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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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sagte Cardinal. »Sehen wir uns das nächste an.«
    Delorme klickte wieder. Diesmal brauchten sie nicht einmal zu warten, bis das ganze Bild erschien. Sie warteten auch nicht, bis der ganze Hals, dann die Schultern in voller Breite zu sehen waren. Es genügte das kurze, eng anliegende Haar mit den grauen Sprenkeln wie Eisenspänen; so viel war schon genug, um es in die engere Wahl zu ziehen. Doch die Ähnlichkeit mit dem lebenden Modell sprach aus der Mundhaltung, dem leicht aufgereckten Kinn und am meisten aus den vor Selbstvertrauen strotzenden Augen. Noch bevor der Anzug und die Krawatte eines wohlhabenden Mannes zum Vorschein kamen, sagten sie wie aus einem Mund: »Paul Laroche.«
    »Erstaunlich«, sagte Delorme. »Wie ein Schnappschuss von letzter Woche.«

26
     
    E s war gerade mal halb sieben, als Cardinal an diesem Abend das Präsidium verließ, aber es war so dunkel wie um Mitternacht. Draußen auf dem Parkplatz konnte er das Hupkonzert auf der Umgehungsstraße hören. Normalerweise sind die Fahrer von Algonquin Bay stille Fahrer, doch das Eis sorgte überall für Verspätungen, und die sprichwörtliche Geduld des Nordens war offenbar allmählich erschöpft. Er stieg in den Wagen, doch bevor er den Schlüssel in die Zündung stecken konnte, sagte eine Stimme hinter ihm: »Sieht nach mehr Regen aus, oder?«
    »Kiki. Nett, Sie wiederzusehen.« Cardinal war erstaunt, wie schnell sein Herz das Tempo verdoppeln konnte. Das war’s dann also. Schluss mit den Warnungen.
    »Klar doch. Dachte, ich schau mal vorbei.«
    »Wissen Sie, nur weil es ein Auto ist, müssen Sie nicht denken, ich könnte Sie nicht wegen Einbruchs und unbefugten Betretens drankriegen.«
    »Es war offen. Ich bin einfach eingestiegen und weggedöst.«
    »Es war abgeschlossen. Und es ist auf jeden Fall dasselbe wie bei einem Haus. Nur weil ein Haus nicht abgeschlossen ist, heißt das noch lange nicht, dass sie reindürfen, um ein Schläfchen zu halten.«
    Kiki gähnte. Seine Lederjacke knirschte, als er sich räkelte. ,,Machen wir eine kleine Spazierfahrt. Ich hab keine Lust mehr, auf einem Parkplatz rumzusitzen.«
    »Kiki, haben Sie das Wetter bemerkt? Der ganze Planet steckt unter einer Eisdecke. Es ist kein guter Tag für eine Spazierfahrt. Falls Sie mich erschießen wollen, dann müssen Sie es schon hier auf dem Parkplatz der Polizeiwache tun.«
    »Wo liegt das Problem? Ich hab einen Schalldämpfer.«
    »Da müssen Sie aber stolz sein.« Cardinal steckte seine rechte Hand langsam unter das Jackett. Es würde nicht leicht sein, an die Beretta heranzukommen: Sie war auf der linken Seite in seinem Schulterhalfter befestigt.
    »Nein. Es ist nur eine Tatsache. Nichts, um stolz drauf zu sein. Ich sage nur, dass ich es tun könnte. Ziemlich peinlich für Sie, sozusagen vor den Augen der Polente abgeknallt zu werden.«
    »Na ja, das würde mir natürlich nichts mehr ausmachen. Ich wär ja tot.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Das Halfter schien weiter weg als je zuvor. Cardinal schwankte, ob er sich die Beretta einfach schnappen sollte, fertig. Dann gab es noch die Möglichkeit, einfach aus dem Wagen zu springen, obwohl es ihm ganz und gar nicht schmeckte, vielleicht eine Kugel im Rückgrat zu haben, bevor er auch nur die Tür aufhatte. Oder er konnte sich blitzschnell umdrehen und nach der Waffe greifen, die Kiki durch den Sitz auf ihn richtete. Wenigstens wäre er dann ein bewegliches Ziel.
    »Kennen Sie jemanden namens Robert Henry Hewitt?«
    Wudky. Cardinal hätte Wudky niemals mit Kiki B. und Rick Bouchard in Verbindung gebracht. Nicht in tausend Jahren. »Ja, ich kenne Robert«, sagte er. »Ich wusste nicht, dass Sie beide Freunde sind.«
    »Sind wir auch nicht. Er ist nur im selben Flügel wie Ricky, das heißt, er war es.«
    »Was soll das heißen, ›er war es‹? Ist Robert was zugestoßen?«
    »Sehen Sie, genau deshalb sind Sie kein guter Cop, Cardinal. Sie sind ein miserabler Menschenkenner.«
    »Ich geb zu, dass ich ab und zu überrascht werde.«
    »Im Knast bleibt eben nichts geheim, das ist das Problem. Irgendwie kriegt dieser kleine Blödmann, Ihr Kumpel, spitz,dass Bouchard jemanden auf Sie ansetzt. Und das regt ihn mächtig auf. Also geht er zu Bouchard und versucht, es ihm auszureden. Wär allzu gern dabei gewesen.«
    Cardinal wäre auch allzu gern dabei gewesen.
    »Erst erzählt er ihm schon mal, dass er sich in Ihnen täuscht. Würde John Cardinal im Traum nicht einfallen, nix zu stehlen – das ist das Hewitt-Evangelium. Offenbar

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