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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Junge. Ich wusste von Anfang an, dass Sie verborgene Talente haben«, faselte Süß, der Tempels Glas ein drittes Mal mit Schwung vollschenkte. »Gut verborgen, aber ein offensichtliches verborgenes Talent wäre ja auch Quatsch.«
    »Genau«, stimmte Tempel zu, der nun das vierte kippte. Zwar hätte er noch immer nicht von einem angenehmen Geschmack gesprochen, aber es fühlte sich zumindest nicht mehr länger so an, als würde er glühend heiße Drahtwolle hinunterwürgen. Wie betrunken konnte er von vier Gläsern schon werden?
    Buckhorm hatte eine Fiedel hervorgezaubert und versuchte sich an einer Melodie, während Weinender Fels im Hintergrund eine Trommel malträtierte. Es wurde getanzt. Oder zumindest gab es gut gemeintes Herumgetrampel, während zufällig gleichzeitig Musik gespielt wurde, ohne dass eines zwingend mit dem anderen verbunden wurde. Bei wohlwollender Betrachtung hätte man trotzdem von Tanzen sprechen können, und Tempel fühlte sich in sehr wohlwollender Stimmung. Mit jedem Glas – die genaue Zahl hatte er mittlerweile nicht mehr parat – wurde er zudem wohlwollender und weniger aburteilend, und als dann Luline Buckhorm ihre kleinen, aber kräftigen Hände nach ihm ausstreckte, zierte er sich nicht, sondern prüfte die Dielen, die er doch erst ein paar Tage zuvor verlegt hatte, mit deutlicher Begeisterung auf ihre Trittfestigkeit.
    Im Raum wurde es heißer und lauter und dämmriger, schweißglänzende Gesichter schwammen ihm lachend entgegen, und verdammt, er hätte nicht sagen können, wann er das letzte Mal so viel Spaß gehabt hatte. Vielleicht an dem Abend, als er zur Kompanie der Gütigen Hand stieß, als das Söldnerleben sich noch als Unternehmung guter Männer präsentierte, die gemeinsam Gefahren überstanden und der ganzen Welt ins Gesicht lachten, und die nichts mit Diebstahl, Vergewaltigung und Mord im großen Stil zu tun hatte. Lestek versuchte, mit seiner Pfeife etwas zur Musik beizutragen, bekam aber stattdessen einen Hustenanfall und musste zum Luftschnappen vor die Tür gebracht werden. Tempel glaubte, Hochwürden zu sehen, die unter den wachsamen Augen einiger ihrer Leibwächter mit sanfter Stimme auf Lamm einredete. Er tanzte mit einer der Huren und machte ihr Komplimente wegen ihrer Kleider, die von scheußlich greller Farbe waren, aber sie konnte ihn sowieso nicht verstehen und brüllte immer wieder »Was?« Dann tanzte er mit einem von Gentilis Vettern und machte dem Komplimente wegen seiner Kleider, die vom Goldwaschen völlig verdreckt waren und wie ein offenes Grab rochen, aber der alte Mann strahlte trotzdem, als er die Worte hörte. Corlin tanzte in inniger Umarmung mit Weinender Fels vorüber, und sie sahen so feierlich drein wie Friedensrichter, während sie beide zu führen versuchten; Tempel erstickte beinahe an seiner Zunge, als er dieses unglaubliche Paar beobachtete. Dann plötzlich tanzte er mit Scheu, und sie machten ihre Sache seiner Meinung nach ganz ordentlich, was eine ziemliche Leistung war, da er noch immer ein halb volles Glas in der Hand hielt und sie eine halb leere Flasche.
    »Hätte nie gedacht, dass du tanzen würdest«, brüllte er ihr ins Ohr. »Dachte, du wärst viel zu hart dazu.«
    »Hätte ich von dir auch nicht gedacht.« Ihr Atem fuhr heiß gegen seine Wange. »Zu weich.«
    »Da hast du bestimmt recht. Meine Frau hat’s mir beigebracht.«
    Sie erstarrte ganz kurz. »Du hast eine Frau?«
    »Ich hatte. Eine Frau und eine Tochter. Sie sind gestorben. Ist jetzt schon lange her. Manchmal fühlt es sich allerdings nicht so an.«
    Sie nahm einen Schluck, warf ihm über den Flaschenhals von der Seite einen Blick zu, und es war etwas an diesem Blick, das ihm einen atemlosen Kitzel verursachte. Er beugte sich zu ihr und wollte etwas sagen, als sie ihn im Nacken packte und ziemlich heftig küsste. Wenn er die Zeit dazu gehabt hätte, dann hätte er sich überlegt, dass sie nicht der Typ für sanfte Küsse war, aber er hatte keine Zeit zum Nachdenken oder zum Zurückküssen oder um sie wegzuschubsen, er konnte sich so schnell noch nicht einmal darüber klar werden, was davon ihr am liebsten gewesen wäre, als sie auch schon seinen Kopf losließ und mit Majud tanzte, während er nun von Corlin über die Tanzfläche geschleift wurde.
    »Wenn du glaubst, dass du von mir auch einen kriegst, dann bist du schief gewickelt«, knurrte die.
    Er lehnte sich an die Wand, und ihm drehte sich der Kopf, Schweiß stand auf seinem Gesicht, und sein Herz klopfte, als

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