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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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einen Gürtel umgeschnallt, in dem ein langes Messer in einer Scheide steckte. Er setzte sich mitten in den Dreck und begann, wild entschlossen einen Knochen abzunagen. »Meister Lamm würde sicherlich auch hier hilfreich zufassen können.«
    »Zweifelsohne.« Majud gab Tempel einen Klaps auf die Schulter. »Ich werde den Nordmann suchen gehen, während Sie schon mal mit der Räumung beginnen.«
    »Ich?«
    »Wer denn sonst?«
    »Ich bin Zimmermann, kein Büttel!«
    »Gestern noch waren Sie Priester und Viehtreiber, und vor nicht allzu langer Zeit nannten Sie sich einen Rechtskundigen! Ein Mann mit Ihren flexiblen Fähigkeiten wird eine Möglichkeit finden, da bin ich ganz zuversichtlich.« Und damit marschierte Majud bereits schnellen Schrittes die Straße hinunter.
    Tempel rollte mit den Augen und blickte vom Müllhaufen auf der Erde hinauf den sauberen blauen Himmel. »Ich will ja gar nicht sagen, dass ich es nicht verdiente, aber es gefällt Dir wirklich, die Menschen auf die Probe zu stellen.« Dann rollte er seine Hosenbeine auf und trat frohgemut auf den nackten Bettler mit dem Knochen zu, wobei er leicht hinkte, weil ihm der Stich, den ihm Scheu in die Hinterbacke versetzt hatte, morgens immer noch ein wenig zu schaffen machte.
    »Guten Tag!«, rief er.
    Der Mann sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihm hoch und lutschte an einem Knorpelstück. »Gut ist an diesem Scheißtag erst mal gar nichts. Haste was zu trinken?«
    »Ich hielt es für besser, damit aufzuhören.«
    »Dann brauchste nen verdammt guten Grund, um mich anzuquatschen, Jungchen.«
    »Ich habe einen Grund. Ob Sie ihn für einen guten halten werden, bezweifle ich allerdings entschieden.«
    »Probier’s einfach mal.«
    »Die Tatsache ist die«, hob Tempel an, »dass wir dieses Grundstück demnächst bebauen werden.«
    »Wie wollt ihr das wohl anstellen, wo ich hier sitze?«
    »Ich hatte gehofft, ich könnte Sie vielleicht zum Umzug bewegen.«
    Der Bettler unterzog den Knochen einer genauen Begutachtung, ob sich daran vielleicht noch etwas Nahrhaftes finden ließ, und als er zu dem Schluss kam, dass dem nicht so war, warf er ihn nach Tempel. Er prallte von dessen Hemd ab. »Ohne was zu trinken kannste mich zu gar nichts bewegen.«
    »Es ist so, dieses Grundstück gehört meinem Auftraggeber, Abram Majud, und der …«
    »Wer sagt das?«
    »Wer sagt was?«
    »Stottere ich vielleicht?« Der Mann holte sein Messer hervor, als bräuchte er es gerade für irgendeine alltägliche Arbeit, aber die unausgesprochene Bedeutung dieser Geste war durchaus klar. Es war ein ziemlich großes Messer und im Kontrast zu dem allgegenwärtigen Dreck im Umkreis von zehn Schritten beeindruckend sauber. Die Morgensonne glitzerte auf der Schneide. »Ich hab gefragt, wer das behauptet?«
    Tempel machte einen unsicheren Schritt zurück und prallte dabei gegen etwas Hartes. Er fuhr herum, erwartete, einem der anderen Zeltbewohner gegenüberzustehen, der wahrscheinlich ein noch größeres Messer bei sich hatte – bei Gott, in Knick gab es so viele große Messer, dass man sie kaum von Schwertern unterscheiden konnte – und war dann ungeheuer erleichtert, als Lamm auf ihn heruntersah.
    » Ich behaupte das«, sagte Lamm zu dem Bettler. »Du kannst das natürlich ignorieren. Du kannst auch noch mehr mit dem Messer da herumfuchteln. Kann aber sein, dass du es dann irgendwann im Hintern stecken hast.«
    Der Mann betrachtete seine Klinge und wünschte sich jetzt vielleicht, sich doch lieber für ein kleineres Modell entschieden zu haben. Dann steckte er sie verlegen wieder weg. »Ich denk, ich geh dann mal.«
    Lamm nickte dazu. »Das denk ich auch.«
    »Kann ich noch meine Hosen holen?«
    »Unbedingt, verdammt noch eins.«
    Der Mann kroch in sein Zelt, und als er wieder herauskam, knöpfte er sich ein so zerlumptes Kleidungsstück zu, wie Tempel es noch nie gesehen hatte. »Ich lass das Zelt hier stehen, wenn das in Ordnung geht. Das ist ein richtig gutes.«
    »Was Sie nicht sagen«, bemerkte Tempel.
    Der Mann blieb noch kurz bei ihnen stehen. »Wenn’s hier vielleicht doch noch was zu trinken …«
    »Sieh zu, dass du wegkommst«, knurrte Lamm, und der Bettler rannte davon, als sei ihm ein Hund auf den Fersen.
    »Da sind Sie ja, Meister Lamm!« Majud kam zu ihnen herübergewatet, die Hosenbeine sorgsam so weit hochgezogen, dass darunter zwei sehnige, schlammige Wadenbeine sichtbar wurden. »Ich hatte gehofft, ich könnte Sie vielleicht dazu überreden, mir ein wenig zur Seite zu

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