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Blutinsel

Blutinsel

Titel: Blutinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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zurückzustellen, um neue Eindrücke vom Festland in sich aufzunehmen. Seit sechs Monaten war er nun auf der Insel, und die Einsamkeit schlug ihm immer mehr aufs Gemüt. Zu Beginn ihrer trauten Gemeinsamkeit war es noch amüsant und eine ganz neue Erfahrung für ihn gewesen, die Monate hier abseits des gewohnten Lebens auf dieser Insel zu verbringen. Doch inzwischen hatten das Eiland und Linda immer mehr an Reiz verloren. Linda wurde zunehmend unausstehlicher, und sein morgendlicher Dauerlauf entlang der Klippen des Western Peak war mittlerweile schon zur Routine geworden, um wenigstens für eine Stunde ihrer steten Nähe zu entfliehen. Die Menschen im Dorf waren nicht viel mehr als zurückgebliebene Hinterwäldler, und nach seinen ersten Besuchen im Hell’s End im letzten Jahr hatte er auch keine Lust mehr, in der Bar angestarrt zu werden wie ein Elefant mit zwei Rüsseln. So hatten sich seine Besuche im Ort in den letzten Wochen auf das Nötigste beschränkt. Er fühlte, wie ihm allmählich die Decke auf den Kopf fiel. Das war der Preis dafür, dass er mit einer weltbekannten und reichen Schriftstellerin zusammenlebte, die Ruhe und Muße zum Schreiben brauchte, auch wenn sie seit Jahren nichts Vernünftiges mehr zu Wege brachte. Dennoch, das letzte Jahr war für ihn ganz gut gelaufen, denn seine Engagements in der Werbebranche hielten sich schon seit geraumer Zeit in Grenzen. Linda war reich und ein paar Jahre älter als er. Doch was tat man nicht alles für ein sorgenfreies Leben. Er musste sie einfach davon überzeugen, diese Insel schnellstmöglich zu verlassen, bevor ihre Gehirngänge ganz verstaubten. Er sehnte sich nach der Sonne Floridas. Er sprang auf, als Pat Eaves das 1:0 für die Red Wings erzielte. Detroit war seine Geburtsstadt, und die National Hockey League war alles, was ihn auf der Insel vom Trübsinn ablenken konnte. Bevor er sich wieder auf der Couch niederließ, ging er in die Küche, um sich ein eiskaltes Bier zu holen. Als sein Blick durch das Fenster hinaus in den Nebel fiel, blieb er wie versteinert stehen. Es war, als ob der Nebel rot glühte. Erstaunt fuhr er sich über die Augen. Plötzlich splitterte die Scheibe und etwas Großes flog auf ihn zu. Nathan Cole ließ sich zu Boden fallen. Ein lauter Schrei kam über seine Lippen, als der Stein auf dem Küchenschrank landete und eine große Macke im lackierten Holz hinterließ.
    » Verschwinde endlich, du Mörder! « , brüllte jemand. Nathan war voller Angst. Auf dem Boden robbte er aus dem Zimmer. Das Licht im Flur flackerte auf.
    » Was ist denn da unten los, Nat? « , rief Linda Crawford durch das Treppenhaus. » Ich habe Migräne und will schlafen. «
    » Bleib oben und ruf die Polizei! « , schrie Nathan Cole. » Uns will jemand überfallen. «
    » Du spinnst! « , entgegnete Linda Crawford und kam die Treppe herab. Sie sah Nathan, der hinter einem Sideboard auf dem Boden kauerte und ein Küchenmesser in den Händen hielt.
    » Da draußen ist jemand … sei vorsichtig! «
    » Ich schreibe doch keine Gruselromane « , erwiderte Linda und betrat die Küche. Sie warf einen langen Blick durch das zerborstene Fenster.
    » Was soll das, da ist niemand. Was ist denn passiert? «
    Nathan Cole erhob sich zögerlich, das Messer hielt er umklammert. In der anderen Hand hatte er einen faustgroßen Stein.
    » Der flog durchs Fenster, beinahe hätte es mich erwischt. «
    » Diese elenden Schweine « , brüllte Linda und griff nach dem Stein. » Hast du jemanden gesehen? «
    » Draußen war ein Licht, dann kam der Stein durch das Fenster geflogen « , stammelte Nathan. » Ich habe mich geduckt. Sie haben gerufen, dass wir verschwinden sollen. «
    Linda stürmte zur Eingangstür und riss sie auf. » Ich sorge dafür, dass ihr alle im Knast schmort! « , rief sie in die Dunkelheit.
    Nathan Cole blieb in der Tür stehen und wartete, bis Linda lauthals fluchend zurückkehrte.
    » Diese feigen Hunde … das lasse ich mir nicht bieten. Ich rufe die Polizei, ich gebe nicht eher Ruhe, bis die Kerle hinter Gittern sind « , schrie sie und griff zum Telefonhörer.

9
    Naugatuck, Ansonia Expressway, Connecticut,
    16 . März 2007 , 00 . 20 Uhr (Freitag)
    Der Sheriff vom New Haven County hatte keine Sekunde verstreichen lassen und sofort nach dem Auftauchen des Tierarztes aus Sunderland an der Tankstelle am Ansonia Expressway den U.S.-Marshall Sevice in Boston verständigt.
    Donovan, der gerade Bereitschaftsdienst schob, hatte ebenfalls keine Zeit versäumt und

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