Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
Vom Netzwerk:
Geschwindigkeit der Drehbewegung zu einem dünnen silbernen Band wurde.
    Der Schlund des Wurmes stülpte sich weiter über den schreienden Oger, bis seine Stimme im Maul des Ungeheuers verstummte und Blut wie eine Fontäne gegen die Wand spritzte. Mogda nahm das Runenschwert zwischen beide Hände und rammte es mit der Spitze tief in den gallertartigen Körper des Wurmes. Beinahe wäre auch ihm die Waffe aus den Händen gerissen worden, doch er umklammerte sie, so fest er konnte. Der Wurm drehte sich weiter, während die Klinge in seinen Leib schnitt. Immer tiefer trieb Mogda den Stahl. Gelbes Blut, Schleim und klebrige Fetzen quollen aus dessen Schlund. Wie ein Töpfermesser, das man zu tief in sein drehendes Werkstück gleiten ließ, durchtrennte das Runenschwert den Wurm. Der Kopf fiel herab und riss den bereits halb verschlungenen Oger von den Füßen. Gedärm und Körpersäfte spritzten aus der Wurmhälfte, die immer noch in der Wand steckte. Dann schloss sie sich wie der Kelch einer Blume bei Nacht und kroch zurück, tief in das Erdreich.
    »Raus hier«, keuchte Mogda. »Hier unten finden wir nichts außer den Tod.«
    Seine Kameraden brauchten keine weitere Aufforderung. Purgol hatte sich mittlerweile von dem Schleim auf seinem Gesicht befreit. Dort, wo die Haut mit dem Auswurf in Berührung gekommen war, bildeten sich kleine rote Bläschen, und sie wurde rissig. Man konnte erahnen, was für Schmerzen er haben musste, doch er war ein Kriegsoger, und das verbot ihm, seine Leiden offen zu zeigen. Stumm nickte er, weil seine Lippen zu zwei roten Wülsten angeschwollen und die Bereiche um seine Mundwinkel blutig zerfurcht waren.
    Wieder lief Mogda voraus und führte sie zurück. Keiner der anderen hätte es gewagt, bei einem Rückzug die Vorhut zu bilden, dies war die Aufgabe eines Anführers. Wenn ihm der Ruhm zustand, musste er auch die Schmach ertragen können. Leider lagen zwischen Sieg und Niederlage manchmal nur wenige Tote, und auch ein Sieg hatte meist Tote zu beklagen. Einen richtigen Sieg hatte Mogda noch nicht zu verzeichnen, doch die Verluste waren anhand seiner ohnehin schon wenigen Männer schlimm genug.
    Er konnte sich ausrechnen, wie weit diese wenigen ihn noch bringen würden, wenn das Sterben so weiterging. Zeit, über seine missliche Lage nachzudenken, hatte er jedoch nicht. Seine Gedanken wurden überschattet von einem Geräusch, das wie das Mahlen eines Mühlsteins klang. Doch anstatt aus der Ferne zu kommen oder wenigstens aus ihrem Rücken, hallte es um ihn herum.
    Als sie den gelben Fleck an der Wand wieder erreicht hatten, wusste Mogda, woher das Geräusch kam. Das Loch in der Tunnelwand war größer geworden, fast doppelt so groß, und hinter ihm zog die sich riffelnde gelbe Oberfläche vorbei. Mogda konnte sich nur zu gut vorstellen, was das zu bedeuten hatte. Aber seine Neugier auf einen Wurm, der riesig genug war, seinen ganzen Trupp in einen blutigen Haufen Brei zu verwandeln, war nicht groß genug, um ihn wirklich mit eigenen Augen sehen zu wollen. Der Gedanke an die mahlenden Kiefer ließ ihn schneller laufen, doch nicht schnell genug, um Abstand zwischen sich und die anderen zu bringen, schließlich wollte er nicht als Feigling dastehen.
    Direkt vor ihm stieß unvermittelt einer der Stützbalken des Langhaus durch die Decke und riss einige Klumpen Sand und Gestein mit. Er konnte gerade noch rechtzeitig ausweichen, um nicht mit ihm zusammenzuprallen. Die Decke schien hier etwas nachzugeben. Zwei Biegungen noch, und sie hatten es geschafft. Überall rieselten Kiesel und Sand von der Tunneldecke, Wände stürzten ein, sackten in sich zusammen und ergossen Erdreich vor ihre Füße. Da sah Mogda den bleichen Lichtschein vor sich, den der Schacht nach unten hier heruntersickern ließ, und in ihm keimte neue Hoffnung auf.
    »Dort«, schrie er und zeigte nach vorn.
    Sie erreichten das Loch, das zurück ins Innere des Langhauses führte. Der Boden war abgesackt und der rettende Griff nach einem der verkeilten Balken in erreichbarer Nähe. Mogda packte das Holz und zog sich daran hoch, während er sich mit den Füßen an den Seitenwänden des Schachts abstützte. Als er das Innere des Langhauses erreichte, musste er feststellen, dass seine hier oben verbliebenen Gefolgsleute bereits nach draußen geflüchtet waren. Das Gebäude war nur teilweise abgesackt und stand nun so schräg, dass sich die langen Dielenbretter mitunter von den darunterliegenden Sparren gelöst hatten und wippend

Weitere Kostenlose Bücher