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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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das ihm zugewandt war, mit hellen Augen und buschigem, blondem Bart, einordnen konnte. »Sind Sie das da oben?« Erst nach einem dritten Augenblick konnte er die Welt, in der er diesen Mann kannte, mit jener in Verbindung bringen, in der er jetzt lebte, und die Erkenntnis überfiel ihn so unerwartet wie ein Eimer Eiswasser einen Schlafenden.
    »Bermi?«, hauchte er.
    »Ein Freund von dir?«, fragte Lamm.
    »Wir kennen uns«, brachte Tempel flüsternd heraus.
    Er glitt die Leiter mit zitternden Händen hinab, und seine Handrücken prickelten, so sehr drängte es ihn mit dem Instinkt eines Kaninchens zur Flucht. Aber wohin? Er hatte von mehr als Glück sagen können, dass er den letzten Versuch, von der Kompanie der Gütigen Hand abzuhauen, überhaupt überlebt hatte, und er war sich alles andere als sicher, ob die göttliche Unterstützung für ein zweites Mal reichen würde. Er bahnte sich den Weg zu Bermi mit zögernden, kleinen Schritten, und er zupfte am Saum seines Hemds wie ein Kind, das weiß, dass es eine Ohrfeige kassieren wird, die es höchstwahrscheinlich auch verdient hat.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte der Styrer. »Sie sehen krank aus.«
    »Ist Cosca bei Ihnen?« Tempel bekam die Worte kaum heraus, so elend fühlte er sich. Gott mochte ihn mit geschickten Händen gesegnet haben, aber er hatte ihm auch einen verdammt schwachen Magen mitgegeben.
    Bermi strahlte allerdings über das ganze Gesicht. »Glücklicherweise ist er das nicht, ebenso wenig wie einer von den anderen Drecksäcken. Ich vermute mal, dass er noch immer durch Naheland streift, sich wie ein Gockel vor diesem dämlichen Biografen aufplustert und nach uraltem Gold sucht, das er niemals finden wird. Wenn er nicht schon aufgegeben hat und nach Starikland zurückgekehrt ist, um sich zu besaufen.«
    Tempel schloss die Augen und stieß eine Lungenfüllung größter Erleichterung aus. »Dem Himmel sei Dank.« Er legte dem Styrer die Hand auf die Schulter und beugte sich vor, knickte beinahe zusammen dabei, so sehr drehte sich ihm der Kopf.
    »Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht?«
    »Ja, das bin ich.« Er schlang Bermi den Arm um die Schultern und zog ihn fest an sich. »Besser als gut!« Er war außer sich vor Freude! Endlich konnte er wieder frei atmen! Mit einem Schmatzer drückte er Bermi einen Kuss auf die Wange. »Was bringt Sie denn hierher an den Arsch der Welt?«
    »Den Weg haben Sie mir gewiesen. Nach dieser Stadt … wie hieß das Kaff noch gleich?«
    »Averstock«, murmelte Tempel.
    Bermis Augen schielten ein wenig schuldbewusst. »Ich habe Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin, aber was soll’s? Ein bisschen Mord und Totschlag, aber nichts Schlimmeres. Cosca hat mich losgeschickt, um Sie zu finden. Nachher, als Sie verschwunden waren.«
    »Hat er?«
    »Er hat gesagt, Sie seien der wichtigste Mann in der ganzen verdammten Kompanie. Zwei Tage danach stieß ich auf einen Trupp, der westwärts zog, um nach Gold zu schürfen. Die Hälfte der Leute kam aus Puranti – meiner Heimatstadt, stellen Sie sich das mal vor! Das war so etwas wie eine göttliche Fügung!«
    »So etwas Ähnliches. Sicher.«
    »Also verließ ich die Kompanie des verfickten Fingers, und wir zogen zusammen weiter.«
    »Sie haben Cosca hinter sich gelassen.« Dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein, vermittelte Tempel ein leicht beduseltes Gefühl. »Weit, weit hinter sich.«
    »Sie sind jetzt Zimmermann?«
    »Ein Weg, meine Schulden zu bezahlen.«
    »Vergessen Sie Ihre verdammten Schulden, Bruder. Wir ziehen in die Berge. Haben uns eine Stelle zum Goldwaschen gesichert, oben am Braunschwall. Da holen die Männer mit dem Sieb einen Goldklumpen nach dem anderen aus dem Dreck, einfach so!« Er gab Tempel einen Klaps auf die Schulter. »Sie sollten mit uns kommen! Bei uns ist immer Platz für einen Zimmermann mit Humor. Wir haben zwar ein Blockhaus, aber das könnte ein bisschen aufpoliert werden.«
    Tempel schluckte. Wie oft hatte er, als er den Staub von Buckhorms Herde fraß und sich über Scheus blöde Sticheleien ärgerte, von einem solchen Angebot geträumt? Und hier war er, ein einfacher Weg, der sich vor seinen willigen Füßen auftat. »Wann reisen Sie denn ab?«
    »In fünf Tagen, vielleicht auch in sechs.«
    »Was müsste man für die Reise mitbringen?«
    »Feste Kleidung und eine Schaufel, alles andere haben wir.«
    Tempel sah prüfend in Bermis Gesicht, ob er nicht doch zum Besten gehalten wurde, aber dafür gab es keine Anzeichen.

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