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Blutkirsche

Blutkirsche

Titel: Blutkirsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Weitbrecht
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Plastiktüten. Sie tranken Bier und das schon länger, wie sie an den herumliegenden Flaschen erkennen konnte.
    Ihre Schwester trank heimlich. Sie saß nicht auf Parkbänken, da war sich Anne sicher. Wenigstens hatte Sieglinde seit gestern keinen Alkohol zu sich genommen und schlief seit Stunden im Gästezimmer.
    Ihre Mutter solle sie anrufen, falls es Probleme gab, das hatte Anne ihr am Morgen empfohlen. Magda solle bei ihrer Tochter bleiben und aufpassen. Inzwischen würde Anne ihr ein Aufbaumittel, Vitamine, was auch immer nötig sei, besorgen. Das war das Wenigste, was sie im Augenblick für ihre Schwester tun konnte, alles andere lag an Sieglinde, und ob sie bereit war, sich bei einer Suchtberatung helfen zu lassen. Anne kam sich schuldig vor, wie hatte sie die Anzeichen so überhören, übersehen können? Wann hatte sie sich das letzte Mal mit Sieglinde getroffen und richtig mit ihr gesprochen? Dabei waren sie sich einmal so nahe gewesen.
     
    Die Apotheke mit dem Feuerbacher Maskottchen – dem Raben – befand sich in der Stuttgarter Straße gegenüber dem Geldinstitut. Auf dem Weg dorthin wollte Anne fast schon den Bürgersteig wechseln. Eine Handvoll Menschen versperrten ihr den Weg, weil sie sich um einen Mann auf Knien gruppierten, der irgendetwas in den Boden einfügte. Als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass er in das Trottoir einen Pflasterstein aus Messing einklopfte. ,Stolperstein‘ und ein Name war darauf eingraviert.
    Jetzt fiel ihr ein, ihre Freundin Miriam hatte ihr von der Aktion erzählt, und auch in der Nord-Rundschau wurde veröffentlicht, dass vor Häusern, in denen ehemals Juden gewohnt hatten, solche Erinnerungssteine verlegt wurden.
     
    |96| Als Anne das Dezernatszimmer betrat, sah sie Marco völlig vertieft auf die Tastatur seines Computers einhacken. Neben ihm stand ein aufgeklappter Laptop.
    „Chefin, gut dass Sie da sind, die Kriminaltechnik hat uns den Rechner des Opfers vorbeigebracht. Ich habe die Festplatte herausgenommen und in ein externes Gehäuse eingebaut, damit ich schneller das Passwort knacken kann – hoffe ich.
    Außerdem hat der Provider die Einzelverbindungsnachweise des Handys geschickt.“
    „Danke, Fachmann. Das mit dem Handy sind ja gute Nachrichten“, freute Anne sich und zog einen Bürostuhl heran. „Lass mal sehen. Ist was Interessantes dabei?“
    „Weiß nicht, Chefin, aber besser Sie schauen selbst rein!“ Marco runzelte die Nase, verzog seinen Mund, sodass sein Gesicht zerknittert aussah.
    „Warum? Was ist los?“ Anne las die ausgedruckten Telefonnummern. Jetzt verstand sie Marcos Gesichtsausdruck. Eine Zahlenfolge kannte sie, erst am Samstag erschien diese Nummer auf ihrem Display. Es war die Telefonnummer ihres Ex-Mannes Günther Wöhrhaus. Was hatte der mit Harry Kohl zu tun? Dem musste sie nachgehen. Aber vorher sollte sie dem Dezernatsleiter die Sachlage mitteilen, sie wollte sich nicht nachsagen lassen, dass sie aus einem Interessenkonflikt heraus falsch handelte.
    Berger war einverstanden, dass Anne weiterhin ermitteln und nicht wegen Befangenheit abgezogen werden solle. „Du bist doch schon fünf Jahre geschieden und es sind keine persönlichen Bindungen mehr vorhanden.“
    „Falls man ein gemeinsames Kind als persönliche Bindung außen vor lässt, dann nicht!“, entgegnete Anne.
    „Wenn es für dich kein Problem ist, ich vertraue dir und bin jetzt informiert und kann notfalls auf Anfragen reagieren“, antwortete der Dezernatsleiter und fügte hinzu: „Der neue Chef kommt übrigens noch diese Woche und stellt sich vor. Damit du Bescheid weißt.“
    Anne wusste Bescheid, sie schluckte.

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    Die ehemalige Klavierfabrik in der Scheffelstraße hatte Günther zu Lofts umgebaut. In der Bebelstraße, in einer nahegelegenen Querstraße, kaufte Anne beim koreanischen Händler die asiatischen Lebensmittel ein, außerdem gab es eine Apotheke und ein Restaurant an der Ecke. Aber ihrem Ex-Ehemann war Anne dort noch nie begegnet.
    Nachdem Günthers Sekretärin ihnen im Büro schnippisch die Auskunft gab, dass Herr Wöhrhaus völlig überraschend schon nach Hause gefahren sei, standen Anne und Marco vor dem ehemaligen Fabrikgebäude und klingelten. Der Hauptaufgang zeigte große, in Metall gefasste Fenster, im Inneren schwarze Geländer zu beiden Seiten der mit Terrazzo belegten Stufen.
    „Videoüberwachung – müssen wohl viele VIPs hier wohnen“, bemerkte Marco und zeigte nach oben zur Kamera.
    „Ich bin vorher noch nie im

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