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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sinken und übergab sich vor Tempels Augen, der auf der Seite lag und sich die Stelle hielt, wo sie zugestochen hatte.
    Sie sah Corlin, die eine Wunde in Majuds Bein verarztete, den Faden zwischen den Zähnen und ruhig wie immer, obwohl ihre Ärmel von den Verletzungen, die sie schon versorgt hatte, bis zum Ellenbogen rot gesprenkelt waren. Savian brüllte bereits mit knirschend heiserer Stimme, dass die Wagen wieder aufschließen sollten, dass die Lücke geschlossen werden musste, dass sie die Leichen rauswerfen und denen zeigen sollten, dass sie immer noch bereit waren, sich zu verteidigen. Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich immer noch bereit war. Sie saß da, hielt die Hände um die Knie geschlungen, damit die Welt nicht mehr so schwankte, und während das Blut seitlich mit einem eigentümlich kitzelnden Gefühl an ihrem Gesicht herunterrann und ihr das Haar verklebte, starrte sie den toten Geist an, den sie umgebracht hatte.
    Sie waren auch nur Menschen, genau, wie Savian gesagt hatte. Jetzt, da sie richtig hinsehen konnte, stellte sie fest, dass es sich um einen Jungen handelte, nicht älter als Lief. Nicht älter, als Lief geworden war. Fünf aus dem Trupp waren tot. Gentilis Vetter, mit Pfeilen erschossen. Zwei von Buckhorms Kindern fand man unter einem Wagen mit abgeschnittenen Ohren. Und eine der Huren war verschleppt worden, wobei niemand wusste, wie oder wann das geschehen war.
    Es gab nicht viele, die keine Verletzungen oder Kratzer abbekommen hatten, und sie alle würden ihr Leben lang erschauernd zusammenfahren, wenn sie einen Wolf heulen hörten. Scheus Hände wollten nicht aufhören zu zittern, und ihr Ohr brannte an der Stelle, wo der Geist angesetzt hatte, um sich seine Trophäe zu holen. Sie war sich nicht sicher, ob es nur eine kleine Kerbe war, oder ob ihr Ohr nur noch an einem Hautfetzen hing, und sie wagte kaum, die Stelle genauer zu untersuchen.
    Aber sie musste aufstehen. So viel Angst sie auch erfüllte, sie dachte an Pit und Ro draußen in der Wildnis, und damit kehrte die Hitze in sie zurück, und ihr gelang es, die Zähne zusammenzubeißen und die Beine zu bewegen, und mit einem Stöhnen zog sie sich auf Majuds Wagen.
    Beinahe hatte sie erwartet, dass sich die Geister in Luft aufgelöst haben würden, dass sie weggepustet worden wären wie Rauchfahnen im Wind, aber sie waren noch da, ganz von dieser Welt und ganz und gar aus dieser Zeit, und selbst, wenn Scheu das so unwirklich vorkam, trampelten sie in völligem Durcheinander und voll Zorn über das Gras, sangen und heulten und zeigten blanken Stahl.
    »Dann hast du also deine Ohren behalten?«, fragte Süß, der mit grimmiger Miene seinen Daumen auf den Schnitt legte und sie dabei zusammenzucken ließ. »So gerade eben, wie es scheint.«
    »Sie werden wiederkommen«, raunte sie und zwang sich, zu den albtraumhaften Gestalten hinüberzusehen.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Sie stellen uns auf die Probe. Überlegen wohl, ob sie uns richtig angehen wollen.«
    Savian kletterte neben Süß, das Gesicht noch verbitterter und die Augen noch schmaler zusammengekniffen als sonst. »Wenn ich an ihrer Stelle wäre, ich würde nicht aufhören, bis wir alle tot sind.«
    Süß blickte weiter über die Ebene. Als sei das die Aufgabe, für die er geschaffen worden war. »Zu unserem Glück sind Sie ja nicht an ihrer Stelle. Die Geister mögen ja Wilde sein, aber sie denken praktisch. Sie geraten schnell in Zorn, aber sie halten nicht lange an ihrem Groll fest. Wir haben bewiesen, dass wir uns nicht so leicht umbringen lassen, und höchstwahrscheinlich werden sie nun versuchen zu verhandeln. Sie werden schauen, was sie an Fleisch und Geld aus uns herauskitzeln können und sich dann leichterer Beute zuwenden.«
    »Wir können uns aus dieser Sache herauskaufen?«, fragte Scheu.
    »Es gibt nur weniges, das Gott geschaffen hat, aus dem man sich nicht herauskaufen könnte, wenn man das richtige Kleingeld hat«, sagte Süß und fügte wie an sich selbst gewandt hinzu: »Hoffe ich.«
    »Und wenn wir bezahlt haben«, knurrte Savian, »was sollte sie dann davon abhalten, uns zu folgen und uns bei passender Gelegenheit dann doch umzubringen?«
    Süß zuckte die Achseln. »Wenn Sie es gern berechenbar mögen, hätten Sie in Starikland bleiben sollen. Das hier ist Fernland.«
    In diesem Augenblick schwang die von Axthieben zernarbte Tür von Lesteks Wagen krachend auf, und der berühmte Schauspieler kletterte höchstselbst heraus, im Nachthemd, mit

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