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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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solcher Mensch zu sein.«

SPASS
    S ie alle waren da, mehr oder weniger. Der ganze Trupp, wieder vereint. Na gut, Lief war natürlich nicht dabei und die anderen auch nicht, die sie im flachen, leeren Land in die Erde gebettet hatten. Aber die restlichen. Sie lachten und klopften sich auf die Schultern und logen sich gegenseitig vor, wie gut es für sie lief. Einige beschworen rosarot gefärbte Erinnerungen daran herauf, wie großartig die Reise gewesen war. Andere bemerkten, was für ein schönes Gebäude das Unternehmen Majud & Curnsbick nun für seine Geschäft zur Verfügung hatte. Wahrscheinlich hätte Scheu sich mit den anderen amüsieren sollen, aber für sie war Spaß stets etwas gewesen, von dem man leichter redete und auf das man sich eher freute, als dass man es wirklich je erlebte.
    Dab Süß beklagte sich über die Treulosigkeit jener Goldsucher, die er in irgendwelche Berge geführt und die ihn bei der Bezahlung abgezockt hatten, bevor er sie seinerseits abzocken konnte. Weinender Fels saß dabei und brummte in den falschen Momenten »Hmmm«. Iosiv Lestek versuchte, eine der Huren mit Geschichten von seinen großen Zeiten auf der Bühne zu beeindrucken. Sie fragte, ob das gewesen war, bevor man das Amphitheater gebaut hatte, und das lag nach allgemeiner Schätzung mindestens tausend Jahre zurück. Savian wechselte ein paar knurrige Bemerkungen mit Lamm, mit dem er so nahe in einer Ecke beisammenstand, als ob sie sich schon im Sandkasten gekannt hätten. Häcke lauerte in einer anderen Ecke, eine Flasche an den Lippen. Buckhorm und seine Frau hatten noch immer eine ziemlich große Brut, die überall zwischen den Leuten herumrannte, obwohl sie einige in der Wildnis verloren hatten.
    Scheu seufzte und erhob noch einmal schweigend das Glas auf Lief und die anderen, die nicht dabei sein konnten. Wahrscheinlich passte ihr die Gesellschaft der Toten einfach besser.
    »Hinter so einem Trupp bin ich mal als Treiber geritten!«
    Sie wandte sich zur Tür und fuhr zusammen. Dort stand Tempels erfolgreicher Zwillingsbruder, angetan mit einem neuen schwarzen Anzug, so sauber zurechtgemacht wie eine Prinzessin, und selbst sein staubiges Haargestrüpp und sein Bart waren sauber getrimmt. Er hatte sich einen neuen Hut zugelegt und auch neue Manieren, jedenfalls stolzierte er ins Haus, als sei er nicht der Erbauer, sondern der Besitzer.
    Erst als sie ihre eigene Enttäuschung angesichts dieses unvertrauten Anblicks bemerkte, wurde ihr klar, wie sehr sie sich darauf gefreut hatte, ihn so wie immer wiederzusehen.
    »Tempel!«, erschollen frohe Rufe, und alle drängten sich um ihn, um ihn zu feiern.
    »Wer hätte gedacht, dass man so einen Zimmermann aus dem Fluss fischen könnte?«, fragte Curnsbick, der den Arm um Tempels Schultern gelegt hatte, als ob die zwei sich schon ihr ganzes Leben lang kannten.
    »Ein echter Glücksfall!«, rief Majud, als sei er es damals gewesen, der Tempel aus dem Wasser geholfen und das Geld vorgestreckt hatte, während Scheu viele Dutzend Meilen entfernt gewesen war.
    Sie spielte mit der Zunge an ihren Zähnen und überlegte, dass es wirklich nicht einfach war, selbst ein kleines bisschen Anerkennung zu bekommen, und dann beugte sie sich vor, um durch ihre Zahnlücke zu spucken. Gerade rechtzeitig entdeckte sie dann aber, dass Luline Buckhorm sie mit warnend erhobener Augenbraue beobachtete, und so schluckte sie die Spucke lieber runter.
    Wahrscheinlich sollte sie sich darüber freuen, dass sie einen Mann vor dem Ertrinken gerettet hatte, der nun dank ihrer Hilfe ein besseres Leben führte und das Vertrauen, das sie in ihn gesetzt hatte, durchaus rechtfertigte. Läutet die Glocken! Aber stattdessen kam es ihr vor, als sei ein Geheimnis, das sie allein gehütet hatte, plötzlich Allgemeingut geworden, und sie merkte, dass sie darüber nachgrübelte, wie sie ihm den Spaß verderben konnte. Dann ärgerte sie sich sogar noch mehr darüber, dass sie wie ein gemeines Kind dachte, wandte sich wieder von den Anwesenden ab und nahm einen bitteren Schluck aus ihrer Flasche. Bei der konnte man sich wenigstens drauf verlassen, dass sie sich nicht unversehens veränderte. Die Flasche sorgte am Ende stets für das gleiche Maß an Enttäuschung.
    »Scheu?«
    Sie gab sich alle Mühe, ordentlich überrascht auszusehen, als hätte sie gar nicht gemerkt, dass er eingetreten war. »Na, wenn das nicht unser aller liebstes Stück Treibholz ist, der große Architekt höchstpersönlich.«
    »Genau der«, sagte

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