Blutiges Eis
Laroches Lebenslauf zu rekonstruieren und, wenn möglich, mit dem Gre nelles in Deckung zu bringen. Mit Hilfe von Zeitungsberichten undLaroches Sozialversicherungsnummer konnten sie ihn bis zur Société d’aide à l’enfance in Trois-Rivières, einer Stelle des Kinderhilfswerks, zurückverfolgen. Er hatte bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr in einem Gruppenheim gelebt; danach hatte die Organisation den Jungen aus den Augen verloren. Nein, sagten sie auf Delormes Frage, Fotos hatten sie nicht.
Cardinals Pulsschlag beschleunigte sich, als er erfuhr, dass die Société auch einen etwas älteren Jugendlichen namens Yves Grenelle betreut hatte, und zwar in der gleichen Gruppe. Wieder keine Fotos, keine Akten nach dem sechzehnten Lebensjahr. Als er aus den Wirren nach dem Oktober 1970 entkommen war, könnte Yves Grenelle einfach den jungen Laroche nach Paris eingeladen, ihn getötet und seine Identität angenommen haben; es wäre dann so gewesen, als hätte es nie einen Yves Grenelle gegeben. Andererseits hätte auch ein Dritter, der sie beide kannte, beide Namen benutzen können. Ohne Fotos aus dieser frühen Zeit führte die Spur in eine Sackgasse.
Beacom Security hatte seinen Sitz über einem leer stehenden Ladenlokal in der Main Street. Was Ed Beacom auch verdienen mochte, seit er die Polizei verlassen hatte, war sicher nicht in die Ausstattung seines Büros geflossen. Außer ein paar Vitrinen, in denen er die unterschiedlichsten Schlösser und Alarmanlagen ausstellte, handelte es sich im Wesentlichen um einen leeren Speicher, den die billigen Linoleumböden und grellen Neonlampen nicht gerade bereicherten.
Beacom führte Cardinal und Delorme in sein Büro – das gleiche Linoleum, dieselbe Supermarktbeleuchtung – mit Blick zur Hauptstraße.
»Was sagen Sie zu diesem Wetter, hey? Müsste die Kriminalitätsrate drücken, hoffen wir mal.« Beacom war ein bulliger Typ um die fünfzig mit einem imposanten Brustkasten. Seinblauer Blazer spannte an den Nähten. Er zog zwei Plastikstühle, die an der Wand standen, nach vorne. »Mehr kann ich Ihnen leider nicht bieten – wir können nicht alle das große Geld scheffeln.«
»Ehrlich gesagt«, eröffnete Cardinal das Gespräch, »weiß ich nicht so recht, was wir hier sollen. So schwer kann es doch nicht sein, für einen Fundraiser Personenschutz zu organisieren.«
»Da muss ich Ihnen Recht geben. Ich weiß auch nicht, was Sie dabei sollen, aber das hier ist Paul Laroches Show, und was Paul Laroche will, das bekommt er.«
Beacom griff in eine Schublade und zog eine dünne Akte heraus. Er machte sie auf und blätterte darin, während er weiterredete. »Ich stehe mit dem CSIS in Verbindung und, ehrlich gesagt, halten die es für ziemlich ausgeschlossen, dass dieser Fundraiser im Fadenkreuz irgendwelcher terroristischen Vereinigungen stehen könnte, für die sie sich interessieren.«
Cardinal lachte.
»Was ist so komisch?«, fragte Beacom. »Wenn daran was komisch war, würde ich gerne mitlachen.« Er zog einen Grundriss des Highlands Ski Club heraus und breitete ihn auf dem Schreibtisch aus, um anschließend mit einem dicken Finger darauf herumzupochen. »Ich selber werde hinter der Bühne sein. Da gibt es eine gute Stelle, von der aus ich den ganzen Raum überblicke. Mantis wird ein paar Bodyguards dabeihaben. Und es geht das Gerücht, es würde noch ein ehemaliger Premierminister kommen. Für den werden sie auch ein paar Jungs mitbringen. Ich hab mich schon mit ihrer Vorhut abgestimmt.«
»Und wie viele stellen Sie?«, fragte Delorme.
»Vier, inklusive meiner Wenigkeit. Meine Leute stehen hier, hier und hier. An den Ausgängen, wie Sie sehen, nicht an den Festtafeln. Wir können uns nicht alle unter die Reichen und Mächtigen mischen.«
»Glauben Sie etwa, wir wären auf dieses verdammte Dinner scharf? Meinen Sie, wir hätten nichts Besseres zu tun?«
Delorme warf ihm einen Blick zu, der ihm sagte: »Ganz ruhig.«
»Mir ist eigentlich egal, was Sie sonst noch zu tun haben«, sagte Beacom.
Es trat eine lange Pause ein, in der Cardinal überlegte, ob er gehen sollte.
»Ich denke, Sie kommen am besten an diese Tische«, sagte Beacom. Er wies auf zwei Ecktische auf je einer Seite im vorderen Teil des Speisezimmers. »Ich soll Ihnen heute sagen, wo wir Sie platzieren, also sagen Sie’s jetzt, wenn Sie irgendetwas einzuwenden haben.«
»Sieht gut aus, einverstanden«, sagte Delorme.
Cardinal zuckte die Achseln. »Solange wir ihn von hinten
Weitere Kostenlose Bücher