Blutjägerin (German Edition)
sie fest. Er hob ihren Kopf am Kinn hoch. Zwei gewaltige Fänge schoben sich aus seinem Kiefer und seine Pupillen veränderten sich. Sie schaute nicht mehr in das Gesicht eines Menschen, sondern in das eines Raubtieres. Verflucht, was nun?
„Du hast jemanden getötet, der uns sehr nahestand.“ Seine Finger drückten grob auf ihre Lymphknoten, bis der Schmerz kaum noch erträglich war.
„Waren Sie das mit meinem Wagen?“ Ihre Stimme erstarb in einem Keuchen.
Er schüttelte den Kopf. „Brüder von mir.“ Sein Gesicht kam näher. Im Gegensatz zu seiner Bekannten roch er nicht wie ein verfaulter Kadaver, sondern nach Schweiß und billigem Aftershave. „Du wirst bestimmt besser schmecken als er.“ Mit einer flüchtigen Kopfbewegung deutete er auf den Polizisten im Auto, der noch immer zusammengesackt im Wagen lag.
Die unsichtbare Kraft ließ kurz nach. Mit einer raschen Bewegung riss sie sich los. Der Mann war sofort wieder bei ihr. Sein Griff war nun noch fester und grober.
„Wohin willst du?“ Er packte sie erneut am Hals. „Du gehst nirgendwo mehr hin.“ Er fauchte leise und dann stieß sein Kopf vor. Sie schloss die Augen, den Biss seiner Reißzähne erwartend.
Der Mann hielt plötzlich inne. „Was wollt ihr hier?“, schrie er und ließ von Sophie ab.
Als sie ihre Augen öffnete, sah sie, dass er über sie hinwegblickte. Sophie schaute über die Schulter. Sie erkannte nichts. Dennoch schien dort jemand zu sein, der die Aufmerksamkeit des Vampirs erregte und ihn Schritt für Schritt zurückweichen ließ.
Nur weg hier. Sophie nutzte den Moment. Sie lief um das Wrack ihres Citroëns herum, sprang kurzerhand in den Polizeiwagen, warf den Motor an und trat auf das Gaspedal.
„Verschwinde Vermont, das ist eine Sache zwischen ihr und meinem Clan“, brüllte der Halbblüter.
Der Streifenwagen setzte sich mit quietschenden Reifen in Bewegung.
Gerald trat aus dem Schatten, als er sicher war, dass Sophie ihn nicht mehr sah. Er hatte das Schauspiel beobachtet. Nachdem er sich ursprünglich noch einmal am Tatort umsehen wollte, hatte der zerstörte Wagen seine Aufmerksamkeit erregt. Clement hatte die Besitzerin des Kennzeichens binnen weniger Sekunden im Netz gefunden.
Langsam ging er auf den Polizisten zu. „Falsch“, sagte er in ruhigem Ton. „Nun ist es eine Sache zwischen dir und mir.“
„Was gibt dir das Recht?“ Die Stimme des Mannes verlor an Überzeugung.
„Die Gesetze des Rates.“ Gerald blieb stehen.
„Ach, dann schützen diese Gesetze nun also eine Vampirmörderin.“ Der Mann musste eine kurze Unsicherheit in Geralds Miene bemerkt haben, denn er gewann wieder an Selbstvertrauen. „Oder stimmt es etwa nicht, dass die kleine Schlampe eine Jägerin ist?“
„Die Gesetze dienen einzig dem Schutz unseres Volkes. Aber ich erwarte nicht, dass jemand wie du die Intelligenz besitzt, das zu verstehen“, entgegnete Gerald und unterdrückte die Wut, die das Wort Schlampe in ihm hervorrief. Was zum Teufel machte er hier? Er stand da, stritt zur Verteidigung eines Menschen mit diesem Vampir und hätte vermutlich keinen Augenblick gezögert, diesen Mann zu töten, um Sophie Lacoste zu schützen.
„Was willst du nun mit mir machen, Vermont?“
„Du kannst dein Anliegen dem Gericht des Rates vortragen.“ Das verschaffte Sophie etwas Luft, zumindest, bis er wusste, welchen Zwist sie mit dem Clan dieses Halbblüters austrug und bewahrte ihn davor, eine furchtbare Dummheit zu begehen.
Ihr Herz raste, als sie den Wagen wendete und den Franz-Josephs-Kai entlang beschleunigte. Den regungslosen Polizisten auf dem Beifahrersitz schleuderte es wie eine Puppe hin und her. Er schlug mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe und das Armaturenbrett. Sophie dachte nicht daran, stehen zu bleiben. Der Mann war vermutlich ahnungslos in die Sache hineingeraten, doch nun stellte er eine ebenso große Gefahr dar wie der Vampir.
Sie musste weg, möglichst weit, am besten in die Nähe ihrer Studiowohnung, um den Polizeiwagen irgendwo in einer Gasse abzustellen und die letzten Meter zu Fuß zu laufen, damit niemand Verdacht schöpfte.
Was dachte sie für einen Unsinn? Der Polizist wusste, wer sie war und bestimmt auch, wo sie wohnte. Ihre Wohnung war nicht mehr sicher. Also machte es wenig Sinn, war sogar gefährlich, dorthin zurückzukehren. Nicht, bevor der Morgen anbrach und selbst dann konnten sie ihr dort auflauern.
Eine Stimme ließ sie aus ihren Gedanken fahren. Die Puppe bewegte sich, murmelte
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