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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Ich bin ohnehin verdammt. «
    »Dann sagen Sie Papa Ring, dass ich sein Wort sicher bewahren werde. Und dass ich hoffe, er tut dasselbe für seinen Gast.«
    Der Edelmann gähnte, als er sich den Hut wieder auf den Kopf stülpte. »Rätsel über Rätsel! Nun wird es für mich aber Schlafenszeit!« Er trat wieder hinaus auf die Straße.
    »Was willst du tun?«, flüsterte Tempel.
    »Es gab einmal eine Zeit, da wäre ich zum Angriff übergegangen, ohne über das Für und Wider nachzudenken, und hätte mir eine blutige Nase geholt.« Lamm hob das Glas und betrachtete es eine Weile. »Aber mein Vater hat immer gesagt, Geduld sei die Königin aller Tugenden. Ein Mann muss realistisch sein. Das ist nun mal so.«
    »Was willst du also tun?«
    »Abwarten. Nachdenken. Mich vorbereiten.« Lamm trank den letzten Schluck und bleckte die Zähne vor dem Glas. »Und mir dann eine blutige Nase holen.«

HOHER EINSATZ
    E inmal nachschneiden?«, fragte Faukin, der sein ausdrucksloses, blasses, professionelles Lächeln auf den Spiegel richtete. »Oder etwas Radikaleres?«
    »Alles abrasieren, Haare und Bart, so nah am Schädel, wie Sie können.«
    Faukin nickte, als wäre das auch sein Vorschlag gewesen. Der Kunde ist schließlich König. »Eine schöne Nassrasur und eine kahle Platte also.«
    »Nur, damit der andere Drecksack nichts zum Festhalten hat. Und es ist ja wohl zu spät, mein Aussehen zu ruinieren, oder?«
    Faukin stieß sein ausdrucksloses, blasses, professionelles Lachen aus und legte los. Der Kamm kämpfte sich durch das Gestrüpp von Lamms dichtem Haar, und das Klappern der Schere zerteilte die Stille in hübsche kleine Teile. Draußen vor dem Fenster wurde das Raunen der immer größer werdenden Menge allmählich lauter, aufgeregter, und die Spannung im Raum stieg ebenfalls. Die grauen Haarschnipsel rutschten über den Umhang, fielen auf den Boden und bildeten dort diese quälenden Muster, die immer so aussahen, als hätten sie eine Bedeutung, die sich niemals ganz erschließen ließ.
    Lamm rührte mit seinem Fuß darin herum. »Wo geht das alles hin, hm?«
    »Unsere Zeit oder die Haare?«
    »Beides.«
    »Was die Zeit angeht, würde ich eher einen Philosophen fragen denn einen Barbier. Was die Haare angeht, die werden zusammengefegt und weggeworfen. Es sei denn, jemand hätte eine Freundin, der man gern eine Locke anvertrauen würde …«
    Lamm sah zu Hochwürden hinüber. Sie stand am Fenster, folgte mit einem Auge Lamms Vorbereitungen, mit dem anderen den Entwicklungen auf der Straße, eine schlanke Silhouette vor dem Sonnenuntergang. Er wies diese Idee mit einem explosiven Schnauben zurück. »Den einen Augenblick ist es noch ein Teil von dir, kurze Zeit später ist es Abfall.«
    »Wir behandeln ganze Menschen, als seien sie Abfall, wieso also nicht ihre Haare?«
    Lamm seufzte. »Wahrscheinlich haben Sie recht.«
    Faukin zog das Rasiermesser mit schnellen Bewegungen am Lederriemen ab. Die Kunden wussten normalerweise ein paar große Gesten zu schätzen, wenn das Lampenlicht sich auf dem Stahl spiegelte und die ganze Prozedur einen Hauch Dramatik bekam.
    »Vorsicht«, sagte Hochwürden, die offenbar heute kein Verlangen nach zusätzlicher Dramatik hatte. Faukin musste zugeben, dass er vor ihr wesentlich mehr Schiss hatte als vor Lamm. Von dem Nordmann wusste er, dass er ein gnadenloser Mörder war, der aber, wie er vermutete, gewisse Prinzipien hatte. Im Gegensatz zu dem, was er bei Hochwürden vermutete. Also verbeugte er sich auf seine ausdruckslose, blasse, professionelle Weise, hörte auf, die Klinge zu schärfen, schlug ein wenig Schaum und knetete ihn in Lamms Haar und Bart, bevor er dann mit geduldigen, sorgfältigen, zischenden Strichen zu rasieren begann.
    »Macht es Ihnen gar nichts aus, dass es immer wieder nachwächst?«, fragte Lamm. »Dass es sozusagen nicht zu besiegen ist?«
    »Könnte man dasselbe nicht von jedem anderen Beruf sagen? Der Kaufmann verkauft eine Ware und kauft eine andere. Der Bauer fährt eine Ernte ein und sät eine neue. Der Schmied …«
    »Wenn man jemanden umbringt, bleibt er tot.«
    »Aber … wenn ich das sagen darf, ohne Ihnen zu nahe zu treten … Mörder geben sich selten mit einem Toten zufrieden. Wenn man einmal anfängt, dann gibt es immer jemand anderen, der umgebracht werden muss.«
    Lamms Augen suchten Faukins im Spiegel. »Sie sind ja doch ein Philosoph.«
    »Nur so nebenbei.« Faukin rieb sein Werk mit einem angewärmten Handtuch ab und präsentierte dann einen neuen

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