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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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perfekt und lächelnd, vor viel zu langer Zeit.
    »Keine Sorge, meine Kleinen«, säuselte er. »Ich bin bald zurück.«
    Ein Mann muss sich entscheiden, was wichtig ist, und alles andere den Hunden überlassen. Wenn man sich über alles Sorgen macht, erreicht man gar nichts. Er war der einzige Mann in der ganzen Kompanie, der einen Hauch Verstand besaß. Dimbik war ein trübsinniger Stutzer. Jubair und Vernunft waren geradezu unvereinbare Gegensätze. Und so fähig und schlau er auch sein mochte – Cosca war ein Träumer. Das zeigte ja schon dieser Scheiß mit dem Biografen.
    Brachio war der Beste unter ihnen, weil er wusste, dass er es war. Keine hohen Ideale, keine großartige Selbsttäuschung. Er war ein vernünftiger Mensch mit vernünftigen Zielen, der tat, was er tun musste, und der damit zufrieden war. Alles, was für ihn zählte, waren seine Töchter. Neue Kleider, gutes Essen, eine gute Aussteuer, ein gutes Leben. Ein besseres Leben als die Hölle, die er durchlitten hatte …
    »Hauptmann Brachio?« Coscas kreischende Stimme, laut wie eh und je, riss ihn wieder ins Hier und Jetzt. »Da ist das Signal!«
    Brachio klappte das Medaillon hastig zu, wischte sich die feuchten Augen mit dem Rücken der geballten Faust und zog den breiten Schultergurt zurecht, in dem seine Messer steckten. Cosca hatte einen Stiefel in den Steigbügel geschoben und federte nun ein-, zwei-, dreimal hoch, bevor er sich an seinem vergoldeten Sattelknauf emporzog. Seine hervorquellenden Augen kamen bis auf eine Höhe mit dem Knauf, dann ging es nicht mehr weiter. »Könnte mal jemand …«
    Feldwebel Freundlich schob Cosca eine Hand unter den Hintern und lupfte ihn mühelos in den Sattel. Der Alte brauchte einen Augenblick, um wieder zu Atem zu kommen, aber dann zog er mit einiger Mühe seinen Säbel und riss ihn in die Höhe. »Zieht die Säbel!« Er hielt kurz inne und überlegte. »Oder auch billigere Waffen! Lasst uns … etwas Gutes tun!«
    Brachio deutete auf die Kuppe des Hügels und brüllte: »Reitet!« Mit aufmunterndem Gebrüll spornte die erste Reihe ihre Pferde an und donnerte in einer Wolke aus Dreck und trockenem Gras davon. Cosca, Lorsen, Brachio und die übrigen trabten, wie es den Kommandierenden zukam, gemächlich hinterher.
    »Das ist es?«, hörte Brachio Sworbreck murmeln, als das schäbige Tal, sein Flickenteppich aus Feldern und schließlich auch die kleine, staubige Ansiedlung zu ihren Füßen in Sicht kam. Vielleicht hatte er eine hohe Festung mit goldenen Kuppeln und diamantenen Mauern erwartet. Vielleicht würde auch eine daraus werden, wenn er die Szene später beschrieb. »Es sieht aus wie …«
    »Nicht wahr?«, schnitt Tempel ihm das Wort ab.
    Brachios Styrer schwärmten bereits über die Felder und hielten in gierigem Galopp auf die Stadt zu, während Jubairs Kanteser aus der anderen Richtung herbeiströmten; ihre Pferde wirkten wie schwarze Punkte vor einem aufziehenden Sturm aus Staub.
    »Wie sie losreiten!« Cosca riss sich den Hut vom Kopf und schwenkte ihn. »Die tapferen Burschen! Da sieht man Schwung und Schneid! Ich wünschte, ich könnte immer noch vorn dabei sein, wenn sie angreifen!«
    »Wirklich?« Brachio erinnerte sich daran, wie er einen Angriff geführt hatte, und das war harte, ermüdende, gefährliche Arbeit gewesen, die so gar nichts mit Schwung und Schneid zu tun gehabt hatte.
    Cosca dachte kurz darüber nach, dann drückte er sich den Hut wieder auf den kahl werdenden Kopf und schob seinen Säbel ungelenk zurück in die Scheide. »Nein. Eigentlich doch nicht.«
    Sie ritten in langsamem Trab weiter bergab.
    Wenn es überhaupt Widerstand gegeben hatte, dann war er, als sie Handelsguth erreichten, bereits völlig erloschen.
    Ein Mann saß im Straßenstaub, die blutigen Hände vor das Gesicht geschlagen, und sah Sworbreck blinzelnd an, als der vorüberritt. Ein Schafspferch war aufgebrochen worden, die Schafe hatte man unnötigerweise abgeschlachtet, und ein Hund machte sich bereits an den wolligen Kadavern zu schaffen. Ein Karren lag umgestürzt auf der Seite, und eines der Räder drehte sich noch immer hilflos in der Luft, während sich ein kantesischer und ein styrischer Söldner mit Argumenten, die sie gegenseitig nicht verstanden, hitzig um den verstreuten Inhalt stritten. Zwei weitere Styrer versuchten, die Tür einer Schmiede aus den Angeln zu treten. Ein dritter war aufs Dach geklettert und machte sich ungeschickt daran zu schaffen, wobei er seine Axt wie einen Spaten

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