Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
Vom Netzwerk:
Ich rufe, wenn ich fertig bin. Natürlich sollten sie nachkommen. Wenn er sich einer Horde Barbaren gegenübergesehen hätte, würde er auf ihre Dienste auch nicht verzichten können. Irgendwie hatte ihn seine neue Rolle als Anführer dazu übergehen lassen, alles zu kommentieren, auch wenn es unnötig war.
    »Wirf mir deine Fackel herunter, Bralba«, rief er der Ogerfrau zu. »Halt dich an dem Balken fest, mach es so wie ich.« Schon wieder, dachte er.
    Die stämmige Ogerfrau tat, wie ihr geheißen. Die anderen drei folgten ihr, auch ohne Aufforderung. Einer nach dem anderen kletterte das Loch hinunter. Der Tunnel erinnerte entfernt an die Kanalisationen unter den Städten der Hüttenbauer, nur war die nicht so sauber gegraben und abgestützt. Außerdem durchflutete den Tunnel nicht der so typische Geruch, den Mogda aber auch nicht vermisste. Der Tunnel endete in beiden Richtungen in Dunkelheit. Mogda hielt die Fackel vor sich und beobachtete das Spiel der Flammen. Wie eine Bauchtänzerin wanden sie sich einmal zu dieser und einmal zu jener Seite, nur die gelbe züngelnde Spitze reckte sich stetig nach oben.
    »Kein Wind«, murmelte Mogda. »Vielleicht ist der Tunnel irgendwo eingestürzt, oder sie haben ihn verriegelt.«
    Wieder einmal ergab das alles keinen Sinn. Ein Tunnel war ja schön und gut, aber einen Zweck musste er auch erfüllen. Wenn dies ein Fluchttunnel sein sollte, warum hatte man dann einfach den Fußboden durchbohrt und keine Klappe darübergebaut? So konnte ihn jeder sehen und den Flüchtenden folgen. Außerdem machte es wenig Sinn, die eine Seite zu verschließen und die andere offen zu lassen. Eine Kanalisation kam auch nicht in Frage, wie der Geruch bereits bestätigt hatte. Vielleicht hatten sie nach irgendwelchen Bodenschätzen gesucht, doch auch die würde das Loch im Hüttenboden nicht erklären, und Werkzeuge waren nirgends zu sehen. Mogda ließ es auf sich beruhen. Sie würden dem Tunnel in eine Richtung folgen und dort hoffentlich auf eine Antwort stoßen.
    »Nach Norden«, befahl er. »Wir folgen dem Tunnel immer weiter in nördlicher Richtung, bis wir etwas finden. Haltet eure Waffen bereit, vielleicht haben sich einige von den Kriegern hier unten verschanzt.«
    Mogda bildete die Vorhut, zusammen mit Bralba. Er mochte die Ogerfrau. Wann immer er sie sah, rief sie ihm allein durch ihre Anwesenheit in Erinnerung, dass sich die Oger doch ändern konnten. Schließlich hatte sie es geschafft, zu einem Kriegsoger zu werden, warum sollten sich dann nicht auch alle anderen seines Volkes weiterentwickeln können? Sie mussten sich nur entscheiden, wozu. Auch er hatte sich verändert, er war innerhalb weniger Jahre von einem dummen, gefräßigen, aber frohgelaunten Oger zu einem schlauen, grimmigen und immer noch gefräßigen Oger geworden. Wenn das nichts war, womit man angeben konnte.
    Mogda führte den kleinen Trupp an. Die Höhe des Tunnels gestattete es ihm, fast aufrecht zu gehen, wenn er sich mittig hielt. Überall lag loses Gestein herum, das aus den Wänden gebrochen war. Aus der Decke stachen in einigen Abständen die Pfähle, auf denen die Häuser standen, heraus, hölzernen Säulen gleich. Die nächste Biegung lag nie weit genug entfernt, um sicher zu sein, nicht von Feinden überrascht zu werden. Sie waren noch nicht weit genug gegangen, um schon außerhalb des Dorfes zu sein, als Mogda plötzlich innehielt.
    Direkt vor ihm hatten Gestein und Sand nachgegeben und ein Loch in der Mauer verursacht. Dort, wo das Erdreich weggebrochen war, zeigte sich eine matte blassgelbe Wölbung von der Größe eines Wagenrades. Mogda hob die Hand zum Zeichen, dass die anderen stehen bleiben sollten. Er beleuchtete die Stelle mit seiner Fackel. Ähnlich wie heller Marmor und leicht durchscheinend wirkte das Gebilde, nur war Marmor nicht von Natur aus so glatt und mit dünnen schwarzen Fäden durchzogen. Vorsichtig setzte der Oger die Spitze seines Schwertes auf die Fläche. Die Spitze drang mühelos einen Daumen breit ein, doch der Widerstand wurde stärker. Mogda ließ das Schwert wieder sinken und betastete die Stelle.
    Kleine Krümel hatten sich gelöst, die er zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her rollte. Es fühlte sich an wie erkaltetes Kerzenwachs, nur roch es leicht bitter. Bralba beobachtete Mogda bei dem, was er tat, und als dieser die Nase rümpfte und ausspukte, nachdem er von den Krümeln probiert hatte, brachte sie ihren Speer in Position, um der gelben Platte zu Leibe zu

Weitere Kostenlose Bücher