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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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ihrem Küchenfenster und zeigte etwas mehr von ihrem Dekolletee, als nötig war. Im Hintergrund sah Cindiel ihren Mann, Herrn Mergil, der fleißig das Geschirr spülte.
    »Ach, Frau Mergil, sie wissen doch, wie das ist.«
    Ihre Nachbarin sandte Cindiel ein übertrieben freundliches Lächeln zurück. »Ich habe ja schon immer gesagt, du hättest etwas Ordentliches lernen sollen. Ich glaube, du bist gar nicht so ungeschickt, wie die Leute immer behaupten. Eine Ausbildung zur Näherin und eine kleine Wohnung würden doch reichen. Man sollte nicht nach Dingen greifen, die man ohnehin nicht erreichen kann.«
    Frau Mergils ewige Sticheleien wurden langsam zur Tortur. Leider fand Cindiel kaum Gelegenheit und Kraft, es ihrer Nachbarin heimzuzahlen. Ebenso beschämt wie erzürnt blickte die Hexe zu Boden und setzte ihren Weg fort.
    »Das kommt davon, wenn man sich mit Taugenichtsen und Unholden umgibt«, rief Frau Mergil ihr dennoch hinterher. Die Nachbarin gab immer noch Cindiel die Schuld daran, dass sie und ihr Mann eines Nachts vor ihrer Haustür von einem Oger bedroht worden waren. Und damit hatte sie ja auch Recht.
    Vor der Hintertür ihres Hauses blieb Cindiel einen Augenblick stehen und atmete tief durch. Dann ließ sie sich ein. Als sie das kleine Haus betrat, das sie von ihrer Großmutter geerbt hatte, schlug ihr der Duft einer kräftigen Hühnerbrühe entgegen. Finnegan stand halb gebückt vor einem Henkeltopf, der über dem Feuer baumelte, und rührte darin herum.
    Vor fast einem Jahr war der junge Soldat zu ihr und Hagrim gezogen. Das Getratsche ihrer Nachbarn uferte seitdem regelrecht aus. Hagrims Zusammenleben mit Cindiel hätte man vielleicht noch als Barmherzigkeit auslegen können. Als sich dann aber auch noch Finnegan, ein stattlicher, junger Soldat, in dem Haus einquartierte, war nur noch von Unzucht die Rede. Die Gemüter hätte man mit einer Hochzeit natürlich schnell wieder beruhigen können, doch Finnegan hatte bisher noch nicht die richtigen Worte gefunden.
    »Hm, das riecht aber gut«, sagte Cindiel und trat näher.
    Finnegan schreckte hoch und stieß sich den Kopf am gemauerten Sims der Feuerstelle. Wie es sich für einen Soldaten gehörte, schenkte er dem Zusammenprall aber keinerlei Beachtung, sondern wandte sich freudestrahlend zu Cindiel um.
    »Ich dachte, ich mache mich ein wenig nützlich«, gestand er. »Die Wachschicht wurde halbiert, und so konnte ich früher gehen. Das Huhn hat Hagrim heute Vormittag vorbeigebracht, Torges Eltern haben es ihm geschenkt. Dem Kleinen geht es dank deiner Medizin wieder besser.«
    »Es wäre besser gewesen, die Wachen zu verdoppeln. Hast du deinem Vorgesetzten erzählt, wie es um deine Kochkunst steht?«, neckte Cindiel den jungen Mann. Anstatt jedoch vertraulich näher an ihn heranzutreten, setzte sie sich an den Küchentisch und breitete ihren Beutel mit den Kräutern vor sich aus.
    »Du hattest versprochen, mich nicht mehr mit dem Kohlauflauf aufzuziehen. So etwas kann jedem Mal passieren. Er ist nur angebrannt, weil die Pfanne noch ein Erbstück deiner Großmutter ist. Eigentlich solltest du mir dankbar sein - durch das Anbrennen hat es lediglich zwei Tage gestunken. Stell dir vor, Hagrim hätte den Kohl verdrückt, wir hätten eine Woche lang Tag und Nacht lüften müssen.«
    Finnegan bemerkte, dass sich Cindiel nur schwerlich ein Lächeln abrang. Es war nur ein kurzer Moment, den sie aufsah, dennoch sah er die Tränen in ihren Augen. Er ging zu ihr hinüber und hob sanft ihr Kinn an, sodass sie ihn ansehen musste.
    »Du hast geweint«, stellte er betrübt fest. »Ist es wegen der Schwätzer, die sich über uns das Maul zerreißen?«
    Cindiel drehte sich weg und schüttelte den Kopf.
    »Stör dich nicht an dem Gerede der anderen«, versuchte Finnegan erneut, sie zu trösten. »Sie wissen nicht, wie schwierig es sein kann.«
    Cindiel sah wieder zu ihm hoch. Ihr Blick forderte eine Antwort. »Wie schwierig kann es denn sein?«, fragte sie.
    Finnegan schluckte. »Ich habe meinem Vater eine Nachricht nach Lorast in den Tempel geschickt, aber sein Amt als Hohepriester des Prios lässt es nicht zu, dass ich dich ...«
    Cindiel legte ihm einen Finger auf den Mund. »Es geht nicht um dich, mich oder deinen Vater.«
    »Worum dann?«, fragte Finnegan verblüfft.
    »Es geht um die Kinder, die nicht geboren werden, um die Götter, die schweigen, um unsere Zukunft, die Zukunft aller Menschen.«
    Finnegan schien ein Stein vom Herzen zu fallen. Auch wenn das Problem

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