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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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nächsten Sarg trat, stellte ich fest, dass die Frau die gleiche Operation über sich hatte ergehen lassen müssen. Nur mit dem Unterschied, dass ihr das Kinn aufgeschnitten worden war. Dort, wo die Naht nicht richtig geschlossen worden war, war ein Stück Silikon zu sehen. April Brunel. Die zweite Entführte. Die Särge waren in zeitlicher Reihenfolge angeordnet.
    Plötzlich ertönte hinter mir ein Geräusch.
    Ein dumpfes Klappern.
    Ich wartete auf eine Wiederholung, aber nichts geschah. Nur ein Surren. Da wusste ich, dass ich recht gehabt hatte: ein Generator.
    Das Licht ging an.
    Im ersten Moment war ich verwirrt. Dann wurde mir der Grund klar. Das Licht war violett. Über uns verliefen Neonröhren den ganzen Raum entlang, die einen dämmrigen Schein verbreiteten. Der Effekt hatte etwas Wässriges, plötzlich traten alle Gegenstände im Raum hervor, ohne klare Konturen zu gewinnen.

    Der Raum war nicht annähernd so groß, wie es den Anschein gehabt hatte. Nur die Decke war hoch  – etwa zwanzig Meter  – und hatte die Form eines halben Ovals, was an den Mittelteil eines Eisenbahntunnels erinnerte. Überall standen Kisten, doch der Großteil von ihnen war links von mir aufgestapelt. Die Särge waren rechts angeordnet. Dahinter führte ein Torbogen in einen Raum, in dem weitere Schaufensterpuppen in Reih und Glied aufgebaut waren wie eine Armee.
    An der gegenüberliegenden Seite des Raums in der Ecke waren die Fotos der vermissten Frauen in zwei Reihen an einer weiß gestrichenen Wand aufgehängt. Vier oben, fünf unten. Auf das Gesicht jeder Frau waren gestrichelte Linien aufgemalt. Markierungen für die Operation. Rings um die Fotos war eine Collage drapiert: Zeitungsausschnitte, anatomische Zeichnungen, Querschnitte von Gesichtern, Grundrisse von Gebäuden. Und noch mehr Fotos. Markham. Frank White. Jamie Hart. Charlie Bryant. Mein Haus. Meine Küche. Mein Wohnzimmer. Liz und ich auf der Veranda ihres Hauses.
    Dann ging das Licht wieder aus.
    Absolute Dunkelheit.
    Megan rückte noch enger an mich heran und presste, die Augen weiterhin geschlossen, das Gesicht an meine Brust. An den Bewegungen ihrer Schultern spürte ich, dass sie weinte, und ich hörte das leise Geräusch, als sie versuchte, das Schluchzen zu unterdrücken. Ich legte ihr die flache Hand auf den Hinterkopf. Dann tastete ich mich vorsichtig weiter vor.
    Etwa zwei Meter vor mir bemerkte ich einen orangefarbenen Schimmer auf dem Boden.
    Healys Telefon.
    Am Rande des Lichtkegels konnte ich eine Hand erkennen. Die Pistole lag etwa einen halben Meter entfernt. Als wir noch einen Schritt vorwärts machten, kam Healy selbst in Sicht. Er lag bäuchlings auf dem Boden und blutete am
Kopf. Neben ihm stand der Hund und drückte die Schnauze gegen seine Brust. Die Hauttransplantation an seinem Kopf schien sich entzündet zu haben. Als der Hund uns ansah, verwandelten sich seine Augen in leuchtende Stecknadelköpfe. Im nächsten Moment machte er kehrt und lief in entgegengesetzter Richtung davon.
    Wenn der Hund hier drin ist, muss es einen Ausgang geben.
    Ich tätschelte Megan, um ihr mitzuteilen, dass wir weitergehen würden, und setzte meinen Weg fort. Als wir Healy erreichten, gab er leise Geräusche von sich, so als entwiche Luft einem Ballon. Er lebte zwar noch  – war aber dem Tode nah. Sein Blut war auf dem Boden und dem Sarg neben ihm verteilt.
    Dem sechsten.
    Leanne.
    Sie blickte mit aufgerissenen Augen durch den Deckel. Ihre Haut hatte die Farbe von Schnee. In diesem Moment fühlte ich mich, als hätte sich Healys Bedürfnis nach Rache voll und ganz auf mich übertragen. Ich spürte seinen Schmerz. Seine lodernde Wut. Sein Bedürfnis, um sich zu schlagen.
    »Ohhhhhhh …«
    Als Healy stöhnte, sprang der Generator an, und wieder ergoss sich violettes Licht über uns. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sich etwas bewegte. Eine verschwommene Gestalt, die von rechts nach links huschte. Schritte hallten auf dem Boden. Er will mich verwirren. Ich drückte Megan fester an mich und sah ihr ins Gesicht.
    Und da bemerkte ich meine Hände.
    Sie waren leuchtend orangefarben. Meine Finger, Handflächen und Handgelenke leuchteten. Dasselbe galt auch für meine Jackenärmel. Ich blickte an mir herunter. Auch meine Hose und meine Schuhe wiesen Spuren auf. Megans Schultern und ihr ärmelloses T-Shirt leuchteten ebenfalls, dort, wo ich die Arme um sie gelegt hatte.

    Ich schaute zu Healy hinüber.
    Genau das Gleiche: Hände, Arme, Beine, Kleider, Schuhe,

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