Blutiges Echo (German Edition)
Prachtexemplar und verlief von der linken Augenbraue unterm Auge entlang, über die Wange bis tief in die Lippen. Sie wirkte irgendwie ledrig und glänzte ein bisschen wie ein glasierter Donut. Durch den Schmiss schien sein linkes Auge zu schielen.
»Also«, fuhr der Sergeant fort, »zurück zu unserem eigentlichen Thema. Dieser große Kerl mit dem Hut und dem Mantel hat eine Kerze angezündet, die nicht da war, und er hat den Rothaarigen erwürgt, der gefesselt dalag? Hab ich das richtig verstanden? Nachdem er diese Kerze angezündet hat?«
»Ja, Sir.«
»Hat ihn zu Tode gewürgt?«
»Ich glaube schon. Ja, Sir.«
»Er hat eine Kerze angezündet? Bleibst du bei der Aussage?«
»Ja.«
»Aber im Bunker waren keine Kerzen. Was hat er gemacht, hat er sie in die Tasche gesteckt und mitgenommen?«
»Die Kerzen waren da, als es passiert ist.«
»Aber jetzt nicht mehr?«
Harry schüttelte den Kopf.
Der Sergeant schürzte die Lippen und legte die Fingerspitzen aneinander. »Und er hatte einen langen Mantel an, den Kragen aufgestellt, und trug einen Hut? Dafür ist es draußen zu warm, mein Sohn. Das klingt irgendwie seltsam, dass er so dick angezogen ist.«
»Ist mir klar.«
»Und der Kerl, was hat der dann gemacht, ist er durch eine Ritze in der Wand gekrochen, hat er sich unterm Bett versteckt? Er ist ja nicht mit dir rausgegangen, oder? Hat er nichts zu dir gesagt?«
»Er wusste nicht, dass ich da war.«
»Ah. Und zwar weil …?«
»Weil es in der Vergangenheit passiert ist.«
»Das war es, was ich vorhin schon gehört habe. Wollte nur noch mal sichergehen. Also dieser Typ aus einer anderen Zeit …«
»Aus der Vergangenheit. Und es war die Erinnerung an ihn, nicht er selbst, die da war.«
»Ach ja?«
»Ja, Sir.«
»Also dieser Typ aus der Vergangenheit, der war nicht wirklich da, außer in den Geräuschen, die nur du hören kannst?«
»Ich fürchte, ja.«
»Hast du das Gesicht des Mörders gesehen?«
»Nicht richtig.«
»Bist du sicher?«
»Ja.«
»Und du hast das nicht geträumt?«
»Ich habe das nicht geträumt.«
»Du hast gesagt, du hättest solche Erlebnisse schon öfter gehabt?«
»Ja, Sir.«
»Nimmst du irgendwelche Medikamente?«
»Nein, Sir.«
»Schon mal länger in einem, du weißt schon, speziellen Krankenhaus gewesen?«
»Mich haben zwar schon so einige Ärzte untersucht. Aber abgesehen von einer Mandeloperation keine Krankenhausaufenthalte, nein.«
Der Sergeant dachte schweigend darüber nach, als versuche er innerlich, seine nächste Frage zu formulieren, bevor er sie stellte.
Kayla betrat das Zimmer. Sie brachte eine Parfümwolke mit herein, intensiv und unverwechselbar, genau wie früher. Das Zimmer beherbergte einen langen Tisch, ein paar Getränke- und Snackautomaten und einen kleinen Tisch mit einer Kaffeekanne und einer Mikrowelle darauf. Außerdem stand eine leere Donut-Schachtel – die Ambrosia der Gesetzeshüter – auf dem Tresen.
Kayla goss Kaffee in einen Pappbecher und setzte sich zu ihnen an den Tisch.
Der Sergeant schaute sie an. Harry wusste nicht genau, was dieser Blick zu bedeuten hatte, aber irgendetwas hatte er zu bedeuten.
Kayla saß steif und aufrecht da. Ihre Uniform wies keine einzige Falte auf. Ihre Miene war ausdruckslos, aber hin und wieder sah sie zu ihm her. Ihre Augen leuchteten so grün wie Edelsteine.
»Also gut«, sagte der Sergeant, »noch mal zur Zusammenfassung. Dieser Kerl, den du gesehen hast, hat jemanden in der Vergangenheit ermordet. Wann genau, weißt du nicht, aber er hat es getan, und du hast ihn gesehen, weil du Dinge siehst, die in Geräuschen stecken? Stimmt das so?«
»So ungefähr.«
»In Geräuschen?«
»Jepp.«
»Und das soll ich dir glauben?«
»Das können Sie mir wahrscheinlich nicht glauben, aber so sieht’s aus.«
»Und du behauptest, der Kerl wäre Mr McGuire.«
»Das dachte ich anfangs. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Aber jemand wurde dort ermordet, und die Erinnerung daran wurde in Geräuschen festgehalten.«
»Was meinst du, wie lange dieser Mord her ist?«
»Keine Ahnung.«
»Also hast du den Mörder nicht wirklich gesehen, sondern seinen Geist …«
»Eigentlich nur sein Abbild. Er könnte tot sein, er könnte genauso gut noch leben. Wenn es Mr McGuire ist, dann ist er eindeutig am Leben. Wahrscheinlich hätte ich nicht sagen sollen, dass er es war. Das schien mir einfach das Logischste, weil der Mörder den Ort kannte und wusste, wo die Kerzen standen. Deswegen ist mir wohl Mr
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