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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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30
    Es war später Nachmittag, die Sonne war früher untergegangen als am Vortag, die Schatten waren länger, der Wind kühler und voller Gerüche. Tad und Harry bewegten sich Seite an Seite im Zwielicht und im Blätterwirbel durch den Garten, und Harry spürte jetzt, wovon Tad ihm erzählt hatte.
    Das Gefühl, mit allem eins zu sein.
    Und er spürte es sogar, wenn er an Talia dachte.
    An sie zu denken, war nun ganz anders. Es lenkte ihn nicht ab. Es gehörte zu seinem Mittelpunkt. War Teil eines Ganzen. Er war die Welt. Das Universum. Er und Talia, zwei Teile und ein Ganzes.
    Tatsächlich kam er sich wie der Herrscher der Welt vor.
    Eins mit der Natur und …
    Es tat weh, als er hinfiel.
    »Pass auf die Wurzeln auf«, sagte Tad. »Hier drüben gibt’s ziemlich viele von den Dingern.«

Kapitel 31
    Am Samstag, dem Tag seiner Verabredung mit Talia, entdeckte er etwas in der Zeitung, das ihn überraschte und freute und irgendwie auch verstörte.
    Es war ein Foto von Kayla.
    Sie war kein Kind mehr. Sie war erwachsen. Sah gut aus. Sie trug eine Uniform der städtischen Polizei. Sie war wieder da.
    Auf dem Bild sah man sie mit einem Haufen anderer Polizisten, und ihre Augen leuchteten unter ihrer Mütze hervor. Die Haare hatte sie zurückgebunden. An der Hüfte trug sie eine große Pistole.
    Kaylas Klasse hatte kürzlich ihren Abschluss gemacht. Tatsächlich gehörte sie zu den Klassenbesten. So hieß es in dem Artikel. Da stand auch, dass sie den Großteil der College-Prüfungen schon abgelegt hatte, während sie noch an der Highschool gewesen war. Eine Art Wunderkind. Danach hatte sie die Polizeischule absolviert.
    Kayla hatte sich ihren Traum erfüllt.
    Sie war Polizistin geworden.
    Harry erinnerte sich an das Gefühl, als er sie damals vor so langer Zeit berührt hatte, als sie sich vorgebeugt und ihn geküsst hatte.
    Ihn mit den Lippen gebrandmarkt hatte.
    Wie sie gerochen hatte. So wunderbar. Zwei Teile eines größeren Puzzles. Fehlende Stückchen im Muster der Welt.
    Kinder, dachte er.
    Wir waren Kinder.
    Inzwischen hatte sie höchstwahrscheinlich ihre Liebe fürs Leben gefunden. Hatte vielleicht sogar ein Kind. Sie vervollständigte das Puzzle eines anderen.
    Und da ist noch was.
    Nämlich Talia.
    Die wunderschöne Talia. Eine Göttin auf Erden.
    Und ich habe ein Date mit ihr.
    Yeah!

Kapitel 32
    Es hätte gar nicht besser laufen können, dieses Date. Talia sah in ihren einfachen Bluejeans, einem schlichten Oberteil und Sandalen hinreißend aus. Ihr Körper füllte diese Kleider aus, als wäre er eine Flüssigkeit, die hineingegossen worden war und sich verfestigt hatte. Sie war hochgewachsen, dunkelhaarig, schmal, aber nicht mager wie so viele Frauen heutzutage, und sie hatte eine dermaßen sinnliche Ausstrahlung, die geradezu nach wildem, hemmungslosen Sex schrie.
    Harry holte sie auf dem Campus ab, wo sie sich verabredet hatten. Sie betrachtete sein Auto, das er gründlich hatte reinigen lassen. Fünfundachtzig Mäuse bei Downtown Auto Shine and Repair , und alle Erdnussflips unterm Sitz, Schokoriegel-Verpackungen und der ganze Dreck auf den Fußmatten waren verschwunden. Als er ausstieg, um ihr die Tür zu öffnen und sie in das edle Gefährt einzuladen, fragte sie ihn, ob er das Auto behielt, weil es eine Art Oldtimer war, oder aus Sentimentalität. »O nein«, antwortete er, »daran liegt’s nicht. Ich hab einfach nichts anderes. Ich bin der Oldtimer, und so sentimental bin ich gar nicht.«
    Sie lachte darüber, und sie gingen abendessen. Das Dinner bei Dineros war lecker, auch wenn er beim Essen nervös hoffte, dass es nicht mehr kostete, als er in der Tasche hatte, obwohl Tad, der gute alte Tad, ihm eben noch einen Zwanziger zugesteckt hatte, einfach nur um ihm unter die Arme zu greifen.
    Nach dem Essen gingen sie ins Kino. Während des Films hielten sie Händchen, und hinterher unterhielten sie sich noch im Java Palace und tranken zu viel Kaffee.
    Talia war in der ganzen Welt herumgekommen, hatte an ziemlich schicken Orten geshoppt und viel von Daddys Geld ausgegeben. Und trotzdem schien sie aufrichtig interessiert, als er ihr von seinem Leben erzählte, dass er aus einer guten, wenn auch armen Familie stammte, und von seiner Mutter, die er bald besuchen würde, was langsam dringend nötig wurde.
    Kein einziges Mal, nicht einen flüchtigen Gedanken lang, machte er sich Sorgen um seinen Fluch.
    Und er erwähnte ihn auch nicht. Erzählte ihr nichts davon. Gab ja keinen Grund dafür.
    Was sollte es für

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