Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
rücken.
»Nicht«, hielt er sie zurück. »Es könnte sonst was sein. Vielleicht ist es eine Falle. So etwas wie eine riesige Wachsblase, die ausläuft und uns alle hier unten ersäuft, wenn man sie ansticht.«
Bralba schien nicht sonderlich überzeugt, ebenso wenig wie die anderen, aber keiner der Oger wagte es, sich Mogdas Befehl zu widersetzen. Sie setzten ihren Weg den Tunnel entlang fort, und jeder einzelne betrachtete den gelben Fleck an der Wand mit Missbilligung, als sie ihn passierten.
Das ist doch mal ein Anfang, dachte Mogda. Normalerweise war es so, dass alles, was einem Oger fremd vorkam, zuerst eine Keule oder eine Axt zu spüren bekam, und erst dann machte man sich darüber Gedanken, wozu es wohl gut war. Er musste sie dazu erziehen, vorsichtiger zu sein. In den letzten Jahren hatten sich so viele Wesen und Dinge in der Welt der Oger gezeigt, denen man am besten nicht die Stirn bot, wenn man an seinem Leben hing.
Mogda mochte sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn einer versucht hätte, die Funken der Götter zu zerstören. Dann war da noch Eliah gewesen, der geradezu unbesiegbar schien. Erst nachdem Gnunt ihn lange genug beobachtet hatte, konnte er das Rätsel um den Gott lösen. Mogda fragte sich, ob es ein Fehler gewesen war, Gnunt fortzuschicken. Der einfältig wirkende Oger hatte eine Gabe, Dinge zu betrachten wie sonst keiner seines Volkes. Er wird Cindiel bessere Dienste leisten als mir, beruhigte er sich.
Mogda führte den Trupp jetzt langsamer voran. Bald sollten sie die Grenze des Dorfes erreicht haben, dann musste er sich entscheiden, ob sie weiter unter der Erde wandern oder zurück zu Londor und den anderen gehen wollten.
Mogda ließ seinen Blick durch den Gang schweifen und hielt einen Moment inne. Vor Schreck ließ er die Fackel fallen und warf sich rücklings gegen die Tunnelwand. Halb in sich zusammengesackt, hockte er da und starrte auf die eisige Fratze, die aus der Tunnelwand ragte, während Sand auf ihn niederrieselte. Er hatte gerade die nächste Biegung erreicht, als vor ihm dieses Ding genau auf Augenhöhe aufgetaucht war und ihn aus gefrorenen Augen anstarrte. Mogda hatte versucht, auf alles gefasst zu sein, was sich ihm und den anderen hier unten stellte. Doch eine Ekel erregende Made mit menschlichen Zügen und einem weit aufgerissenen Maul, das bis in den tiefen Schlund hinein nur aus Zähnen zu bestehen schien, stand nicht auf seiner Liste.
Bralba und Purgol hatten das Untier noch nicht gesehen, doch bei Mogdas Reaktion stürmten sie mit gezogenen Waffen vor, bereit, alles in Stücke zu hauen, was sich ihnen stellte.
»Es ist tot«, keuchte Mogda. »Keine Sorge, es ist tot. In der Erde erfroren oder verhungert, wer weiß das schon.«
Er musste einen jämmerlichen Anblick abgegeben haben, deshalb kam er so schnell wie möglich wieder auf die Beine und griff nach seiner Fackel. Sein Blick war die ganze Zeit über nach oben gerichtet, während er nach dem brennenden Scheit tastete. Lieber verbrannte Finger, als dieses Ding auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen, dachte er. Als Anführer eines Orktrupps hätte ihn diese Panikattacke sicherlich seinen Posten gekostet und über kurz oder lang auch sein Leben. Orks waren nicht zimperlich mit denen, die Schwäche zeigten. Dies war ebenso ein Grund dafür, dass sie nie an Altersschwäche starben. Dies und das Zusammentreffen mit Ogern. Glücklicherweise hatte kaum jemand sein Missgeschick mitbekommen, weil Bralba ihnen die Sicht versperrt hatte. Er glaubte, sie gut genug zu kennen, um zu wissen, dass sie ihn nicht verraten würde. Für Hagmu, wäre er noch bei Verstand, wäre dieser Vorfall ein gefundenes Fressen gewesen.
Bralba und Purgol starrten ungläubig auf den Wurm, der fast drei Fuß aus der Tunnelwand herausragte. Sie hatten kaum einen Blick für Mogda.
»Es ist tot«, erklärte er ihnen abermals, doch er konnte verstehen, warum sie nicht die Augen von der Kreatur lassen konnten.
»Lasst uns weiter, vielleicht kommt dahinten ein Aufstieg, dann können wir zurückkehren zu den anderen. Ich glaube, hier unten werden wir nichts finden.«
Mit gebührendem Abstand zwängte sich Bralba an der Schreckgestalt aus dem Erdreich vorbei. Die anderen folgten.
Mogda hatte bereits die nächste Biegung erreicht, da rief er sich noch einmal die Worte der alten Frau in Erinnerung: Suul pflanzt ihren Samen in die Erde. Ihre Kinder heißen Götterfrost.
Dieser Wurm, war er vielleicht einer von Suuls
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