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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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aus dem Heer entlassen worden war, und außerdem ein kinnloser, launenhafter Kerl, der das Bedürfnis hatte, mit einer fadenscheinigen Schärpe auf frühere Großtaten hinzuweisen. Zwar wurde er langsam kahl, ließ sich das verbliebene Haar aber trotzdem lang wachsen und sah damit nicht nur kahl aus, sondern zusätzlich wie ein kahler Idiot.
    Soweit Lorsen das hatte feststellen können, glaubte keiner von ihnen an irgendetwas anderes als an den eigenen Profit. Ungeachtet Coscas Zuneigung war der Rechtskundige, Tempel, der schlimmste in dem ganzen Trupp, der Selbstsucht, Gier und hinterhältige Manipulation als Tugenden feierte und dabei so schleimig war, dass man ihn als Wagenschmiere hätte verwenden können. Lorsen schauderte, als er zu den anderen Gesichtern hinübersah, die um Superior Pikes riesigen, befestigten Wagen herumwuselten: Der elende Abschaum aller Rassen und aller möglicher Kreuzungen, auf die verschiedenste Art und Weise von Narben oder Krankheiten gezeichnet und befleckt, wartete geifernd auf Beute und Gewalt.
    Aber dreckige Werkzeuge können durchaus zur Erledigung guter Aufgaben eingesetzt werden, oder nicht, und edle Dinge bewerkstelligen? Er hoffte, dass es sich am Ende so erweisen würde. Der Rebellenführer Conthus verbarg sich irgendwo in diesem gottverlassenen Land, war untergetaucht und bereitete zweifelsohne weiteren Aufruhr und neue Massaker vor. Er musste ausgelöscht werden – um jeden Preis. An ihm musste ein Exempel statuiert werden, damit Lorsen den Ruhm für seine Gefangennahme würde einheimsen können. Er sah ein letztes Mal nach Handelsguth hinüber – das noch immer still dalag –, schob dann sein Fernrohr mit einem schnappenden Geräusch zusammen und machte sich auf den Weg den Hang hinunter.
    Unten sprach Tempel leise mit Cosca, und in seine Stimme hatte sich ein weinerlicher Ton eingeschlichen, den Lorsen besonders widerlich fand. »Könnten wir nicht, vielleicht … mit den Leuten in der Stadt reden?«
    »Das werden wir schon noch«, sagte Cosca. »Sobald wir uns Futter für die Pferde gesichert haben.«
    »Sobald wir sie ausgeraubt haben, meinen Sie.«
    Cosca klopfte Tempel auf den Arm. »Rechtskundige! Ihr durchschaut die Dinge doch immer sofort!«
    »Es muss noch eine bessere Möglichkeit geben …«
    »Ich habe mein ganzes Leben nach einer gesucht, und meine Suche hat mich hierher geführt. Wir haben einen Vertrag unterschrieben, wie Sie nur zu gut wissen, Tempel, und Inquisitor Lorsen möchte sichergehen, dass wir unseren Teil der Vereinbarung erfüllen, nicht wahr, Herr Inquisitor?«
    »Ich bestehe darauf«, knurrte Lorsen, der Tempel mit einem giftigen Blick bedachte.
    »Wenn Sie Blutvergießen vermeiden wollten«, sagte Cosca, »dann hätten Sie vorher etwas sagen sollen.«
    Der Rechtskundige blinzelte. »Das habe ich.«
    Der Alte hob in einer Geste gespielter Hilflosigkeit seine Handflächen und deutete auf die Söldner um sie herum, die zu ihren Waffen griffen, ihre Pferde bestiegen, sich betranken oder anderweitig auf die Ausübung von Gewalt vorbereiteten. »Nicht ausführlich genug, offensichtlich. Wie viele Männer sind einsatzbereit?«
    »Fünfhundertzweiunddreißig«, sagte Freundlich prompt. Der halslose Feldwebel hatte nach Lorsens bisheriger Beobachtung zwei unheimliche Stärken: wortloses Drohen und Zahlen. »Abgesehen von den vierundsechzig, die beschlossen haben, sich nicht an unserer Unternehmung zu beteiligen, haben wir seit Mulkova elf Fahnenflüchtige zu verzeichnen, und fünf sind krank.«
    Cosca tat das mit einem Achselzucken ab. »Schwund ist überall. Je weniger wir sind, desto größer wird der Anteil am Ruhm für den Einzelnen, was, Sworbreck?«
    Der Schreiber, der auf diesem Feldzug einen albernen Luxus darstellte, sah ganz und gar nicht überzeugt aus. »Wenn … wenn Sie das sagen …«
    »Ruhm ist schwer in Zahlen auszudrücken«, sagte Freundlich.
    »Das ist leider wahr«, lamentierte Cosca. »Wie Ehre und Tugend und all diese anderen wünschenswerten, schwer greifbaren Dinge. Aber je weniger wir sind, desto größer ist auch der Anteil des Einzelnen am Profit.«
    »Profit kann man zählen.«
    »Und abwiegen und fühlen und ans Licht halten«, sagte Hauptmann Brachio, der sich sanft den massigen Bauch rieb.
    »Die logische Schlussfolgerung daraus wäre«, Cosca zupfte die gewachsten Spitzen seines Schnurrbarts in Form, »dass all die hohen Ideale, die es gibt, weniger zählen als ein einziges Bruch, die kleinste Münze der

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