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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ob ihn ein Fieber gepackt hätte. Seltsam, was so ein kleiner Austausch von Speichel alles auslösen kann. Na ja, zusammen mit ein paar Schluck unverdünnten Alkohols, und das nach zehn Jahren Enthaltsamkeit. Er betrachtete sein Glas, überlegte, ob er den Inhalt am besten gegen die Wand kippen sollte, und beschloss aber dann, dass er die Wand höher schätzte als sich selbst und trank lieber aus.
    »Alles klar?«
    »Sie hat mich geküsst«, murmelte er.
    »Scheu?«
    Tempel nickte, dann dämmerte ihm, dass es Lamm war, zu dem er da sprach, und dem folgte die Erkenntnis, dass es vielleicht nicht das Schlaueste gewesen war, ausgerechnet ihm so etwas zu sagen.
    Aber der große Nordmann lächelte. »Nun, das ist ja keine große Überraschung. Jeder im Trupp hat das kommen sehen. Das ganze Gezicke, der Streit und das Hin und Her über die Schulden. Der Klassiker, wenn du mich fragst.«
    »Wieso hat denn nie jemand was gesagt?«
    »Es gab Leute, die hatten kein anderes Thema.«
    »Ich meine, zu mir?«
    »Ich persönlich hatte eine Wette mit Savian darüber laufen, wann es so weit ist. Wir beide hatten auf einen früheren Zeitpunkt getippt, aber ich habe gewonnen. Er kann schon ein lustiger Kerl sein, dieser Savian.«
    »Er kann … was ?« Tempel konnte gar nicht sagen, was ihn mehr schockierte – dass Scheus Kuss keine Überraschung gewesen war, oder dass Savian ein lustiger Kerl sein sollte. »Tut mir leid, so vorhersehbar zu sein.«
    »Die Leute gehen meistens den offensichtlichen Weg. Es braucht viel Mumm, den allgemeinen Erwartungen nicht zu entsprechen.«
    »Du willst also sagen, ich hätte keinen Mumm?«
    Lamm zuckte nur die Achseln, als sei das eine Frage, deren Antwort offensichtlich sei. Dann nahm er seinen abgewetzten Hut.
    »Wo gehst du denn hin?«
    »Habe ich etwa kein Recht darauf, meinen eigenen Spaß zu haben?« Er legte Tempel eine Hand auf die Schulter. Eine freundliche, väterliche Hand, aber gleichzeitig auch eine schrecklich starke. »Geh vorsichtig mit ihr um. Sie ist nicht so hart, wie sie aussieht.«
    »Und was ist mit mir? Ich sehe noch nicht mal hart aus.«
    »Das stimmt. Aber wenn Scheu dir wehtut, dann brech ich ihr nicht die Beine.«
    Bis Tempel diesen Satz richtig entschlüsselt hatte, war Lamm schon wieder verschwunden. Dab Süß hatte sich der Fiedel bemächtigt und stand auf einem Tisch, stampfte mit den Füßen, dass die Teller hin und her sprangen, und sägte an den Saiten, als lägen sie um den Hals seiner Liebsten und ihm blieben nur noch wenige Augenblicke für die Rettung.
    »Ich dachte, wir würden tanzen?«
    Scheus Wangen hatten ein wenig Farbe, und ihre Augen waren leuchtend tief und dunkel, und aus Gründen, die er gar nicht gründlicher betrachten wollte, die aber wahrscheinlich gar nicht so besonders kompliziert waren, sah sie für ihn plötzlich gefährlich gut aus. Scheiß drauf, dachte er und kippte den Schnaps mit einer männlichen Handbewegung runter, stellte dann fest, dass sein Glas leer gewesen war, warf es weg, griff nach ihrer Flasche, während sie nach seiner anderen Hand fasste, und dann zerrten sie einander zwischen die schwerfällig herumtrampelnden Tänzer.
    Es war lange her, seit Scheu sich zuletzt so richtig anständig betrunken hatte, aber sie merkte, dass sie sich schnell wieder daran erinnerte, wie das ging. Es wurde allmählich zur Herausforderung, einen Fuß vor den anderen zu setzen, aber wenn sie die Augen weit geöffnet auf den Boden richtete und sich wirklich konzentrierte, dann kippte sie nicht allzu häufig um. Das Wirtshaus war viel zu hell, und Camling erzählte irgendwas von den Vorschriften über Gäste auf den Zimmern, aber sie lachte ihm ins Gesicht und erklärte ihm, es wären mehr Huren als Gäste in diesem verfluchten Haus, und Tempel lachte auch und schnaubte dabei Rotz in seinen Bart. Dann jagte er sie die Treppe hoch, mit der Hand auf ihrem Hintern, und das war zuerst lustig, dann aber wurde es nervig, also schlug sie nach ihm, und er fiel beinahe die Stufen herunter, weil er so überrascht war, aber sie bekam ihn noch am Hemd zu fassen und zerrte ihn hinter sich her, und sie sagte, ’ tschuldigung wegen dem Klaps da, und er sagte, was fürn Klaps, und dann fing er an, sie oben im Flur zu küssen und schmeckte nach Fusel. Was ihrer Meinung nach kein schlechter Geschmack war.
    »Ist Lamm nicht da?«
    »Der ist jetzt in Hochwürdens Kirche.«
    Verdammte Axt, jetzt drehte sich aber auch alles. Sie fischte in ihren Hosen nach dem

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