Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
freie Fläche hinter dem Stadttor im Osten, war menschenleer. Normalerweise standen hier Kisten und Karren, randvoll beladen mit geerntetem Gemüse, Früchten und Getreide von den umliegenden Feldern. Die Bauern stellten ihre Waren nach der Feldarbeit abends hier ab, um sie dann am nächsten Morgen zum Markt zu bringen. Hier waren sie sicher verwahrt, denn das Tor blieb nie ohne eine Wache. Niemand störte sich daran, wenn einer der Soldaten sich einen Apfel oder einen Bund Lauch nahm, um ihn während seiner Wache zu verputzen, dafür passten sie unentgeltlich auf die Waren auf.
Die Häuser hinter dem Platz lagen im Dunst des Nebels, doch konnte Hagmu sehen, dass in keinem von ihnen Licht brannte. Der kleine Ort an der Küste glich einer Geisterstadt. Kein Hundegebell, keine Rufe und keinen Alarm zu hören wirkte auf den Oger fast beängstigend - wenn es etwas gegeben hätte, das ihm Angst machte. Die Spuren auf dem Platz waren frisch, und auch die Fackeln am Tor konnten noch nicht länger als ein paar Stunden brennen. Die Bürger Sandlegs waren gewarnt worden, und so wie es aussah, hatten sie sich zur Flucht entschieden.
Wahrscheinlich hatte die Zeit nicht gereicht, um Vorbereitungen zur Verteidigung zu treffen und die Reservisten mit Waffen und Ausrüstungen zu versorgen, erklärte sich Hagmu selbst. Doch immer noch lag etwas Zweifel in seinen nicht ausgesprochenen Gedanken. Was auch der Grund sein mochte, dass sie die Hafenstadt verlassen vorfanden, es änderte nichts an Hagmus Vorhaben.
Mit Sicherheit hatten die Bürger es nicht geschafft, alle Waren aus den Lagerhäusern mitzunehmen. Trockenfleisch und in Salz eingelegte Fische waren einfach nicht kostbar genug, um sich auf der Flucht mit ihnen zu belasten. In Hagmus Gedanken ging sein Plan schon auf. Karren und Maultiere waren sicherlich auch irgendwo zu finden. Sie würden mitnehmen, was sie transportieren konnten, einen Teil der Stadt in Brand setzen, und während die Armee der Priester versuchte zu löschen, würden die Oger wieder in die Berge flüchten. Es hatte nichts mit ausgeklügelter Taktik zu tun oder einem großartigen Feldherrngeschick, es war nur ein schlichter Plan. Aber schließlich stellten sie sich auch nicht der Garde des Königs, sondern nur einigen Priestern und einer Schar von Bauernlümmeln.
Hagmu wandte sich wieder seinen beiden Gefährten zu. Tastmar streckte ungeduldig den Kopf vor, um auch zu sehen, was hinter den Toren vor sich ging.
»Krasuk, holen die anderen. Gehen in Stadt und plündern Vorrat von Hüttenbauern«, wies Hagmu an.
Krasuk schlich davon und ließ die beiden anderen zurück am Tor. Sobald der Späher außer Sicht war, beobachtete Hagmu wieder den Platz hinter dem Stadttor. Eine kleine Bewegung, ein einzelner Lichtschein hätten ihm ein sichereres Gefühl gegeben als diese Totenstille. Oger waren Krieger. Ihnen war lieber, sie sahen den Feind und wussten, was auf sie zukam, als dass sie still wie Meuchler zwischen den Hauswänden umherschlichen.
Hagmu wurde aus seiner Starre gerissen, als er die schnaubenden und trampelnden Oger hinter sich hörte. Auch sie wollten keine Zeit verlieren, sich ihre Beute zu schnappen und zurück in die Berge zu flüchten. Dieses Belauern war ihnen fremd und unheimlich.
Hagmu stieß das Tor weiter auf; knarrend öffneten sich die beiden schweren Eichenflügel. Das Geräusch hörte sich an wie das Knurren eines riesigen Wolfes. Nach einem erneuten Handzeichen ihres Anführers setzten sich die Oger in Bewegung. Unsicher stapften sie auf den Bauernplatz.
»Jorge, Simon, bleibt stehen«, rief eine Frau. »Kommt sofort zurück. Hört ihr nicht?«
Die Frauenstimme hallte über den Platz. Hagmu blieb stehen. Irgendwo in südlicher Richtung hörte er eine Tür zuschlagen. Schritte näherten sich. Es waren kleine, schnelle, unbeholfene Schritte. Wie aus dem Nichts stürmten zwei kleine Kinder von der Seite auf Hagmu und seine Kampfveteranen zu. Erst im letzten Moment bremsten sie vor dem riesigen Anführer der Oger ab und starrten ihn mit kindlicher Freude an. Angst schienen sie nicht zu haben.
Hagmu erinnerte sich wieder, wie klein und zerbrechlich die Kinder der Hüttenbauer aussahen. Nicht zu vergleichen mit den Neugeborenen der Oger. Menschenkinder kamen haar- und zahnlos zur Welt. Sie brauchten über ein Jahr, um sich aufrecht fortzubewegen, und sie schrien die meiste Zeit oder brabbelten irgendein Kauderwelsch, dass niemand verstand.
Ein junger Oger wurde schon mit Muskeln
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