Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
alle genau da, wo ihr hingehört.« Und er trottete mit Weinender Fels hinaus aus der Stadt.

SCHÖNE WORTE
    UND MANIEREN
    S cheu hielt nicht viel von hochfliegenden Träumen, und sie war auch nicht besonders angetan von Dreck, obwohl – oder vielleicht gerade weil – sie schon durch mehr davon gekrochen war als die meisten anderen Menschen. Der Speiseraum von Camlings Wirtschaft war eine unglückliche Mischung aus beidem, was zusammengenommen noch hässlicher war als beides für sich. Die Tischplatten waren auf Hochglanz poliert, aber der Fußboden war voller Schlammspuren der vielen Stiefel, die darüber hinwegliefen. Das Besteck hatte beinerne Griffe, aber die Wände waren hüfthoch mit alten Essensresten bekleckert. Das Aktgemälde einer Frau, die sich offenkundig über irgendetwas amüsierte, hing in einem vergoldeten Rahmen, aber der Putz dahinter warf Blasen, weil oben drüber das Dach undicht war.
    »Wie das hier aussieht«, brummte Lamm.
    »So ist das in Knick«, sagte Scheu. »Hier steht alles auf dem Kopf.«
    Auf dem Weg hierher hatte sie immer wieder gehört, dass die Bachbetten oben in den Bergen voller Goldklumpen lägen, die nur darauf warteten, dass neugierige Finger sie ohne große Mühen herausfischten. Ein paar wenige Glückliche, die in Knick auf Gold gestoßen waren, mochten das wertvolle Metall tatsächlich der Erde abgetrotzt haben, aber beim Großteil der Glücksritter hatte Scheu eher den Eindruck, dass sie ihren Reichtum vielmehr in den Taschen anderer Menschen gefunden hatten. Es waren keine Goldsucher, die sich im Speiseraum bei Camling drängten und vor der Tür bis hinaus auf die Straße eine schlecht gelaunte Warteschlange bildeten, es waren Luden und Spieler, Gauner und Geldverleiher sowie Händler, die hier dasselbe Zeug wie anderswo verkauften, allerdings zu halber Qualität und vierfach höherem Preis.
    »Ein verdammter Überschuss an Ganoven«, murmelte Scheu, als sie über ein paar dreckige Stiefel hinwegstieg und einen achtlos herausgestreckten Ellenbogen beiseitestieß. »Soll das hier die Zukunft von Fernland sein?«
    »Von jedem Land«, brummte Lamm.
    »Bitte, meine Freunde, setzen Sie sich doch!« Camling, der Besitzer, war ein langer, öliger Dreckskerl, der in einem Anzug mit durchgescheuerten Ellenbogen steckte und die unschöne Angewohnheit hatte, seine weichen Hände an Stellen zu legen, wo sie nicht willkommen waren, was einmal schon fast dazu geführt hatte, dass Scheu ihm die Faust ins Gesicht gedonnert hätte. Er fegte ein paar Krümel von einer Tischplatte, die auf dem Kapitell einer Säule ruhte, um die herum ein kreativer Zimmermann die Dielenbretter verlegt hatte. »Wir versuchen hier, neutral zu bleiben, aber Freunde von Hochwürden sind auch immer meine Freunde, das steht fest!«
    »Ich setze mich mit dem Gesicht zur Tür«, sagte Lamm, der seinen Stuhl herumrückte.
    Camling zog den anderen Stuhl für Scheu zurück. »Darf ich mir erlauben, Ihnen zu sagen, wie strahlend Sie heute Morgen aussehen?«
    »Können Sie ja gern tun, aber ich glaube kaum, dass jemand Ihr Wort über das stellt, was er mit seinen eigenen Sinnen wahrnimmt.« Sie versuchte sich auf dem Platz niederzulassen, was nicht so einfach war, da die alten Verzierungen der Säule ihren Knien in die Quere kamen.
    »Im Gegenteil, Sie sind ein wahres Schmuckstück in meinem bescheidenen Speisezimmer.«
    Scheu verzog das Gesicht. Mit einer Ohrfeige oder einem Knuff kam sie zurecht, aber dieses Herumscharwenzeln machte sie misstrauisch. »Wie wär’s, wenn Sie mal was zu essen ranschleppten und mit dem Gequatsche aufhörten?«
    Camling räusperte sich. »Natürlich.« Er verschwand in der Menge.
    »Ist das da drüben Corlin?«
    Die Genannte hatte sich in eine dunkle Ecke gedrängt und betrachtete die versammelte Menge mit diesem für sie so typisch zu einem Strich zusammengekniffenen Mund, als ob ein paar starke Männer mit Hacke und Kuhfuß nötig wären, um ein Wort aus ihr herauszuholen.
    »Wenn du das sagst«, meinte Lamm, der durch den Raum spähte. »Meine Augen sind nicht mehr so gut wie früher.«
    »Ich sag das. Und da ist auch Savian. Wollten die nicht auf Goldsuche gehen?«
    »Ich dachte, das hättest du ihnen sowieso nicht abgekauft?«
    »Und wie es aussieht, hatte ich recht.«
    »Hast du doch meistens.«
    »Die hat mich ganz bestimmt gesehen.«
    »Und?«
    »Und sie hat mir nicht mal zugenickt.«
    »Vielleicht wäre es ihr lieber, sie hätte dich nicht gesehen.«
    »Nur weil man sich das

Weitere Kostenlose Bücher