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Blutjägerin (German Edition)

Blutjägerin (German Edition)

Titel: Blutjägerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.K. Brandon , Liz Brandon
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einen Tag beizulegen. Ihr Vater war immer der Erste, der zu diesen Treffen erschien, eine Kerze anzündete und in Stille betete und weinte. Deshalb verstand Sophie nicht, was ihn in diesem Jahr bewog, die Tradition zu brechen.
    Sie hoffte, dass ihm nichts zugestoßen war. Vielleicht hatte er beschlossen, mit der Vergangenheit abzuschließen, oder es fiel ihm zu diesem Jahrestag besonders schwer, zu kommen. Aber er hätte es ihr wenigstens sagen können, damit sie sich keine Sorgen machte.
    Sophie wartete, bis die Uhr des Kirchturms acht schlug. Die Kälte war ihr inzwischen unter die Haut gekrochen. Mit steifen Fingern zog sie das Handy aus der Handtasche, in der Hoffnung, den klärenden Anruf überhört zu haben. Statt eines Anrufs von ihrem Vater wartete nur eine SMS von Dora und Meike, ihren engsten Freundinnen, darauf, beantwortet zu werden. Sie hatten sich um halb neun in ihrer Stammpizzeria in der Wiener Innenstadt verabredet. Eigentlich hatte sie den Abend für das Treffen mit ihrem Vater reserviert. Da sie jetzt nicht allein sein wollte, beschloss sie, die Einladung anzunehmen. Sie antwortete per SMS, dass sie nachkommen würde und die beiden ihr etwas von der Flasche Wein übrig lassen sollten. Dann verabschiedete sie sich in Gedanken von ihrer Mutter und machte sich auf den Weg zum Auto.
    Sie ging den Weg über den Zentralfriedhof zurück in Richtung Parkplatz. Die Kälte brannte in ihrem Gesicht und sie sehnte sich nach der Wärme ihres Wagens und einer Tasse heißen Tee beim Italiener. Sie mochte den Winter nicht. Sobald die Temperaturen gegen null gingen, dachte sie jedes Jahr daran, mit den Vögeln in den Süden zu ziehen. Das blieben Tagträume, denn in Wirklichkeit war sie froh über das bisschen Stabilität in ihrem Leben. Wien war zum Mittelpunkt ihres derzeitigen Lebensabschnittes geworden, daran sollte sich so schnell nichts ändern. Nach der langen Zeit, in der sie versucht hatte, sich selbst zu finden, war endlich etwas Ruhe eingekehrt.
    Als sie sich von ihrem Vater und seiner Bestimmung abgewandt hatte, war sie durch ein Tal der Emotionen gewandert, hattehalb Europa unsicher gemacht, Dutzende Jobs gehabt und zwei Studien abgebrochen, ehe sie sich als Grafikerin selbstständig gemacht hatte.
    Nur in der Liebe fand sie kein Glück, aber das war im Augenblick zu verschmerzen. Irgendwann würde es schon funken und mit sechsundzwanzig blieb ihr noch Zeit. Bis dahin hatte sie ihre Freundinnen, damit sie sich nicht einsam fühlte. Und Geheimnisse im Nachttisch, die wesentlich ausdauernder waren als so mancher Schönling, der glaubte, ihr den Hof machen zu müssen, um in dreißig Sekunden seine Bedürfnisse zu befriedigen und auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.
    Sophie hatte den halben Weg in Richtung Gittertor zurückgelegt, als sie eine Bewegung zwischen den Bäumen bemerkte. Vielleicht vierzig, fünfzig Meter vor ihr. Etwas huschte durch den fahlen Lichtschein, den die Laternen zwischen die Bäume warfen, und verschwand wieder. Sie hielt inne und lauschte. Wieder sah sie etwas, das ihr weit größer erschien als alle infrage kommenden Tiere.
    „Hallo? Ist da jemand?“ Sie lauschte mit angehaltenem Atem. Schnelle Schritte knirschten im Schnee, begleitet von einem unterdrückten Schnauben, das an das Hecheln eines Hundes erinnerte.
    „Wenn man Sie eingeschlossen hat, kommen Sie raus, ich habe einen Schlüssel.“
    Sie erhielt keine Antwort. Es knackte im Gebüsch, dann wieder ein Rascheln und hastige Schritte, allerdings auf der anderen Seite des Weges. Es schien, als bewege sich dieses Etwas schneller als ihr Blick erfassen konnte. Ihre Nackenhärchen sträubten sich unter dem eisigen Schauder, der ihr Rückgrat entlanglief.
    „Hallo?“ Sophies Stimme klang längst nicht so forsch, wie sie vorgeben sollte. Wieder huschte ein Schatten zwischen den Bäumen entlang, schien blitzschnell die Seite des Weges zu wechseln, als wolle er mit ihr spielen wie eine Katze mit einer Maus.
    Sophies anfänglich mulmiges Gefühl steigerte sich in gehetzte Unruhe. Adrenalin flutete ihre Adern und verdrängte die Kälte. Ein Geräusch hinter ihr ließ sie herumwirbeln. Ihr Blick flog an den Gräbern und Bäumen entlang, bis sie für einen Moment einen verzerrten grauen Schweif erfasste. Kein Tier, das sie kannte, bewegte sich mit einer derartigen Geschwindigkeit. Eine böse Vermutung stieg auf. Nein. Vielleicht irrte sie sich und es war nur ein verrücktes Windspiel, eine Böe, die durch die Bäume zirkulierte.

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