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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Wunsch, Lamm mit den Fäusten in Stücke zu reißen. Er erwischte den Alten quer im Gesicht, so dass der über die Begrenzung des Kreises hinwegstolperte und die Leute, die auf der vordersten Steinbank saßen, wie Spatzen auseinanderstoben. Golding setzte ihm nach, stieß laute Flüche hervor, bedeckte ihn mit Schlägen, und seine Fäuste trommelten links und rechts auf Lamm wie auf einen Sack mit Lumpen. Der Alte ließ die Hände sinken, das Gesicht wurde schlaff, die Augen glasig, und Golding wusste, dass der richtige Augenblick gekommen war. Er holte mit aller Kraft aus und knallte Lamm einen mächtigen Schwinger mitten aufs Kinn.
    Er sah den Alten stolpern, ließ die Fäuste locker hängen und wartete darauf, dass Lamms Knie einknickten, damit er sich auf seinen Gegner werfen und dem Ganzen ein Ende machen konnte.
    Aber Lamm stürzte nicht. Er stolperte ein oder zwei Schritte zurück bis in den Kreis und stand da, Blut sickerte aus seinem offenen Mund, und sein Gesicht war in Schatten getaucht. Dann hörte Golding etwas über dem donnernden Lärm des Publikums, ganz zart und leise, aber dennoch unverkennbar.
    Der Alte lachte.
    Golding stand da, seine Brust hob und senkte sich, die Beine waren weich, die Arme schwer von der Anstrengung, und er fühlte, wie ihn kalter Zweifel überkam, denn er war sich nicht sicher, ob er noch härter zuschlagen konnte als gerade eben.
    »Wer bist du?«, brüllte er. Seine Fäuste schmerzten, als hätte er sie gegen einen Baum geschlagen.
    Lamm lächelte wie ein offenes Grab und streckte die rote Zunge aus, schmierte damit Blut in langen Streifen über seine Wange. Er hielt die linke Faust empor und öffnete sie ganz langsam, sah Golding dabei an, die Augen blickten weit offen und tränennass wie zwei schwarze Teergruben durch die Lücke, wo sein Mittelfinger hätte sein sollen.
    Die Menge war eigentümlich still geworden, und Goldings Zweifel verwandelten sich in abgrundtiefes Entsetzen, denn nun kannte er den Namen des Alten.
    »Bei den Toten«, flüsterte er, »das kann nicht sein.«
    Aber er wusste, dass es so war. Egal wie schnell, wie stark, wie bedrohlich man selbst jemals wird, es gibt immer jemanden, der schneller, stärker und bedrohlicher ist, und je öfter man kämpft, desto eher wird man auf ihn treffen. Niemand kann dem Großen Gleichmacher auf ewig ein Schnippchen schlagen, und jetzt merkte Glama Golding, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach und das Feuer in seinem Inneren erlosch und nichts als Asche zurückließ.
    Denn nun wusste er, dass es wahrlich sein letzter Kampf sein würde.
    »Das ist so beschissen unfair«, maulte Cantliss vor sich hin.
    Da hat er sich die Mühe gemacht, die quengelnden Bälger durch Fernland zu schleppen, war die ganzen Risiken eingegangen, die der Handel mit dem Drachenvolk nach sich zog, hatte alles abgezahlt und noch Zinsen draufgelegt, und was war der Dank? Das ewige Gemecker von Papa Ring und wieder so ein blöder Laufburschenauftrag, der erledigt werden musste. Egal wie sehr er sich anstrengte, es lief doch nie so, wie er wollte.
    »Man kriegt einfach keine faire Chance«, zischte er vor sich hin, und beim Sprechen tat ihm das Gesicht weh. Er tastete vorsichtig nach den Kratzern und drückte sie leicht zusammen; das wiederum tat seiner Hand weh, und voll Bitterkeit dachte er deshalb darüber nach, wie blöde doch die Frauen waren.
    »Nach allem, was ich für diese Schlampe getan habe …«
    Der dämliche Warp tat so, als würde er lesen, als Cantliss um die Ecke bog.
    »Steh auf, du Idiot!« Die Frau befand sich noch immer in ihrem Käfig, gefesselt und hilflos, aber sie betrachtete ihn auf eine Art und Weise, die seine Wut zusätzlich steigerte. So gelassen und ruhig, als hätte sie alles Mögliche im Kopf, nur keine Angst. Als hätte sie vielmehr einen Plan, und er sei irgendwie ein Teil davon. »Wen glotzt du so blöde an, du dummes Luder?«, raunzte er.
    Deutlich und kalt antwortete sie: »Einen beschissenen Feigling.«
    Er blieb wie angewurzelt stehen, blinzelte und konnte zuerst kaum glauben, was er da gehört hatte. Nicht mal dieses dürre Etwas hatte Respekt vor ihm? Nicht mal jetzt, wo sie nun wirklich um Gnade hätte winseln sollen? Wenn die Weiber einen nicht mal mehr dann respektierten, wenn man sie gefesselt und verprügelt hatte, wann denn dann, verdammte Scheiße? »Was?«, flüsterte er und fühlte Kälte in sich aufsteigen.
    Sie beugte sich vor, sah ihn die ganze Zeit mit spöttischen Augen an, zog die Lippen hoch,

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