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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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antwortete mit einem starken Akzent. »Normalerweise ja, es wäre kein Problem. Aber heute Abend haben wir ein Highschool-Hockeyteam hier, das einen ganzen Stock belegt. Es tut mir leid.«
    Cardinal fühlte mit Delorme. Auf einmal sah sie sehr klein und müde aus.
    »Wie wär’s, wenn Sie mein Zimmer nehmen würden?«, sagte er. »Ich geh ins Holiday Inn.«
    »Auf keinen Fall. Ich setze Sie nicht vor die Tür.«
    »Also, die andere Möglichkeit ist, dass wir beide in meinem Zimmer übernachten. Es sind zwei Doppelbetten drin.«
    Delorme schüttelte den Kopf.
    »Benehmen wir uns wie zwei erwachsene Menschen«, sagte er ruhig. »Ich werde nicht über Sie herfallen.«
    »Wollen Sie, dass die ganze Dienststelle über uns Witze reißt? Nein, danke.«
    »Wer soll es denn erfahren? Ich werd’s bestimmt niemandem erzählen.«
    »Ich sollte woanders hingehen.«
    »Es ist ein langer Tag gewesen. Sie sind müde. Und wir wollen morgen früh anfangen. Schlafen Sie in meinem Zimmer.«
    »So wahr mir Gott helfe, John, wenn Sie irgendjemandem davon erzählen – und ich meine, irgendjemandem –, rede ich nie wieder mit Ihnen.«
     
    Cardinal legte sich schlafen, während Delorme im Badezimmer war und sich die Zähne putzte. Er wollte Catherine anrufen, kam sich aber mit Delorme in einem Zimmer komisch vor. Er zog ein Taschenbuch heraus und zwang sich, ein paar Seiten zu lesen.
    Als die Badezimmertür aufging, starrte er entschlossen weiter in das Buch, aber er konnte aus den Augenwinkeln heraus sehen, dass Delorme noch angezogen war. Er rollte sich auf die Seite, von ihr abgewandt, und dann hörte er, wie sie sich auszog, den Reißverschluss ihrer Jeans aufmachte.
    Ein tiefer Seufzer, als sie sich hinlegte. Das Zimmer war überheizt. Was hatte sie wohl unter diesen Decken an?
    Cardinal drehte sich noch einmal auf den Rücken und überlegte krampfhaft, was er sagen sollte. Er wollte auf keinen Fall etwas sagen, das zu persönlich klang, das sie als Provokation auslegen konnte, aber ihm war auch nicht danach, noch einmal mit dem Fall anzufangen. Ging es Delorme auch nur annähernd ähnlich wie ihm? Überlegte sie, was sie sagen sollte? Stellte sie sich gewisse Dinge vor? Wie zur Antwort drehte Delorme ihm den Rücken zu und knipste ihre Lampe aus. Natürlich ließ das Raum zur Interpretation. Hoffte sie, dass er den ersten Schritt machte? Schön, wie ihr Haar hinter ihr in Locken über das Kissen fiel, ihre Hüfte sich unter der Decke wölbte.
    Beim Essen hatte sie so getan, als ob er ihr Vater wäre. Weiß ich wenigstens, woran ich mit ihr bin, dachte Cardinal, die zwölf Jährchen oder so, die wir auseinander sind, hat sie mir ganz schön aufs Brot geschmiert. Er knipste seine eigene Lampe aus und beschloss, nicht mehr an sie zu denken.
    Es funktionierte nicht, und er lag lange wach.
     
    Delorme war bereits auf und vollständig angezogen, bevor der Weckruf Cardinal aus dem Schlaf holte.
    »Ich bin schon unten im Frühstückszimmer«, sagte sie, und dann war sie draußen.
    Sie fuhren Richtung Eastern Townships und über einen Knüppeldamm zu Sauvés Haus. Die Sonne war herausgekommen, und von den umliegenden Äckern blies eine steife Brise herüber. Die Felder erinnerten an einen Sumpf, der wie Metall unter der Sonne glitzert. Cardinal führte auf dem Handy ein paar Telefonate mit dem britischen Konsulat. Eine unglaublich höfliche junge Frau sagte, sie werde die notwendigen Erkundigungen einholen, und jemand würde ihn bald zurückrufen.
    »Geht’s Ihnen gut?«, fragte Delorme irgendwann. »Sie wirken ein bisschen grantig.«
    »Nur müde«, sagte Cardinal. »Ich hab nicht gut geschlafen.«
    »Tatsächlich? Ich schon.«
    Cardinal fragte sich, ob sie es ihm unter die Nase reiben wollte, dass er ihr körperlich völlig gleichgültig war. Aber wahrscheinlich sagte sie nur die Wahrheit: Physische Anziehungskraft war ihr gar nicht in den Sinn gekommen.
    Sie bogen in Sauvés Auffahrt ein und blockierten damit Sauvé selber, der gerade rauswollte. Er lehnte sich auf die Hupe, so dass Krähen und Eichelhäher von den Bäumen aufflatterten. Als Cardinal sich nicht rührte, warf Sauvé seine Lkw-Tür auf und kam zu ihnen herübergehinkt. »Ich hab Ihnen schon mal klar gemacht, dass ich den Mounties nichts zu sagen habe, oder der Sûreté oder irgendeiner anderen Polizei. Und jetzt verschwinden Sie endlich aus meiner Einfahrt.«
    »Mr. Sauvé, haben Sie einen Videorecorder? Wir haben vorsichtshalber einen mitgebracht, für den Fall, dass

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