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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ihn ab, und so schnell, wie sie gegeneinander losgegangen waren, trennten sie sich auch wieder, umkreisten sich, beobachteten sich, und ein Windstoß fuhr durch das Theater und ließ die Fackelflammen zucken.
    Er konnte Schläge einstecken, dieser alte Mann, er bewegte sich noch immer ruhig und gelassen, zeigte keinen Schmerz. Golding würde ihn vielleicht Stück für Stück auseinandernehmen müssen, würde versuchen, seine größere Reichweite auszuspielen, aber das war auch in Ordnung. Er begann sich für seine Aufgabe zu erwärmen. Sein Atem ging schneller, und er schickte ein Knurren mit, sein Gesicht fand zu einer Kampfgrimasse, er saugte Kraft ein und stieß den Zweifel aus, und all seine Scham und Enttäuschung dienten als Zunder für seinen Zorn.
    Golding schlug die Handflächen hart aufeinander, täuschte nach rechts und machte dann einen Satz, schneller und konzentrierter als zuvor, erwischte den Alten mit zwei weiteren, weit ausholenden Hieben, schlug ihm die krumme Nase blutig, ließ ihn taumeln und tänzelte selbst zur Seite, bevor sein Gegner auch nur ans Zurückschlagen denken konnte, und das steinerne Rund erbebte vor Ermunterung und Beleidigungen und neuen Quoten in einem Dutzend Sprachen.
    Golding machte sich an die Arbeit. Er hatte die Reichweite, das Gewicht und die Jugend auf seiner Seite, aber er nahm nichts als selbstverständlich hin. Er würde vorsichtig sein. Er würde auf Nummer sicher gehen.
    Denn schließlich war das sein letzter Kampf.
    »Ich komme, verdammt noch eins, ich komm ja schon!«, brüllte Pane, der den Flur hinunterhinkte, weil sein Bein schon wieder Zicken machte.
    Auf der untersten Sprosse, da stand er. Aber wahrscheinlich musste jede Leiter eine unterste Sprosse haben, und er verdiente es nicht, weiter oben zu stehen. Die Tür erzitterte im Rahmen, so heftig wurde von draußen dagegen getrommelt. Es wäre gut gewesen, wenn es einen Schlitz zum Hindurchspähen gegeben hätte. Das hatte er immer schon gesagt, aber niemand hatte darauf gehört. Wahrscheinlich hörte ihn nie jemand, weil so viele Leute auf den Sprossen über ihm standen. Und daher musste er den Riegel zurückschieben und die Tür leicht aufstoßen, um zu sehen, wer da Einlass begehrte.
    Es war ein betrunkener, alter Mann. Hochgewachsen und knochig, das graue Haar an einer Seite des Kopfes angeklatscht, mit großen, nervösen Händen und einem zerlumpten Mantel, der aussah, als ob auf einer Seite alte Kotze klebte und frische auf der anderen. »Ich will einen Fick«, erklärte er mit einer Stimme, die wie morsches, brechendes Holz klang.
    »Dann lass dich von mir nicht aufhalten.« Pane schwang die Tür wieder zu.
    Aber der Alte klemmte einen Fuß in den Spalt, und die Tür sprang wieder auf. »Ich will einen Fick, sag ich!«
    »Wir haben geschlossen.«
    »Ihr habt was?« Der Alte reckte den Hals. Wahrscheinlich war er nicht nur betrunken, sondern auch taub.
    Pane stieß die Tür noch etwas weiter auf, damit er lauter werden konnte. »Es findet ein Kampf statt, falls sich das noch nicht zu dir rumgesprochen hat. Wir haben geschlossen!«
    »Ist mir aufgefallen, ist mir aber scheißegal. Ich will einen Fick, und zwar jetzt. Ich hab genug Asche, und ich hab mal gehört, das Weiße Haus wär nie geschlossen. Nie.«
    »Scheiße«, zischte Pane. Das stimmte. »Wir haben nie geschlossen«, sagte Papa Ring immer zu ihnen. Aber man hatte ihnen auch eingebläut, sie sollten vorsichtig sein, an diesem Tag sogar dreimal vorsichtiger als sonst. »Passt heute dreimal besser auf als sonst«, hatte Papa ihnen allen gesagt. »Leute, die nicht aufpassen, kann ich nicht ausstehen.« Das hatte sich komisch angehört, weil sonst hier nie jemand auf irgendetwas achtgab.
    »Ich will einen Fick«, knurrte der Alte, der kaum gerade stehen konnte, weil er so betrunken war. Pane tat das Mädchen leid, das diesen alten Knacker abbekommen würde; er stank wie die gesamte Kacke von Knick. Normalerweise waren drei Wachleute am Tor, aber die anderen hatten sich verpisst, um sich den Kampf anzusehen, und ihn hier allein zurückgelassen, ihn, der auf der untersten Sprosse stand.
    Er stieß ein ersticktes, entnervtes Stöhnen aus und wollte sich umdrehen, um nach jemandem zu kreischen, der einen etwas höheren Platz auf der Leiter innehatte, aber zu seiner großen und alles andere als angenehmen Überraschung schlang sich ein Arm fest um seinen Hals, eine kalte Spitze drückte gegen seine Kehle, und er hörte, wie die Tür ins Schloss

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