Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
aus der Stadt herauszukommen. Nur eine Schwierigkeit blieb noch. Wie kamen sie in die Stadt herein ohne großartige Verluste? Um Katapulte zu bauen, oder Rammböcke, blieb ihnen keine Zeit. Ein Frontalangriff auf die Stadtmauer hieße, sich den Bogenschützen und ihren Verteidigungsanlagen, soweit vorhanden, auszusetzen.
Ein schneller Reiter hätte dem Lord der Stadt bereits vor einem Tag die Meldung überbringen können, dass die Oger auf dem Weg waren. Dies wäre genug Zeit, um sich auf einen Angriff vorzubereiten. Ohne Rücksicht auf Verluste die Mauer zu erstürmen würde vielen von Hagmus Kameraden das Leben kosten.
Je weiter die Oger ins Landesinnere kamen, desto lichter wurde der Nebel. Hagmu fiel in einen leichten Trab, und seine Krieger taten es ihm gleich. Die Bewegung würde allen guttun, die Muskeln tauten auf, und die Sinne wurden geschärft. In einem Bogen umrundeten sie die Stadt, bis sie auf die Straße nach Osberg stießen. Hagmu hob die Hand und ließ den Trupp zum Stillstand kommen. Er und Tastmar würden sich allein an die Stadtmauer wagen und sehen, was sie dort erwartete. Hagmu hoffte, dass der Nebel ihnen genug Schutz bieten würde, vielleicht sogar genug, um die Nachhut zu holen und einen Angriff zu wagen.
Tief gebeugt schlichen die beiden der Stadtmauer entgegen. Frische Wagenspuren hatten die Spurrillen des Weges aufgewühlt. Noch vor Kurzem hatte ein ganzer Treck die Stadtmauern passiert. Ob die Spuren hinein- oder hinausführten, konnte Hagmu nicht erkennen. Der Geruch von frisch geschlagenem Holz und erkaltetem Rauch lag in der Luft. Das Licht zweier Fackeln erhob sich vor ihnen und beschien das östliche Stadttor. Die Stadtmauer, kaum höher als das Tor selbst, war unbewacht. Hagmu hatte damit gerechnet, dass Soldaten auf der Wehr patrouillierten oder jedenfalls am Eingang standen, aber von den Hüttenbauern war weit und breit nichts zu sehen. Tastmar machte eine Bewegung in einer Ecke zwischen Stadtmauer und dem vorgelagerten Wachturm aus. Mit einem Brummlaut weckte er Hagmus Aufmerksamkeit. Er deutete auf den massigen Körper, der versuchte, sich vor neugierigen Blicken zu schützen.
»Krasuk«, erklärte Hagmu.
Sein Späher hatte sich dicht an die Stadt herangewagt. Zu nah, nach seinem Geschmack. Für einen Oger war es nicht gerade leicht, sich den Blicken der Stadtwachen zu entziehen. Krasuk hatte ihren ganzen Plan gefährdet. Ein Späher sollte die Lage erkunden und Hinterhalte aufspüren, aber wenn er sich dumm benahm, konnte er auch den Feind warnen. Hagmu zog Tastmar mit sich und schlich hinüber zur Mauer. Krasuk hatte sie schon lange entdeckt und wartete auf sie. Mit einer Handbewegung signalisierte er den beiden, in Deckung zu gehen.
»Du nicht hören auf Befehl«, tadelte Hagmu seinen Späher. »Hüttenbauer dich entdecken und geben Alarm.«
»Hüttenbauer nicht in Stadt«, erwiderte Krasuk.
»Du nicht wissen«, sagte Hagmu zornig.
»Wohl.« Krasuk schlich an Hagmu und Tastmar vorbei. Eng an die Wand des Wachturmes gedrückt, stellte er sich neben den Flügel des Osttores. Mit dem Rücken stemmte er sich dagegen, und das Tor schwang einen Fuß breit auf.
»Nicht Riegel vor Tor. Keine Wachen auf Mauer, und nicht Rauch von Dach von Haus.«
Hagmu ärgerte sich über sich selbst. Auch ihm hätte auffallen müssen, dass aus den Schornsteinen der Häuser kein Rauch kam. Die Wachen konnten sich zurückgezogen haben und ihnen einen Hinterhalt stellen, aber trotzdem würden die Stadtbewohner bei dieser Kälte Feuer machen, um nicht auszukühlen. Unweigerlich fiel ihm der Hinterhalt der Elfen, der vor vielen Jahren stattgefunden hatte, wieder ein. Sie hatten damals alle Fürsten des Landes Nelbor und den Königshof eingeladen, bei ihrer Rückkehr dabei zu sein. Doch anstatt der dürren, hochnäsigen Waldbewohner erwartete die Hüttenbauer eine Rasse neuer Elfen. Dunkel und fast unverwundbar, strömten die Wesen, halb Wasser-, halb Landgeschöpfe, von Bord ihrer Schiffe und schlachteten jeden ab, der sich ihnen in den Weg stellte. War diese Stadt dazu verdammt, allen den Tod zu bringen?
Hagmu hatte keine Angst. Orte ließen ihn sich nicht fürchten. Er war ein Krieger Tabals und hatte bereits alles gesehen, was die Götter ihm bieten konnten. Da brauchte er sich um ein paar Kleriker, die Bauern in die Schlacht führten, keine Sorgen machen. Er zog Krasuk beiseite und stemmte sich gegen das Tor. Knarrend öffneten sich die schweren Holzflügel.
Der Bauernplatz, so hieß die
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