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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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zur Seite kippender Eimer Säure über dem Kopf schwebte, bestand die ganze Existenz lediglich darin, wie ein Frosch auf einem Seerosenblatt von einem Augenblick zum nächsten zu gleiten, und er sah sich nicht gern als Frosch.
    Nein, er wollte sich eher mit einer anderen Kreatur vergleichen, die irgendwie mit Wasser zu tun hatte … und, verdammt, wenn schon, dann gleich mit ganz großem Wasser. Dem Ozean. Da wäre er ein Weißer Hai.
    Jepp. Er war ein Hai. Und sein Partner … tja, der war ein Putzerfisch, der an seinem Bauch klebte. Nein. An seinen Eiern. Er saugte schön fest an seinen Eiern. So stellte er ihn sich gern vor.
    Als Putzerfisch.
    Und er, der Hai, zog seinen Partner mit sich durchs Gewässer, festgesaugt am Gehänge des großen alten Hais.

Teil II
    Die Gespenster in den Geräuschen

Kapitel 12
    Als er mit Joey die Bar betrat, war es drinnen kühl und dunkel, und Harry wollte ein Bier. Eigentlich sollte er nicht trinken, und er dachte ab und zu an das Gespräch mit seinem Vater, doch in letzter Zeit besoff er sich ziemlich oft. Denn an Silvester hatte er ganz zufällig herausgefunden, dass er, wenn er trank, weder die Geräusche hörte noch Bilder oder farbige Blitze sah. Der Alkohol betäubte irgendetwas in ihm. Er konnte an eine Stelle schlagen, wo ihn vorher ein Geräusch angefallen hatte, und jetzt schlummerte es dort friedlich vor sich hin.
    Das wusste Harry ganz sicher, wegen Joeys Wohnung und einem bestimmten Vorfall dort, aber daran wollte er lieber nicht denken. Weder jetzt noch irgendwann anders.
    Joey hatte er nichts davon erzählt. Das war genau wie früher, als er Joey nicht gern zu Hause besucht hatte, wegen Mr Barnhouse, der im einen Augenblick ganz in Ordnung sein konnte und im nächsten alles Mögliche als persönliche Beleidigung auffasste, Gift und Galle spuckte, einen Weltrekord im Fluchen aufstellte, sich Joey packte und auf ihn eindrosch wie auf eine Buschtrommel. Und nachdem Joey ausgezogen war, betrat Harry nur ungern seine neue Wohnung.
    Zwar war Mr Barnhouse nicht da, aber … es gab neue Probleme.
    Harry hatte sich vorgenommen, nicht darüber nachzudenken, und jetzt war es doch wieder passiert. Aber er würde damit aufhören. Er würde sich nicht mehr damit befassen. Wenn er dieser Tage zu Joey hinüberging, hatte er vorsorglich immer leicht einen sitzen, und das funktionierte. Doch die Erinnerungen hatte er trotzdem, und die folgten ihm überallhin, und wenn er zu Joey ging, tja, dann waren sie da, wie die flimmernden Filmausschnitte, die er vor so langer Zeit durchs Fenster im Autokino gesehen hatte. Alkohol half gegen einiges, aber nicht so gut gegen Erinnerungen.
    Er wollte ein Bier. Oder gleich mehrere.
    Wie immer hoffte er, dass keine schlimmen Geräusche – so nannte er sie bei sich – irgendwo in der Bar lauerten. Sheehan’s Place hieß sie.
    An einem Ort wie diesem, wo der Alkohol mit dem Geruch von verdorbenem Fleisch aus dem Boden dampfte, an genau solch einem Ort steckte womöglich irgendein gewaltsames Ereignis in einem Stuhl, mit dem jemand verprügelt worden war, in einem Tisch, auf dessen Fläche jemandes Kopf geknallt, oder in den Wänden, gegen die jemand gestoßen worden war.
    Diese Brutalitäten der Vergangenheit konnten überall lauern. Und im richtigen Augenblick konnte das richtige Geräusch das Ereignis wiederbeleben. Jedenfalls für ihn.
    Ein Kratzer, ein Schlag, ein Knall, ein Rumms, und sein Schädel verwandelte sich in einen Eimer voller Lärm, Farben und miesem Gefühl.
    O ja, er wollte sich möglichst schnell betäuben.
    Manchmal dachte er, dass er das Haus vielleicht gar nicht mehr verlassen sollte, außer vielleicht um im Laden um die Ecke einkaufen zu gehen. Um seine Medizin aus dem Schnapsregal zu holen und sich in einem Betäubungszustand zu halten.
    Er könnte ja immer gerade nüchtern genug werden, um es zum Schnapsladen zu schaffen, sich seinen Stoff zu besorgen und wieder von vorn anzufangen.
    Joey und er bestellten sich einen Pitcher und nahmen ihn mitsamt zwei Biergläsern mit zu einem Tisch in einer Ecke, die in tiefem Schatten lag.
    Es lief Countrymusik, es wurde getanzt, und auf der Tanzfläche waren eine Menge gut aussehender Frauen, Männer, die den Frauen an die Ärsche langten und so weiter, und Harry merkte, dass er neidisch war. Oder einsam. Oder beides. Er wusste es nicht genau.
    »Die eine da hinten, die mit der Jeans und dem roten Oberteil«, sagte Joey, »die sollte nicht so enge Hosen tragen. Die sieht aus, als hätte

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