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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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eine Rolle spielen?
    Er bekam es doch gerade in den Griff.
    Schluss mit den Sorgen.
    Alles war super.
    Das Leben war wunderbar.

Kapitel 33
    Jeden Tag trainierte er mit Tad, und jeden Tag öffnete sich eine neue Tür. Er fühlte sich wunderbar, und auch Tad ging es sichtlich besser: Während er sein früheres Wissen wiederentdeckte, begann er aufrechter zu stehen und an Gewicht zu verlieren; sein Humor wurde bissiger, und er lachte viel.
    Sie lachten beide viel.
    Tad zeigte Harry nicht nur, wie man sich bewegte und sich konzentrierte – oder eigentlich meditierte –, sondern auch, wie man sich Bewegungen anpasste, und schon bald ließ Tad sich von ihm angreifen. Es ging immer übel aus für Harry, der mühelos und schwungvoll zu Boden geworfen wurde. Tad packen zu wollen war wie den Wind packen zu wollen. Und wenn man Glück hatte und ihn erwischte, fühlte es sich an, als hielte man einen leeren Pulli in der Hand.
    Wenn Tad treffen wollte, fand er immer sein Ziel. Geballte Fäuste benutzte er nie, er bewegte lediglich die Hände oder Arme, vielleicht ein Bein, ohne allerdings je zuzutreten; er schien es einfach nur zu bewegen, und es traf jedes Mal. Irgendwo.
    Und Junge, tat das weh!
    Obwohl er nicht einmal versuchte, Harry Schmerzen zuzufügen.
    Schließlich war Harry an der Reihe, es mit Tad aufzunehmen. Tad sollte ihn angreifen, und dann … dann sollte er das machen, was Tad ihm gezeigt hatte, der dann wiederum hinfallen sollte.
    Nur dass nichts dergleichen geschah. Tad packte ihn, er verdrehte sich, und Tad stand genauso da wie vorher.
    »Versuch die Hüfte fallen zu lassen; denk nicht daran, dass ich dich am Hemd gepackt halte und dich umbringen könnte, wenn ich wollte. Denk nicht darüber nach. Lass einfach die Hüfte fallen und stell dir eine Leere unter deinen Füßen vor. Aber du … du kannst in der Luft stehen. Ich bin der, der in den Abgrund stürzen muss. Kapiert?«
    »Ja.«
    Tad packte ihn. Harry ließ die Hüfte sinken und stellte sich den Abgrund unter sich vor. Aber dann haperte es. Harry fiel in das Loch und zog Tad auf sich drauf.
    Sie probierten ein Dutzend verschiedene Szenarien aus, alle so erfolgreich wie das viereckige Rad.
    Harry stand auf und klopfte sich die Erde von der Hose.
    »Ich stell mich nicht besonders geschickt an, oder?«
    »Nein, nicht so besonders.«
    »Ich bin grottenschlecht.«
    »Allerdings.«
    »Ich werd’s nie kapieren.«
    »Könnte sein.«
    »Komm schon, sei gnädig mit mir, Tad. Lob mich für irgendwas.«
    »Du fällst gut.«
    »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    »Um Himmels willen, Tad. Musst du immer so furchtbar ehrlich sein?«
    »Du schlägst dich super, Kleiner.«
    »Das nehme ich dir jetzt allerdings nicht ab.«
    »Pass auf. Deine Abwehr ist lausig. In deinem Herzen bist du einfach kein Kämpfer. Aber du darfst dir das hier nicht als Kampf vorstellen. Das denkst du nämlich. Die Übungen, die Konzentration, all das, was dir hilft, dir nicht so viele Gedanken um die Geräusche zu machen oder sie in den Griff zu bekommen, was auch immer – das ist dasselbe wie hier. Du versuchst es aber auseinanderzuhalten. Schau her. Greif mich an, ganz schnell. So schnell du …«
    Harry ging zum Angriff über, bevor Tad seinen Satz beendet hatte, und dachte, er würde ihn überrumpeln. Aber Tad hob einfach bloß den Arm. Und obwohl die Bewegung gar nicht hektisch wirkte, fing er Harrys Hand ab, und im selben Augenblick, in dem Tad ihn berührte, merkte Harry, wie er das Gleichgewicht verlor. Er geriet ins Schwanken. Sein Schwerpunkt wurde verschoben.
    »Das sah gar nicht so schnell aus«, sagte Harry.
    »War’s auch nicht. Hör zu. Es geht nicht unbedingt darum, wer der Schnellere ist, sondern darum, wer der Klügere ist. Um deinen Angriff abzufälschen, muss ich nur deinen Arm ein bisschen wegstoßen. Du musst zwar deinen ganzen Arm ausstrecken, aber ich muss lediglich vor meinem Körper in den Raum zwischen uns beiden greifen und deine Hand wegstoßen, und bei dieser Berührung verlagere ich meinen Schwerpunkt zu dir hin, sodass du ins Schwanken gerätst, und zwar nicht nur durch dein Eigengewicht, sondern, sobald ich die Hüfte vorschiebe, auch durch einen Teil meines Gewichts.
    Wenn du erst mal die Balance verloren hast, könnte ich dich, wenn ich will, umschubsen oder zu Boden werfen, oder einfach den Arm ausfahren und dich völlig kalt erwischen, sodass du denkst, dich überfährt ein Laster. Das ist das ganze Geheimnis, Harry. Ein anderes gibt es nicht. Aber die Theorie

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