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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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dann ist da ja auch immer noch das Wetter.«
    »Ziemlich feucht in letzter Zeit auf der Hauptstraße, ist mir aufgefallen.«
    »Und wenn ich recht gehört habe, soll es bald noch viel schlammiger werden.« Er grinste sie von der Seite an, und sie grinste von der Seite zurück, und die Entfernung fühlte sich gar nicht mehr so groß an.
    »Wollen Sie noch ein paar Worte sagen, bevor es mit dem Spaß losgeht?« Erst als Curnsbick plötzlich aus dem Nichts vor ihr stand, merkte Scheu, dass sie schon mehr als nur ein bisschen betrunken war.
    »Worte worüber?«, fragte sie.
    »Entschuldigen Sie, meine Liebe, aber ich sprach mit diesem edlen Herrn hier. Sie sehen überrascht aus?«
    »Bin mir gerade nicht sicher, was mich mehr schockiert – dass Sie mich Ihre Liebe nennen, oder dass er ein edler Herr sein soll.«
    »Ich stehe zu beiden Bezeichnungen«, sagte der Erfinder, wobei Scheu sich nicht ganz sicher war, ob sie verstanden hatte, was er damit meinte. »Und als ehemaliger geistiger Ratgeber und Architekt und Meisterzimmermann dieses herausragenden Gebäudes, welcher edle Herr wäre da wohl besser geeignet, bei unserer kleinen Zusammenkunft anlässlich der Einweihung eine Rede zu halten?«
    Tempel hob ergeben die Hände, als Curnsbick ihn mit sich zog, und Scheu nahm noch einen Schluck. Die Flasche wurde ständig leichter. Und sie ärgerte sich immer weniger.
    Vielleicht hatte das eine etwas mit dem anderen zu tun.
    »Mein alter Lehrer pflegte zu sagen, dass man einen Mann an seinen Freunden erkennt!«, rief Tempel in den Raum hinein. »Dann kann ich ja wohl doch kein solcher Vollidiot sein, wie ich immer dachte!«
    Ein paar Lacher waren zu hören, und ein paar Leute riefen: »Falsch gedacht!«
    »Ist noch nicht lange her, da kannte ich niemanden, den ich als anständig hätte bezeichnen wollen. Und jetzt stehe ich inmitten eines Raumes voller anständiger Leute, in einem Haus, das ich mit ihnen gebaut habe. Ich habe mich immer gefragt, wieso überhaupt irgendwer an diesen gottverlassenen Arsch der Welt reist, wenn er nicht unbedingt muss. Aber jetzt weiß ich, warum. All diese Menschen kommen hierher, um Teil von etwas Neuem zu sein. Um ein neues Leben anzufangen. Ich wäre da draußen in der Großen Ebene beinahe umgekommen, und ich kann nicht behaupten, dass besonders viele um mich getrauert hätten. Aber dann begegnete ich einem Trupp, und diese Leute nahmen mich auf und gaben mir eine Chance, die ich kaum verdiente. Zu Anfang waren nicht gerade viele davon begeistert, das muss ich zugeben, aber … eine Frau setzte sich für mich ein, und das genügte. Mein alter Lehrer pflegte zu sagen, man erkennt die Rechtschaffenen an dem, was sie jenen geben, die es nicht zurückzahlen können. Von denen, die schon einmal das Pech hatten, mit ihr handeln zu müssen, wird mir wohl kaum einer beipflichten, aber für mich wird Scheu Süd immer eine von den Rechtschaffenen sein.«
    Darauf folgte zustimmendes Gemurmel, ein paar erhobene Gläser, und er sah, dass Corlin Scheu auf den Rücken klopfte, während Scheu selbst unglaublich schlecht gelaunt aussah.
    »Mein alter Lehrer pflegte außerdem zu sagen, dass es keine bessere Tat gäbe, als ein gutes Haus zu bauen. Weil man damit jenen etwas gibt, die darin leben und die es besuchen und selbst denen, die jeden Tag, den es steht, an ihm vorübergehen. Ich habe mich nicht an allzu vielen Dingen im Leben versucht, aber ich habe mir Mühe gegeben, dieses hier zu einem guten Haus zu machen. Hoffentlich wird es länger stehen als viele der anderen hier in der Nähe. Möge Gott auf dieses Haus herunterlächeln – so wie er auf mich heruntergelächelt hat, als ich in diesen Fluss fiel – und seinen Bewohnern Schutz und Wohlstand bringen.«
    »Und heute ist der Schnaps für alle frei!«, brüllte Curnsbick. Majuds entsetzte Einwände wurden von dem wilden Lärm übertönt, mit dem sich die Anwesenden zum Tisch mit den Flaschen aufmachten. »Vor allem für den Baumeister persönlich.« Damit zauberte der Geldgeber ein Glas in Tempels Hand und schenkte einen guten Schluck ein; er lächelte so breit, dass Tempel schlecht ablehnen konnte. Er und der Alkohol hatten sich wohl nie richtig vertragen, aber wenn die Flasche ihm trotzdem so nachsichtig entgegenkam, wieso sollte er da unversöhnlich bleiben? War nicht das Vergeben der Nachbar des Göttlichen? Wie betrunken konnte er von einem Glas schon werden?
    Betrunken genug für ein zweites, wie sich herausstellte.
    »Ein gutes Haus, mein

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