecken. Für einen Beobachter sollte es so aussehen, als würde er nur kurz in den Ort fahren, um etwas zu besorgen. Deshalb ließ er das Garagentor auch offen.
Ein Stück von seinem Haus entfernt bog er in einen Waldweg ein, wo, wie er wusste, ein Waldarbeiterwagen stand. Im Sommer wurde kein Holz geschlagen, sodass der Wagen im Augenblick nicht benutzt wurde. Er hielt an, lud das Motorrad aus und rollte es hinter den Wagen. Den mitgebrachten Helm hängte er an den Lenker. Bis zum Abend war es hier sicher.
Als er fertig war, drehte er wieder um und fuhr ohne Eile wieder nach Hause.
Den Rest des Nachmittags nutzte er, um sich auszuruhen. Die Fähigkeit, die er sich als Soldat angeeignet hatte, wann immer es ging zu schlafen, besaß er leider nicht mehr. Trotzdem legte er sich angezogen auf seine Wohnzimmercouch und versuchte zu entspannen.
Sobald er die Augen schloss, zogen die Bilder des Films vor seinem geistigen Auge vorüber. Es gab zwar keine Garantie, aber mittlerweile war er sich ziemlich sicher, dass sie Steffi nicht töten würden, bevor sie nicht die gewünschte Information von ihm hatten. Er musste versuchen, ein stärkeres Pfand in die Hände zu bekommen, das diese Verbrecher an ihrem Vorhaben hinderte. Während er grübelte, lauschte sein Unterbewusstsein ständig nach seinem Handy, ob nicht eine Kurznachricht einging.
Als er erwachte, erhellte der schwache Schein der Straßenlampe das ansonsten dunkle Zimmer. Erschrocken fuhr er hoch und sah auf das Leuchtziffernblatt seiner Armbanduhr. Es war kurz nach zweiundzwanzig Uhr. Er war offensichtlich irgendwann doch eingeschlafen. Jetzt musste er sich beeilen.
Kerner ließ die Jalousien herunter und schaltete die Raumbeleuchtung ein. So konnte man ihn von draußen nicht beobachten, es entstand aber der Eindruck, als würde er sich im Haus aufhalten. Schnell zog er die vorbereiteten
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