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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Lamm mit geschorenem Kopf, der nun eine beeindruckende Sammlung von Narben zeigte. Während seiner ganzen Zeit als Barbier, einschließlich der drei Jahre, die er im Dienst einer Söldnerkompanie gestanden hatte, war ihm noch nie ein derartig zerbeulter, zerschlagener oder anderweitig geschundener Kopf untergekommen.
    »Hm.« Lamm beugte sich näher zum Spiegel, bewegte seinen schiefen Kiefer und zog die krumme Nase kraus, als wollte er sich überzeugen, dass es tatsächlich seine eigene Visage war, die ihm entgegengrinste. »Das ist das Gesicht eines bösen Dreckskerls, was?«
    »Ich würde tatsächlich sagen, ein Gesicht ist ebenso wenig böse wie ein Mantel. Was zählt, das ist der Mann darunter und seine Taten.«
    »Zweifelsohne.« Lamm sah kurz zu Faukin hoch, dann wieder zu sich selbst. »Und das ist das Gesicht eines fiesen Dreckskerls. Sie haben das Beste getan, was im Bereich des Möglichen war. Das Material, mit dem Sie arbeiten müssen, kann man Ihnen ja nicht anlasten.«
    »Ich versuche einfach, meine Arbeit so zu machen, wie ich mir wünschen würde, dass sie jemand auch für mich täte.«
    »Wenn man andere so behandelt, wie man selbst gern behandelt werden würde, dann kann man nicht viel falsch machen, hat mir mein Vater immer gesagt. Offenbar unterscheidet sich unsere Art der Arbeit doch stark voneinander. Mein Ziel ist es, dem anderen genau das anzutun, was ich selbst am allerwenigsten wollte.«
    »Bist du so weit?« Hochwürden war näher getreten und betrachtete die beiden im Spiegel.
    Lamm zuckte die Achseln. »Entweder ein Mann ist immer für so etwas bereit, oder er ist es niemals.«
    »Das reicht.« Sie kam näher und nahm Faukins Hand. Er fühlte einen starken Impuls zurückzuweichen, hielt aber noch kurz an seiner ausdruckslosen, blassen, professionellen Haltung fest. »Heute noch weitere Kunden?«
    Faukin schluckte. »Nur noch einen.«
    »Auf der anderen Straßenseite?«
    Er nickte.
    Hochwürden drückte dem Barbier eine Münze in die Hand und beugte sich zu ihm hinüber. »Es kommt bald die Zeit, da sich jeder in Knick für eine Straßenseite entscheiden muss. Ich hoffe, Sie werden eine gute Wahl treffen.«
    Der Sonnenuntergang hatte der Stadt eine Karnevalsatmosphäre verliehen. Die Menge betrunkener, gieriger Menschen strömte nur noch in eine Richtung; sie floss zum Amphitheater. Als er dort vorüberging, konnte Faukin den Kreis sehen, der auf den uralten Pflastersteinen eingezeichnet worden war, sechs Schritt im Durchmesser, umgeben von eng beieinanderstehenden Pfosten mit Fackeln, die als Abgrenzung dienen und den Platz beleuchten sollten. Um die uralten steinernen Sitzbänke und die neuen, wackligen, hastig zusammengezimmerten Tribünen tummelte sich ein Publikum, wie es sich an diesem Ort seit Jahrhunderten nicht mehr zusammengefunden hatte. Die Buchmacher priesen mit kreischender Stimme ihre Geschäfte an und schrieben die Quoten mit Kreide auf hohe Tafeln. Händler verkauften Flaschen und warm gemachte Knorpel für Preise, die selbst in dieser überteuerten Stadt unangemessen hoch waren.
    Faukin starrte all diese Menschen an, die dort herumwimmelten. Die meisten von ihnen wussten kaum, was ein Barbier war, geschweige denn, dass es ihnen eingefallen wäre, seine Dienste in Anspruch zu nehmen, und das bewies ihm zum hundertsten Mal an diesem Tag, zum tausendsten Mal in dieser Woche und zum millionsten Mal, seit er in Knick gelandet war, dass er niemals hätte hierherkommen sollen. Er umklammerte seine Tasche fest und eilte weiter.
    Papa Ring gehörte zu jenen Menschen, die immer weniger gern Geld ausgeben, je mehr sie davon haben. Sein Quartier war, mit dem Hochwürdens verglichen, sehr schlicht, das Mobiliar improvisiert und abgesplittert, die niedrige Decke so faltig wie ein alter Bettüberwurf. Glama Golding saß vor einem gesprungenen Spiegel, der von blakenden Kerzen erhellt wurde, und es war etwas leicht Absurdes daran, wie sich dieser riesige Körper auf einen Hocker gequetscht und mit einem fadenscheinigen Laken bedeckt hatte, während sein Kopf so wirkte, als ob er auf dem Ganzen thronte wie eine Kirsche auf einem Sahnekuchen.
    Ring stand am Fenster, genau wie Hochwürden es getan hatte, die großen Fäuste hinter seinem Rücken verkrampft, und sagte: »Alles runter damit.«
    »Außer dem Schnurrbart.« Golding raffte das Laken so zusammen, dass er sich mit dem großen Daumen und Zeigefinger über die Oberlippe streichen konnte. »Den hab ich mein ganzes Leben lang gehabt,

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