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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Und aus Delormes Gesicht sprach der reine Hochgenuss.
    »Sind die Meeresfrüchte okay?«
    »Okay? Sie sind phantastisch.«
    Das gute Essen hob ihre Stimmung. Während sie aßen, sprachen sie davon, wie gut sie am ersten Tag vorangekommen waren und was sie am zweiten Tag schaffen wollten. Sie hatten immer noch kein klares Motiv für den Mord an Shackley, doch falls ihnen das Schicksal wohlgesinnt wäre, würde sich vielleicht bald eines abzeichnen. Nach einer Weile kamen sie auf persönlichere Dinge zu sprechen. Cardinal fragte sie nach einem Freund, den Delorme ein-, zweimal erwähnt hatte.
    »Eric – hieß er nicht Eric? Nach dem, was Sie mir über ihn erzählt haben, schien er ein netter Kerl zu sein.«
    »O ja, er war ein netter Kerl – außer dass er meinte, er könne alles ficken, was ihm unter die Augen kommt. Manchmal kann ich verstehen, wieso Frauen lesbisch werden.«
    Für eine Weile herrschte Schweigen. Delorme sah einen Moment lang zur Seite und lehnte sich dann ein wenig vor. »John, wir haben nie wieder darüber gesprochen, seit Sie letztes Jahr beinahe gekündigt hätten, aber ich frage Sie nur unter Freunden: Macht Rick Bouchard und Co. Ihnen immer noch Druck?«
    »Ein bisschen.«
    »Ich hab’s geahnt. Und wie?«
    »Er hat eine Karte geschickt. Er hat meine Privatadresse.«
    »Er hat sie zu Ihnen nach Hause geschickt? Was wollen Sie unternehmen?«
    »Bouchard hat seine Strafe noch nicht ganz abgesessen. Ich kann nur hoffen, er baut Mist und kriegt noch ein paar Jährchen obendrauf.«
    »Ich würd mich nicht drauf verlassen.«
    »Und einiges wird wohl auf das Konto Wichtigtuerei gehen. Er ist seit zwölf Jahren im Gefängnis. Wird er wirklich riskieren, postwendend zurückzuwandern, nur um mir nachzustellen? Höchstwahrscheinlich nur Prahlerei unter Knastbrüdern.«
    »Hoffentlich. Lassen Sie’s mich wissen, wenn ich etwas tun kann.«
    »Danke, Lise. Können wir jetzt das Thema wechseln?«
    »Worüber sollen wir sprechen?«
    »Erzählen Sie mir vom schlimmsten Rendezvous, das Sie je hatten.«
    »Oh, schwer zu sagen. Die Auswahl ist groß.“
    Delorme fing eine Geschichte über ein Blind Date und einen Typen mit einem heißen Schlitten an, das mit einem Knöllchen wegen Geschwindigkeitsübertretung begann und mit einem Platten im strömenden Regen endete. Die ganzeZeit staunte Cardinal, wie verwandelt Delorme war, außerhalb des Berufs. Sie hatte ein wunderbar ausdrucksvolles Gesicht. Im Kommissariat war sie von einer unterkühlten Effizienz, die jeden auf Distanz hielt und außerdem schwer zu deuten war. Doch jetzt, nach der Arbeit und in einer anderen Stadt, ließ sie den Schutzpanzer fallen. Ihre Gesten wurden ausdrucksvoller – sie rollte die Augen, als sie ihre Fahrt mit dem heißen Schlitten beschrieb, und senkte die Stimme zu der gedehnten Sprechweise eines Blödians, als sie wiedergab, was der Kerl gesagt hatte. Cardinal war gerührt, dass sie ihm eine Seite offenbarte, die emotionaler, weiblicher und vielleicht, dachte er, auch französischer war.
    Nachdem das Geschirr weggeräumt war, blieben sie noch eine Weile zusammen sitzen.
    »Wollen Sie noch ein Bier?«, fragte Cardinal.
    Delorme zuckte die Achseln, so dass für einen Moment ihre Brüste betont wurden. Sie winkte der Bedienung am anderen Ende des Raums. »Ich hätte gern noch ein Bier. Und noch ein Labatt’s für meinen Vater?«
     
    Als sie zum Hotel zurückkamen, rief sie eines der Mädchen am Empfang zu sich. Sie sprach französisch.
    »Ms. Delorme, es tut mir leid, aber wir haben ein Problem. Auf dem Erdgeschoss ist ein Rohr gebrochen und hat alle Zimmer unter Wasser gesetzt. Ich fürchte, Sie können nicht in diesem Zimmer übernachten.«
    »Das macht nichts. Bringen Sie mich woanders unter.«
    »Das ist ja das Problem. Wir sind völlig ausgebucht. Es gibt keine anderen Zimmer.«
    »Haben Sie das mitbekommen?«, sagte Delorme zu Cardinal.
    »Mehr oder weniger.«
    »Ich schwör’s Ihnen, das nächste Mal geh ich ins Queen Elizabeth.«
    Sie drehte sich wieder zu der Empfangsdame um und sprach wieder französisch mit ihr. Cardinal verstand nicht alles, doch er nahm mit Bewunderung zur Kenntnis, dass Delorme weder die Beherrschung verlor noch die Stimme hob.
    Sie drehte sich erneut zu Cardinal um. »Es gibt ein Holiday Inn rund zwei Kilometer von hier. Sie bezahlen mir die Nacht.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie nichts anderes haben?«, sagte Cardinal zu der Empfangsdame. »In Ihrem ganzen Hotel muss es doch …«
    Das Mädchen

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