Blutkirsche
„Punkt zwei: Außerdem erwarte ich, dass der Nachnamen deines Sohnes beim Standesamt geändert wird.
Punkt drei: Dann möchte ich noch wissen, wie die Ermittlungen im Fall Kohl laufen. Ich denke, ich bin nicht weiter verdächtig?“ Günther lächelte nun hinterhältig.
Also, um das geht es! In erster Linie um ihre Ermittlungen, vielleicht auch um das Geld, aber bestimmt nicht um gekränkte Eitelkeit, dazu ist seine Reaktion zu gleichgültig, dachte Anne und überlegte. Sie blickte sich um, für das was jetzt kam, konnte sie keine Lauscher gebrauchen. Sie verstieß gegen alle beruflichen Prinzipien. Es machte sie wütend, dass Günther sie in die Ecke trieb.
„Wir wissen, dass du mit Harry Kohl Geschäfte gemacht hast. Er sollte die Schrebergärtner aus ihren Parzellen herausekeln, die Grundstücke falsch bewerten, damit sie fast wertlos sind. Dann wurden die Verträge auf dich umgeschrieben. Es gab da ein Vorkaufsrecht der Pächter und des Vereins, du wolltest sie von der Stadt nach und nach erwerben. In absehbarer Zukunft würde dann dir das ganze Gebiet gehören und du könntest es bebauen oder der Stadt wieder teuerer verkaufen. Inzwischen hätte sich der Preis der Grundstücke wegen ihrer exklusiven Lage vervielfacht.
Die Kleingartenanlage soll sozusagen ein Sahnestückchen mit Anbindung an die neue Bebauung auf dem ehemaligen Messegelände am Killesberg werden.
Harry Kohl sollte für seine Mühen dann bezahlt werden. Wahrscheinlich hast du ihm schon einiges auf sein Konto als Vorschuss überwiesen?“
|162| Anne bemerkte den süffisanten Gesichtsausdruck Günthers und deutete dies als ein ‚Ja‘.
„Inwieweit dein Vorgehen strafrechtlich zu verfolgen ist, kann ich im Augenblick nicht beurteilen. Es ist sehr wahrscheinlich eine Grauzone.“ Anne war sich tatsächlich nicht sicher, inwieweit ein Staatsanwalt die Vorgehensweise Günthers bewertete.
„Gut recherchiert, Anne. Alle Achtung! Da bin ich ja noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Schließlich hat der Kohl alles angeleiert, wollte sich das größte Stück des Kuchens abschneiden“, sagte Günther Wöhrhaus und lehnte sich befriedigt zurück.
Anne dachte: Wer’s glaubt, auf die Idee bist doch sicher du gekommen!
„Was ist jetzt, läuft gegen mich etwas wegen des Mordes an Kohl? Werde ich beschuldigt?“, unterbrach Wöhrhaus Annes Gedanken.
„Ich verrate sicherlich kein Geheimnis, dass die Indizien nicht auf dich hinweisen, obwohl du an dem fraglichen Morgen dort warst.“
Jetzt ist es sowieso egal, resignierte Anne.
„Dann ermittelst du gegen die Frau, der ich um sieben Uhr morgens unterwegs begegnet bin?“, fragte Günther.
Für einen Augenblick reagierte Anne baff. „Welche Frau?“, fragte sie.
„Auf dem kleinen Weg am Waldrand joggte mir eine Dunkelhaarige entgegen, circa fünfunddreißig Jahre alt und mit Pferdeschwanz. Ziemlich attraktiv. Ich hätte sie fast umgefahren. Sie ist aber dann weiter in die Anlage hochgelaufen.“
Dunkelhaarige, attraktive Frau mit Pferdeschwanz? Wilma Fiori! Hatte Frau Fiori nicht gesagt, sie wäre gar nicht in der Nähe der Parzelle von Kohl gewesen, sondern in Botnang joggen?
Anne wurde unruhig, sie musste so schnell wie möglich wieder ins Präsidium. „War’s das? Sind das alle deine Ansprüche und Fragen?“
„Ja. Du bekommst noch von mir über die Höhe der Rückzahlungen Bescheid. Ich wollte das eigentlich unter uns ausmachen und keinen Anwalt einschalten, aber leider muss die Vaterschaftsanfechtung vor Gericht entschieden werden“, entgegnete Günther Wöhrhaus.
Eigentlich schade, er hatte Julian gern. Aber nicht so gern, dass er seinen beruflichen Erfolg vernichtete. Er war nicht mehr liquide und konnte seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Irgendwo musste er schließlich sparen.
Während seiner Ehe mit Anne hatte er die Augen verschlossen und es nicht wahrhaben wollen. Obwohl ihn des Öfteren Zweifel überkamen, |163| wenn er in den Spiegel schaute und dann Julian ansah. Er hatte damals daran gedacht, wie Anne seinen Verdacht auffassen und was geschehen würde, falls er sich als unbegründet erwiesen hätte.
Aber nun musste er vorrangig sein Geschäft retten und so blieb ihm nichts anderes übrig, als den Test zu veranlassen und die Unterhaltszahlungen einzustellen. Zwar bedeutete dies nur den berühmten Tropfen auf den heißen Stein, aber dass Anne ihn hintergangen hatte, traf ihn mehr, als dass ihn das Geld schmerzte. Er bedauerte es, dass er seine Beziehung zu
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