Blutjägerin (German Edition)
weiter. Der kurze Abstand bot ihr die Möglichkeit, durchzuatmen, dann stand die Vampirin wieder vor ihr. Das Ganze geschah mit einer Schnelligkeit, die Sophie nur durch ein Verschwimmen des Bildes der Umgebung erahnte.
„Wohin willst du denn?“, fragte die Vampirin mit schmollender Miene. „Denkst du, ich lasse dich gehen?“ Sie hob die Hand, strich mit ausgestrecktem Zeigefinger über Sophies Wange und Kinn. „Hm?“, schnurrte sie und öffnete weit ihren Mund, offenbarte ihre mörderische Zahnpracht, deren Reißzähne einem Raubtier in nichts nachstanden. „Ich möchte von dir naschen und vielleicht noch etwas mehr.“
Sophie wich einen Schritt zurück. Ihre rechte Hand umschloss den Dolch in der Tasche. Sie versuchte, nicht zu zittern.
„Denk nicht daran“, fauchte die Vampirin, umschloss Sophies Handgelenk wie ein Schraubstock. „Ich hasse Pfefferspray und den sonstigen Kram, den ihr in euren Handtaschen tragt.“
Der Schmerz ließ Sophie die Hand öffnen. Tränen füllten ihre Augen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.
Die Vampirin zog sie heran, presste sich an sie und packte sie am Haarschopf. Sie riss ihren Kopf unsanft nach hinten. Sophie versuchte, sich zu befreien. Vergebens. Die weibliche Bestie zog noch fester an ihrem Haar und umklammerte ihre Handgelenke noch kräftiger, als wolle sie ihr die Knochen brechen. Sie spürte die Spitzen der Reißzähne wie Zinken einer Gabel über ihre Haut kratzen.
„Ich dachte, eure Gesetze verbieten es, Blut aus Adern zu trinken“, brachte sie hervor.
Tatsächlich reagierte die Vampirin. Fauchend hob sie den Kopf, musterte Sophie. „Unsere Gesetze? Was weißt du schon von unseren Gesetzen?“ Der Blick der Blutsaugerin wirkte einen Augenblick verunsichert, ehe sie sich wieder in der Gewalt hatte. „Ich halte mich nicht an diese Gesetze.“ Die Farbe ihrer Augen änderte sich von Bernsteinfarben zu Schwarz. Sie riss erneut an Sophies Haar und beugte sich vor. Jetzt stank ihr Atem nach ungepflegten Zähnen und fauligem Zahnfleisch.
„Wovon ernährst du dich sonst, Aas?“, stieß Sophie hervor. Vielleicht würden Beleidigungen sie von ihrem Vorhaben ablenken.
„Halt endlich dein Maul, Schlampe.“
Für einen Moment verlor die Vampirin die Konzentration und löste den Griff von Sophies Hand, um sie an der Hüfte heranzuziehen. Diese winzige Chance wusste Sophie zu nutzen, stieß ihre Hand in die Tiefe der Tasche, riss den Dolch heraus und rammte zugleich der Frau das Knie in den Unterleib. Überrascht vom Widerstand des Opfers wich die Vampirin zurück. Sophie verlor keine Zeit und stach mit aller Kraft zu, wie ihr Vater sie Hunderte Male an einer Puppe hatte üben lassen.
Der Dolch traf zwischen die Rippen, zerschnitt Haut, Fleisch, Sehnen und tauchte tief ein, ehe sich der tödliche Inhalt entlud.
Die Vampirin schlug zornig um sich. Ein Hieb traf Sophie und fegte sie von den Beinen. Das Blut der Bestie tränkte den Mantel. Er glänzte im fahlen Licht. Die Blutsaugerin zog den Dolch aus der Brust, schrie vor Schmerz und die Säure tat ihre Arbeit. Ungläubig betrachtete sie die Wunde.
„Du dreckiges Miststück. Was ist das für eine Scheiße?“
Sophie rappelte sich hoch und konzentrierte ihre Kraft auf einen Tritt, mit dem sie die Vampirin zu Boden beförderte. Das Licht der Laternen offenbarte ein grausames Bild von sich zersetzendem Fleisch. Aus der Stichwunde war ein faustgroßer Krater entstanden, der sich weiter ausbreitete.
Die Vampirin zuckte und zappelte. „Verdammte Scheiße, verdammt!“, schrie sie, starrte aus weit aufgerissenen Augen auf die immer größer werdende Wunde.
Sophie lief es eiskalt über den Rücken. Auch wenn die Vampirin eben noch über sie herfallen wollte, empfand Sophie das Schauspiel des Todeskampfes unter geänderten Vorzeichen keineswegs als Sieg. Sie erfasste den furchtbaren Schmerz in den Augen der verendenden Kreatur und wusste, dass nichts die Wirkung der Säure rückgängig machen konnte. Das Konzentrat reagierte sofort mit dem Organismus eines Vampirs, breitete sich schneller aus als bei einem Menschen und war nicht aufzuhalten. Trotz ihres Hasses auf diese Spezies musste Sophie ihr Opfer aber nicht leiden lassen. Beherzt griff sie nach ihrem Dolch, atmete tief durch und rammte die Klinge in die Brust der Vampirin. Dieses Mal traf sie ins Herz. Ein dicker Schwall wässrigen Blutes drückte den Dolch aus der Wunde. Die Vampirin hob noch ein Mal den Brustkorb, dann starb sie mit einem leisen
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