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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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nahm seinen Mantel ab und legte ihn um Tempels Schultern. »Was zur Hölle ist passiert?«
    »Cantliss«, krächzte Tempel, der in die Spielhalle humpelte, mit schwachem Arm in Richtung Wirtshaus deutete und nur noch Luft genug hatte, um jeweils ein einzelnes Wort zurzeit herauszukeuchen. »Scheu …«
    »Was ist passiert?« Lamm kam die Treppe von Hochwürdens Zimmer herunter, selbst noch barfuß und mit halb zugeknöpftem Hemd, und kurz dachte Tempel darüber nach, warum das so war, aber dann sah er das blanke Schwert in Lamms Faust und bekam Angst, und dann entdeckte er etwas in Lamms Gesicht, das ihm noch mehr Angst machte.
    »Cantliss … bei Camling …«, brachte er stockend heraus.
    Lamm stand einen Augenblick da, die Augen geweitet, dann schritt er zur Tür, schubste die Leibwächter aus dem Weg, und Savian schritt hinter ihm her.
    »Alles in Ordnung?« Hochwürden stand auf der Balustrade vor ihren Gemächern. Sie trug einen gurkhisischen Morgenrock, eine blasse Narbe zeichnete sich zwischen ihren Schlüsselbeinen ab. Tempel sah blinzelnd nach oben, fragte sich, ob Lamm mir ihr da drin gewesen war, dann zog er den geliehenen Mantel enger um sich und folgte ohne ein Wort den anderen. »Ziehen Sie sich ein Paar Hosen an!«, rief sie ihm nach.
    Als Tempel die Veranda des Wirtshauses erklomm, hatte Lamm Camling am Kragen gepackt und schleifte ihn mit einer Hand ein gutes Stück über seinen Tresen, während er mit der anderen das Schwert hielt. Camling kreischte verzweifelt: »Sie haben sie gerade weggeschleppt! Vielleicht ins Weiße Haus, ich habe keine Ahnung, ich hatte damit nichts zu tun!«
    Lamm schubste Camling stolpernd weg und blieb stehen, während ihm der Atem grollend aus der Kehle drang. Dann legte er das Schwert sorgfältig auf den Tresen und platzierte seine Hände flach ausgestreckt davor, die Finger gespreizt, und dort, wo ein Mittelfinger hätte sein sollen, war das schimmernde Holz zu sehen. Savian ging hinter die Theke, rempelte Camling mit der Schulter an, nahm sich ein Glas und eine Flasche vom Regal, pustete vorsichtshalber in das Glas hinein und zog mit den Zähnen den Korken aus der Flasche.
    »Wenn du Unterstützung brauchst, kannst du dich auf mich verlassen«, knurrte er beim Einschenken.
    Lamm nickte. »Du musst wissen, dass es der Gesundheit sehr abträglich sein kann, mich zu unterstützen.«
    Savian hustete und gab dem Glas einen kleinen Stoß, dass es zur anderen Seite rutschte. »Mit meiner Gesundheit ist ohnehin kein Staat mehr zu machen.«
    »Was wollt ihr denn tun?«, fragte Tempel.
    »Was trinken.« Lamm nahm das Glas und leerte es, und die weißen Bartstoppeln an seiner Kehle zuckten. Savian neigte die Flasche, um es erneut zu füllen.
    »Lamm!« Lord Ingelstad trat leicht unsicheren Schrittes ein, das Gesicht blass, die Weste voller Flecken. »Er sagte, Sie würden hier sein!«
    »Wer hat das gesagt?«
    Ingelstad stieß ein hilfloses Lachen aus und warf seinen Hut auf den Tresen; ein paar Haarsträhnen standen hochkant von seinem Kopf ab. »Komische Sache, das. Nach dem lustigen Abend bei Majud habe ich noch ein wenig bei Papa Ring Karten gespielt. Habe dabei völlig die Zeit vergessen und, nun ja, ich war auch finanziell ein wenig im Rückstand, muss ich zugeben. Jedenfalls kam ein Herr herein, um Papa etwas mitzuteilen, und der sagte mir anschließend, er würde meine Schulden vergessen, wenn ich Ihnen eine Nachricht überbrächte.«
    »Was für eine Nachricht?« Lamm trank noch einmal aus, und Savian schenkte noch einmal nach.
    Ingelstad sah mit zusammengekniffenen Augen zur Wand. »Er sagte, er beherberge gegenwärtig eine Freundin von Ihnen … und er würde sich gern als großzügiger Gastgeber erweisen … aber nur, wenn Sie morgen ins Gras beißen oder vielmehr in den Schlamm. Er sagte, Sie würden sowieso unterliegen, da könnten Sie es genauso gut aus freien Stücken tun, dann könnten Sie beide Knick als freie Menschen verlassen. Darauf hätten Sie sein Wort, hat er gesagt. Das hat er besonders betont. Offenbar haben Sie sein Wort.«
    »Was habe ich da nur für ein Glück«, knirschte Lamm.
    Lord Ingelstad sah zu Tempel herüber, als ob ihm dessen ungewöhnlicher Aufzug jetzt erst auffiel. »Offenbar gibt es ein paar Leute, die eine noch wildere Nacht hinter sich haben als ich.«
    »Können Sie auch eine Antwort überbringen?«, fragte Lamm.
    »Nun, vermutlich machen ein paar Minuten mehr oder weniger keinen Unterschied mehr, was Lady Ingelstads Laune betrifft.

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